forum_C: „The King“ von David Michôd

Macht macht einsam★★

The King (c) Netflix

(Yves Steichen) England, zu Beginn des 15. Jahrhunderts: „A king has no friends. Only followers and foe“ – der charismatische, aber kriegsmüde Soldat Falstaff (Joel Edgerton) ist lange genug dabei, um zu wissen, was seinen Zögling und Freund Hal (Timothée Chalamet) nach dessen widerwilliger Krönung zum englischen König Henry V. erwartet: Missgunst und Intrigen, höfische Berater, die ausnahmslos eigene Interessen verfolgen – und einen kriegerischen Konflikt mit Frankreich, den der junge Prinz von seinem tyrannischen Vater (Ben Mendelsohn) gleich mitgeerbt hat.

Dabei hatte Hal zuvor versucht, genau diesem Schicksal zu entrinnen: Anstatt sich mit der ermüdenden Unübersichtlichkeit politischer Beziehungen auseinander zu setzen, hatte sich der feierlustige Prinz dem königlichen Hof abgewandt und soff sich lieber an der Seite seines Kumpanen Falstaff durch die Gasthäuser. Als neu ernannter König von England möchte Hal/Henry zunächst alles anders machen als sein Vater und Vorgänger, möchte das Land befrieden und die unzähligen in- wie ausländischen Konflikte beschwichtigen.

 

The King (c) Netflix

Dieser naive Optimismus gerät allerdings schnell an seine Grenzen, denn Henrys undurchsichtige Berater am königlichen Hof (u.a. Sean Harris) haben wenig bis gar kein Interesse an Frieden, und drängen den unerfahrenen Machthaber zu einem Eroberungsfeldzug gegen Frankreich. Die ersten Köpfe rollen allerdings bereits auf englischem Boden, denn Henry beginnt in seine Rolle als Staatsoberhaupt hineinzuwachsen und wirft seine anfänglichen herrscherlichen Ideale zunehmend über Bord. Im nordfranzösischen Azincourt kommt es schließlich zur Entscheidungsschlacht gegen den französischen Dauphin (Thronfolger) Louis (Robert Pattinson)…

The King (c) Netflix

Die Netflix-Produktion The King (Drehbuch: David Michôd und Joel Edgerton, Regie: Michôd) versteht sich als ein von William Shakespeares Henriad-Bühnenstücken (erschienen zwischen 1590 und 1600) inspiriertes Historiendrama über den britischen König Henry V. (1387-1422) und sein Hadern mit den Tücken der Macht bzw. den politischen Altlasten des Vaters.

Obwohl Handlung und Figuren eindeutig Shakespeares Bühnenstücken entnommen sind, haben Michôd und Edgerton doch einiges unternommen, um The King eben nicht wie eine klassische Shakespeare-Adaptation (ob nun im Film oder auf der Theaterbühne) daherkommen zu lassen: Die Komplexität von Sprache und Figurenzeichnung wurden gestrafft, um den neuzeitlichen Stoff zu modernisieren und auf die Zugkraft seines Hauptdarstellers und zur Zeit sehr angesagten Nachwuchstalentes Timothée Chalamet (u.a. Call Me by Your Name, 2017 und Little Women, 2020) maßzuschneidern. Und obwohl dieser etwas gedankenverloren wirkt, gelingt es ihm doch über weite Strecken, seinem Hal/Henry V. jene Verletzlichkeit und gelegentlich aufkochende Hitzköpfigkeit mit auf den Weg zu geben, die sein Ringen um Orientierung im Kosmos der Macht nachvollziehbar machen. Vor allem im ersten Drittel ist The King damit eine kluge Reflexion über die Einsamkeit von Regierungsgewalt, die auch vermeintlich wohlgesinnten, pazifistischen Herrschern früher oder später grausame Entscheidungen abverlangt – Hal allerdings weigert sich, vollständig in seiner politischen Funktion und Rolle aufzugehen.

The King (c) Netflix

Dass The King trotz Chalamets differenziertem Spiel nicht besser abschneidet, liegt vor allem daran, dass der Film im anschließenden Handlungsverlauf immer wieder an Momentum verliert und insbesondere Henrys Nordfrankreich-Feldzug zu einer ziemlich zähen und überraschungsfreien Angelegenheit verkommen lässt – mit zwei Ausnahmen.

Da wären zum einen Robert Pattinsons grandios-überdrehte, mit viel (Selbst)Ironie und völliger Hingabe zum Camp gespielten Auftritte als größenwahnsinniger Dauphin, der Henry bis aufs Blut provoziert und allen anderen die Show stiehlt. Zum anderen, und das ließen die Trailer bereits erahnen, vermögen freilich auch die eindrucksvollen Schlachtszenen auf einem bis dahin namenlosen Feld bei Azincourt den Film aus seinem zwischenzeitlichen (von vielen strategischen Diskussionen über den zu erwartenden Schlachtenverlauf mitverschuldeten) Schlaf zu wecken: In ihrer unübersichtlichen und erstickenden Rauheit wecken sie nicht nur Erinnerungen an die inzwischen berühmte Battle of the Bastards aus Game of Thrones, sondern entglorifizieren die mittelalterliche Kriegsführung auch endgültig und nachhaltig als blutiges, wenig heroisches Hauen und Stechen im Matsch.

Aktuell auf Netflix.

Afin de promouvoir la visibilité des réalisatrices, forum_C publiera dorénavant la liste des film tournés par des femmes à l’affiche au Luxembourg. Dans la semaine du 8er au 14 janvier (par ordre alphabétique):

  • Als Hitler das rosa Kaninchen stahl (Caroline Link)
  • Charlie’s Angels (Elizabeth Banks)
  • Frozen II (Chris Buck, Jennifer Lee)
  • Ivan Tsarevich I Seryy Volk 4 (Konstantin Feoktistov, Darina Shmidt)
  • Der kleine Rabe Socke – Suche nach dem verlorenen Schatz (Verena Fels, Sandor Jesse)
  • Little Joe (Jessica Hausner)
  • Lotte Igel und der magische Wasserstein (Nina Wels, Regina Welker)
  • Notre Dame (Valérie Donzelli)

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