200 bis 300

Eine Bilanz zu weiteren 10 Jahren forum

Vor zehn Jahren schrieb Michel Pauly in der Ausgabe 200 einen Rückblick zur Entstehung und Entwicklung der Zeitschrift forum. Der Beitrag ist immer noch lesenswert und – aktuell. Denn tatsächlich haben die letzten 10 Jahre keine grundlegenden Veränderungen in der inhaltlichen Ausrichtung und in der Funktionsweise dieser für Luxemburger Verhältnisse ziemlich einmaligen „Autorenzeitschrift“ gebracht.

forum 200, Mai 2000

Schon vor zehn Jahren zeichnete sich ab, dass die Veröffentlichung von sozial- und geisteswissenschaftlichen Forschungsergebnissen in forum einen festen Platz erhalten würde. Mit der jungen Universität verbindet uns heute eine Vielzahl von Kooperationen. Aber forum findet hier nicht nur neue Autoren, sondern ebenfalls neue Leser.

Wirtschaftliche Fragen und die Beschäftigung mit dem Konzept der Nachhaltigkeit haben eine verhältnismäßig größere Bedeutung in unseren Spalten erhalten –  sicherlich eine Antwort auf die Wirtschafts-, Energie- und Klimakrise und das absehbare Ende des Luxemburger Modells. Auch institutionelle Fragen wurden in den letzten 10 Jahren mehr und mehr in forum diskutiert. Ob dies am persönlichen Interesse und Engagement der Autoren oder doch an einer gewissen Leichtfertigkeit der staatlichen Organe im Umgang mit Gesetz und Verfassung liegt, ist schwer zu beurteilen. Das Thema Religion und Religiosität ist demgegenüber weiter zurückgetreten. Auch die Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche, die früher die Zeitschrift charakterisierte, ist angesichts der schwindenden gesellschaftlichen Bedeutung der Kirche in Luxemburg kaum mehr präsent.

Auch wenn sich so einige Akzente verschoben haben, der Ton an einigen Stellen etwas „wissenschaftlicher“ wurde, an anderen Stellen etwas ironischer, so hat sich die Zeitschrift im Grunde genommen bemerkenswert stabil gehalten – und doch hat sich unmerklich alles verändert.

Erschien die Zeitschrift vor 10 Jahren etwa im 6-Wochen-Rhythmus, so ist sie heute eine ausgewachsene, ziemlich verlässliche Monatszeitschrift. Eine Internetseite mit einem vorbildlichen Archiv steht ihr zur Seite und macht die Beiträge für Recherchen aller Art auch nach Jahren zugänglich. Mit der Nummer 200 hatten wir damals den Schriftzug des Titels, das Format und das gesamte Layout verändert. Mit der Nummer 300 frischen wir zehn Jahre später das Layout noch einmal auf – nicht weil es uns notwendig erschien, sondern um uns eine Freude zu machen. Die formale Qualität der Zeitschrift hat sich in diesen Jahren radikal verbessert, was der Glaubwürdigkeit der Publikation natürlich zu Gute kommt. Lynn Herr, die seit 2005 Lektorat und Layout bewerkstelligt, hat hier mit qualifizierter Hilfe im Hintergrund einen qualitativen Sprung bewerkstelligen können. Im Jahre 2000 wurde forum vielleicht noch zur „alternativen Presse“ gerechnet, heute hat sich die Zeitschrift auch durch die Pflege ihres Erscheinungsbildes und der geleisteten Lektoratsarbeit, zu einer international wahrgenommenen Monatszeitschrift gemausert.


forum 250, Oktober 2005

2005 war auch das Jahr, wo forum ein Experiment in politischer Bildung unternahm durch eine Internetseite, die den Ablauf der EU-Verfassungsdebatte in Luxemburg dokumentierte. Unsere Bemühungen, diese Seite fortbestehen zu lassen, scheiterten daran, dass die Regierung lieber eine eigene, von ihr kontrollierte (Geister-)Initiative zur Bürgerinformation über die EU ins Leben rufen wollte. Die Nutzung der neuen Medien wird für die Entwicklung von forum trotzdem mittelfristig entscheidend sein – sei es über eine digitale Veröffentlichung des Magazins, sei es über Angebote wie Newsletter oder Blog. An Ideen mangelt es natürlich nicht.

2006 begann für uns ein Kampf um die finanzielle Stabilisierung der Zeitschrift, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Unsere Hoffnungen auf eine weitergehende Unterstützung durch den Staat (über die 25.000 Euro, die uns das Kulturministerium dankenswerterweise jährlich überweist) mussten wir nach einer Vielzahl von Eingaben irgendwann resigniert aufgeben. Erfolgreich und enorm ermutigend war hingegen eine Spendenaktion bei unseren eigenen Lesern, die innerhalb weniger Wochen etwa 14.000 Euro einbrachte. Weitere Entlastung brachte die Inanspruchnahme des Fonds de l’Emploi für die Anstellung unserer Mitarbeiter. Seit 2009 können wir für unser Redaktionsbüro Räumlichkeiten nutzen, die uns die Stadt Luxemburg kostengünstig zur Verfügung stellt. Die tägliche Arbeit wird seitdem in einem sehr angenehmen Arbeitsumfeld geleistet, was der Motivation und Konzentration natürlich enorm zuträglich ist. Für unsere Finanzen viel versprechend und ermutigend ist auch das Interesse von neuen, zu uns „passenden“ Anzeigenkunden, die angekündigt haben, die Werbemöglichkeiten der Zeitschrift zu nutzen. Eine unerwartete und höchst willkommene Unterstützung kommt dieses Jahr noch dazu von der „liberalen“ Fondation Alphonse Weicker, die forum am kommenden 20. Oktober ihren, mit 25.000 Euro dotierten, „Prix du progrès économique durable“ verleiht. Vielleicht wird es also forum – wider Erwarten – in zehn Jahren noch immer geben!

