Die Imkerei in Luxemburg vor großen Herausforderungen
Der Lëtzebuerger Landesverband fir Beienzuucht (Fédération des Unions d’Apiculteurs du Grand-Duché de Luxembourg, FUAL) wurde im Januar 1886 gegründet und vertritt seitdem die Interessen der Luxemburger Imkerei. Der Landesverband besteht aus zwölf Kantonalvereinen, in denen die Imkerinnen und Imker der zwölf Kantone Luxemburgs organisiert sind. Ziel ist die Verbesserung der imkerlichen Praxis, die Vermarktung unserer Bienenprodukte, die Schaffung einer besseren Umwelt für Bestäuber-insekten und eine Vertretung unserer imkerlichen Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft. Im Jahr 2018 vertritt unser Verband 410 Imkerinnen und Imker mit rund 6.000 Bienenvölkern.
Das Durchschnittsalter beträgt 58 Jahre. Im Schnitt verfügt der typische Luxemburger Imker über 12 Jahre Imkererfahrung. 89% der Imkerinnen und Imker sind Hobbyimker (< 30 Völker). Der Anteil der Bio-Imkerei liegt bei 4,9%, Tendenz steigend. Seit 2014 verfügt die FUAL über einen eigenen „Beie-Beroder“, der durch Aus- und Fortbildung der Imker eine stetige Optimierung der Bienenhaltung und der damit produzierten Produkte ermöglicht. Jedes Jahr werden von Januar bis März theoretische Kurse organisiert, in denen den Anfängern die wichtigsten Informationen zum Start in die eigene Imkerei gegeben werden. Pro Jahr melden sich ca. 50 Anfänger im Alter von 18 bis 70 Jahren bei den Kursen an. Die praktischen Handgriffe werden dann in der Saison durch die Kantonalvereine bei Praxiskursen gezeigt, deren Zahl sich pro Jahr auf etwa 70 Lerneinheiten landesweit beläuft.
Wie für kein anderes Nutztier hängt das Wohl der Bienen von ihrer Umwelt ab. Gleich mehrere Faktoren beeinflussen – teilweise bereits seit Jahrzehnten – das Überleben unserer Bienen. Da wäre zunächst der Verlust der Pflanzenbiodiversität zu nennen. Britische Studien konnten nachweisen, dass seit dem Einsatz von Guano als stickstoff- und phosphorsäurehaltiges Düngemittel und später durch den Einsatz von Kunstdüngern eine Verkürzung der Fruchtfolge die Folge war, wodurch auch eine Reihe von Wildpflanzen und Kulturfrüchten, insbesondere die Leguminosen aus dem Anbausystem der Landwirte verschwanden. Für uns Imker ist dabei insbesondere der Verlust an Trachtpflanzen eine Katastrophe, also von jenen Pflanzen, die unseren Bienen Nektar und Pollen bescheren. Es ist dringend notwendig, dass die Bienen ein Trachtfließband in der Kulturlandschaft vorfinden, also ein abwechslungsreiches Angebot an Nektar und Pollen von März bis Oktober. Je abwechslungsreicher die Ernährung, desto geringer die Wintersterblichkeit unserer Bienenvölker.
Der moderne Ackerbau leidet unter engen Fruchtfolgen. Luxemburg ist mit einer drei- bis viergliederigen Fruchtfolge noch relativ gut aufgestellt, dennoch kann man das Potpourri der Kulturfrüchte zusammenfassen unter: Getreide (Weizen und Gerste), Mais und Raps. Derzeit läuft aber landesweit eine ganze Reihe von Feldversuchen, um neue Kulturfrüchte in die Fruchtfolge zu integrieren, z.B. im Rahmen des Projektes „EFFO-Effiziente Fruchtfolgen“, das von der Fördergemeinschaft Integrierte Landbewirtschaftung (FILL) betreut wird. Dabei sind insbesondere jene Pflanzen von Interesse, die auch für unsere Bienen als Trachtpflanzen gelten könnten, darunter Leindotter und Öllein.
Auch eine Veränderung im Anbau von Pflanzen für die Biogasgewinnung könnte interessant sein, z.B. durch den Ersatz von Mais durch Blütenmischung zur Biogasgewinnung. Im Rahmen eines kleineren Projektes bewertet der Imkerkantonalverein Clervaux die Bedeutung der Durchwachsenen Silphie als Trachtpflanze für unsere Bienen. Auch dies wäre eine Alternative zum Maisanbau. Nicht vergessen sollte man die Saumstrukturen unserer Felder. Hier fehlt es immer noch an Hecken aus Wildgehölzen (Schlehe, Weißdorn, Haselnuss, Faulbaum usw.). Seit einigen Jahren wird durch staatliche Fördermaßnahmen versucht, der Verarmung der Kulturlandschaft entgegenzuwirken, darunter durch die Anpflanzung von Ackerrandstreifen, um bodenbürtige Ackerwildkräuter, aber auch die Gegenspieler von Pflanzenschädlingen zu fördern, z.B. die Schwebfliegen oder Laufkäferarten. Auch für unsere Bestäuberinsekten, wie die Honigbiene, sind diese Ackerrandstreifen oder auch Blütenstreifen, die das ganze Feld durchziehen, von Interesse.
Durch die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) sind seit einigen Jahren vermehrt Zwischenfrüchte im Anbau zu beobachten, also Mischungen verschiedener Pflanzenarten, die nach der Ernte im Sommer den Boden der landwirtschaftlichen Schläge bis ins Frühjahr bedecken. Das vermindert einerseits Bodenerosion, andererseits werden Pflanzennährstoffe durch die Wurzeln dieser Zwischenfrüchte kurzfristig gebunden, so dass sie nicht ausgewaschen werden können. Im Allgemeinen bestehen diese Zwischenfrucht-Mischungen aus drei oder mehr Pflanzenarten, darunter Ölrettich, Ölsenf, Alexandrinerklee, Ramtillkraut usw. Je früher die Saat der Zwischenfrüchte erfolgt, desto höher die Chance, dass diese zur Blüte kommen und noch eine späte Nahrungsquelle für Insekten darstellen. In der Imkerei wird diese sehr späte Blüte (teilweise noch im November) etwas kritisch gesehen, weil es möglich wäre, dass dadurch die Bienen künstlich in Sammel- und Brutaktivität gehalten werden, anstatt in der Wintertraube zusammengekauert auf das Frühjahr zu warten. Unsere Bienen sind aber auf diesen „Ganzjahresbetrieb“ nicht ausgerichtet, so dass dadurch ein Zusammenbruch der Völker über Winter möglich sein könnte. Wissenschaftliche Daten gibt es hierzu noch nicht, sondern nur einzelne Beobachtungen von Imkern, die durch die Flugaktivität ihrer Bienen an einem milden Dezembertag erstaunt sind.
Ungewissheit bringt uns Imkern auch der Klimawandel. Das Forschungsinstitut LIST hat vor kurzem in einer wissenschaftlichen Analyse darauf verwiesen, dass durch die regionale Erwärmung nicht nur die Vegetationsperiode früher im Jahr beginnt, sondern sich diese auch insgesamt verlängert. Es fehlen dabei allerdings die im Hochsommer blühenden Gehölze und Pflanzen in unserer Kulturlandschaft. Hier müssten Exoten bevorzugt werden, wie der Bienenbaum oder diverse Sträucher aus dem asiatischen Raum, die sich durch eine Blüte im Juli und August auszeichnen. Es kommt dabei sicherlich auf die richtige Mischung an, denn nicht nur unsere Kulturbienen sind auf Blüten angewiesen, sondern auch die Solitärbienen, die teilweise hoch spezifisch nur bestimmte Pflanzenarten befliegen. Die Anpflanzung von einheimischen krautartigen Pflanzen wie Mohn, Natternkopf, Rainfarn usw. ist also nach wie vor dringend notwendig.