Verein und Redaktion haben sich in den letzten 10 Jahren verstärkt und verjüngt, eine Entwicklung, die weiter gehen wird. Wer Interesse und Lust an publizistischer Arbeit hat, ist bei forum tatsächlich sehr willkommen. Hilfreich könnte dabei eine Mischung aus Leidenschaft, Neugierde, Ernsthaftigkeit und Humor sein. Avis aux amateurs !

Jürgen Stoldt
(aus forum 300, Oktober 2010)

forum 300, Oktober 2010

forum: Definition eines Experiments

Die Zeitschrift forum ist eine seit 1976 bestehende Autorenzeitschrift, die von einem Verein und einer ehrenamtlichen Redaktion herausgegeben wird. Der Trägerverein der Zeitschrift forum wurde am 15. Juli 1985 im Handelsregister der Stadt Luxemburg eingetragen. In Artikel 2 der Statuten von 1985 werden die Ziele des Vereins folgendermaßen beschrieben: „L’association a pour objet de contribuer à la formation et à l’animation socio-culturelle et politique au sens le plus large. A cet effet elle pourra éditer des journaux et périodiques, diffuser des émissions radiophoniques et télévisées. Elle pourra appuyer toute initiative compatible avec son objet.“

Diesen Zielen wurden im Jahr 2002 noch folgende hinzugefügt: „Elle [l’association] pourra initier et promouvoir toute action et publication visant à sensibiliser pour et/ou promouvoir les droits de l’homme, les problèmes du Tiers Monde, le développement durable et global, l’intégration des citoyens étrangers, la cohésion sociale, l’égalité des genres, l’esprit civique et l’engagement politique.“

Verein und Redaktion bestehen aus einer Gruppe von etwa 15 Personen. Sie bestimmen in kollegialer Weise Ausrichtung und Philosophie der Publikation, die Themen der Dossiers und zusätzliche Projekte.

Der Vorstand des Vereins wird zurzeit (2010) zusammen gesetzt aus Jürgen Stoldt (Präsident), Jean-Marie Wagner (Kassierer), Thomas Köhl (Sekretär), Viviane Thill und Jean-Paul Barthel (Mitglieder). Der Vorstand ist im Sinne des Pressegesetzes verantwortlich, er tritt als Arbeitgeber auf und trifft alle finanziellen Entscheidungen (Inves­titionen, Budgets, etc). Der Jahresumsatz beträgt knapp 100.000 €. Davon werden 25.000 € durch eine Subvention des Kulturministeriums gedeckt („aide à la presse culturelle“). Die Zeitschrift fällt nicht unter das Gesetz zur Pressehilfe. Sie finanziert sich ca. zu 50 % durch die Verkaufs- und Abo-Einnahmen. Zuwendungen einer seit langen Jahren engagierten Spendergemeinschaft und Werbeeinnahmen machen weitere 25 % der Einnahmen aus. Der Verein leistet sich zur Kontrolle der Konten die Dienste einer Fiduciaire.

Die Auflage beträgt 1900 Exemplare. Die Zahl der Abonnemente beläuft sich auf knapp 1100. In den Kiosken werden pro Ausgabe zwischen 150 und 250 Exemplare verkauft.

Die tägliche Redaktionsarbeit (Lektorat, Kontakt zu den Autoren, Layout, Verwaltung und Produktion) werden von zwei fest angestellten Mitarbeitern bewältigt. Lynn Herr (seit 2005) und Bernard Thomas (seit 2010) verfügen beide über einen Abschluss in Geschichte.

Die forum-Redaktion kann auf ein weit verzweigtes Netzwerk von Autoren und Unterstützern zählen, die auf Anfrage oder spontan Texte zu den Ausgaben beitragen. Honorare werden in der Regel nicht gezahlt. forum sieht eine seiner Aufgaben darin, Menschen zu motivieren, ihre (Fach-)Kenntnisse einem größeren Publikum mitzuteilen. Trotzdem kommen natürlich viele Artikel und die Konzeption der einzelnen Dossiers aus dem internen Kreis der „Redaktion“. Interviews werden von den jeweiligen „Dossierverantwortlichen“ geführt. Die Zeitschrift erhält ihr Profil zwar von innen, doch ihre Qualität beruht in hohem Maße auch auf der Auswahl und dem Niveau der „externen“ Autoren. forum versteht sich als offenes, kritisches Medium, das über Analysen, Hintergrundberichte und Dossiers die Entwicklung der Luxemburger Politik, Gesellschaft und Kultur begleitet. Sie richtet sich an ein dreisprachiges, politisch interessiertes Publikum.

JST