Klimawandel und Globalisierung
Dennoch können wir die Augen nicht vor dem Klimawandel verschließen, der insbesondere für unsere Alleebäume, die eine wichtige Trachtquelle für unsere Bienen darstellen, dramatische Folgen haben wird. Bedenkt man die extrem lange Standzeit von Alleebäumen von mehreren Jahrzehnten, so muss jetzt der richtige Weg eingeschlagen und eine Auswahl trockenresistenter Arten präferiert werden.
Die Biene ist aber auch ein Opfer der Globalisierung. Seit der Einschleppung der Varroamilbe (Varroa destructor) in den frühen 1980er Jahren nach Europa, hat sich dieser Parasit an sein Wirtstier – die Westliche Honigbiene – adaptiert und gilt als Überträger zahlreicher Viren, die zu einer hohen Sterblichkeit der Bienen über den Winter führen kann. Die Bekämpfung der Varroamilbe ist die Prämisse einer erfolgreichen Imkerei. Der Befall durch die Varroamilbe hat erheblichen Einfluss auf die Betriebsweise der Imkerei (Ausschnitt der Drohnenbrut, frühes Abschleudern um Bekämpfungsmaßnahmen einleiten zu können usw.). Ein Nationales Varroamonitoring in Zusammenarbeit mit der Administration des Services Vétérinaires (ASV) ist die Grundlage eines nachhaltigen Managements, um diesen Parasiten erfolgreich zu bekämpfen und so die Überwinterung unserer Bienenvölker sicherzustellen.
Entwicklungen in der Bienenzucht
Seit 2016 arbeitet die Luxemburger Imkerei intensiv an der Zucht einer Biene mit sogenannter Varroa Sensitiv Hygiene (VSH). Das ist ein genetisch fixiertes Verhalten, dass die Bienen in den verdeckelten Zellen sitzende Milben erkennen und ausräumen lässt. Dank nationaler Fördergelder des Landwirtschaftsministeriums konnte in Luxemburg ein Zuchtprogramm gestartet werden, welches langfristig die Entwicklung von Elitezuchtlinien mit ausgeprägter VSH erlauben wird. Es ist das Ziel, die VSH im genetischen Potential der regionalen Landrassen langfristig zu verankern, um so eine moderne Biene für jedermann zu schaffen, die mit der Varroa-Milbe besser zurechtkommt. Neben der Varroa-Milbe bedrohen aber auch neue Schadinsekten die Imkerei, darunter der Kleine Beutenkäfer (Aethina tumida). Die Larven dieser in der Sahara-Zone Afrikas beheimateten Käfer-Art fressen sich durch die Bienenwaben und zerstören dabei Honig, Wachs und Bienenlarven. Der Kleine Beutenkäfer wurde vor einigen Jahren in Italien eingeschleppt und derzeit sind intensive Bemühungen im Gang, diesen Schädling lokal einzugrenzen und eine Verschleppung in andere EU-Mitgliedsstaaten zu vermeiden. Nach Studien des Forschungsinstitutes LIST wäre es dem Beutenkäfer möglich, unter den in Luxemburg herrschenden klimatischen Bedingungen, zwei oder drei Generationen pro Jahr auszubilden und so unserer heimischen Imkerei erheblichen Schaden zufügen zu können.
Wie sollen Landwirt und Imker miteinander umgehen?
Leider werden Landwirt und Imker heute in einem gewissen Spannungsfeld gesehen, bzw. man versucht, beide Gruppen gegeneinander auszuspielen. Den Luxemburger Imkern sind dabei die wirtschaftlichen Zwänge der Landwirtschaft bewusst. Insbesondere der Preisdruck und der Einkommensrückgang in den letzten zehn Jahren macht die Intensivierung der Landwirtschaft nachvollziehbar. Dennoch ging damit ein erheblicher Verlust der Biodiversität einher. Der Landesverband bemüht sich dabei aber immer um eine vernünftige Diskussion, sowohl mit der landwirtschaftlichen Praxis als auch mit den jeweils zuständigen Behörden. Landwirt und Imker brauchen einander.
Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.
Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!