- Gesellschaft, Klima, Politik
Wer Windräder sät, wird Strom ernten
Vier Fragen an Paul Zeimet, Direktor der SEO1 über die Produktion der Windenergie im Norden
Wandpark Bënzelt, Hengischt, Kehmen-Heischent… Inwiefern kann das Ösling als Energielieferant des Landes angesehen werden? Inwiefern ist das „Gutland“ vom Strom aus dem Ösling abhängig?
Paul Zeimet: Die Soler 2 -Windparks werden, nach der in diesem Jahr erfolgenden Inbetriebnahme unserer neuen Projekte, ab 2017 eine installierte Leistung von 90,55 Megawatt (MW) aufweisen und damit rund 165 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr produzieren. Mit dieser Strommenge können etwa 36600 Vier-Personen-Haushalte (bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 4500 kWh/Haushalt) versorgt werden. Dieser bekanntlich überwiegend im Ösling erzeugte Strom wird integral in das Luxemburger Netz eingespeist. Eine Abhängigkeit des Gutlandes besteht dadurch nicht, denn gegenwärtig muss das Land Luxemburg immer noch einen erheblichen Prozentsatz seines Strombedarfs importieren (2015 waren es 80%, 2014 waren es 70%). Allerdings bedeutet die zusätzliche Stromproduktion im Ösling einen wichtigen weiteren Schritt hin zu einer zukünftigen Energieunabhängigkeit des Großherzogtums. Interessant wäre eventuell der Vergleich der Stromproduktion im Ösling mit dem entsprechenden Verbrauch in dieser Landesregion: Dazu liegen momentan noch keine konkreten Zahlen vor, sicher ist aber, dass der von den Öslinger Windkraftanlagen produzierte Strom auch ganz nah an der Produktionsstätte von den dort ansässigen Haushalten und Betrieben verbraucht wird.
In Weiler (Gemeinde Wincrange) entsteht momentan der leistungsstärkste Windpark des Landes. Dieser soll pro Jahr mehr als 51 GWh produzieren. Das entspricht der Versorgung von 13000 Haushalten. Bis zum Jahr 2020 sollen 20% der gesamten in Luxemburg produzierten Windenergie aus Weiler stammen. Wo werden die anderen 80% herkommen?
P.Z.: Der Windpark in Weiler ist kein Soler-Projekt. Die Soler liefert momentan circa 90% der in Luxemburg produzierten Windenergie, also den Hauptanteil. Nach den Vorgaben des NREAP 3 (National Renewables Energy Plan) sollen bis zum Jahr 2020 etwa 240 GWh Strom aus dem Wind-Sektor der Erneuerbaren Energien hier in Luxemburg erzeugt werden. Für den Zeitraum nach 2017 wird für die Soler-Windparks eine Stromproduktion von rund 165 GWh prognostiziert. Rechnet man die 51 GWh des Windparks in Weiler sowie anderer luxemburgischer Windanlagen hinzu, kommt man schon sehr nahe an die angepeilten 240 GWh heran. Die restlichen 80% kommen demnach zum größten Teil von Soler.
Laut der rezenteren Studie LUXRES II 4 soll bis zum Jahr 2020 der Anteil der Stromproduktion im Wind-Bereich der Erneuerbaren Energien 400 GWh 5 betragen. Weitere Projekte, deren Inbetriebnahme für die Jahre nach 2017 geplant sind, geben uns die Zuversicht, dazu beitragen zu können, dass Luxemburg die gesteckten Ziele erreicht.
Aktuell bedeutet allerdings eine Verdoppelung der Produktion im Wind-Sektor nicht gleichzeitig doppelt so viele Windräder. Als Beispiel kann man hierzu das in diesem Jahr realisierte Repowering 6 der Phase 1&2 des Windparks Heinerscheid anführen, bei dem acht alte Windturbinen durch zwei der neuesten Generation ersetzt wurden, und dies ohne jegliche Einbußen bei der Stromproduktion.
In einem Interview im LW (22.9.2016 „Der Überzeugungstäter“) erklärt Francis Schartz des CSDD: „Luxemburg könnte eine Art Werkstatt für Nachhaltigkeit sein, das Land könnte auf dem Gebiet eine Vorreiterrolle einnehmen.“ In welchem Bereich der alternativen Energiequellen besteht Ihrer Meinung nach am meisten Nachholbedarf?
P.Z.: Den Begriff Nachholbedarf würde ich hier nicht unbedingt verwenden. In allen Fällen, wo es hierzulande wirklich sinnvoll ist, Erneuerbare Energien zu erzeugen, steht Luxemburg durchaus gut da. Einen großen Anteil haben dabei in den letzten Jahren die neuen, leistungsfähigen Photovoltaik-Anlagen, mit denen zu wesentlich niedrigeren Preisen Energie produziert werden kann. Auch auf dem Gebiet der Windenergie sind wir gut aufgestellt: Neue, effizientere Anlagen erlauben es hier, sich bei der Suche nach interessanten Standorten eben nicht nur auf das Ösling begrenzen zu müssen. Was Biogas und Biomasse angeht, sind wir von unseren Zielen noch etwas weiter entfernt. Hier müsste man allerdings auch analysieren, ob der Ausbau der Biomasse in Luxemburg nicht notgedrungen begrenzt ist, weil ja der Anbau von Energiepflanzen sich zwangsläufig auf die aktuelle Bewirtschaftung und damit auch auf die Nahrungskette auswirkt.
Neben den anderen Bereichen liegt nach unserem Dafürhalten das größte Potenzial weiterhin in den Bereichen Wind und Photovoltaik. Ein weiterer wichtiger Schlüssel zu einem nachhaltigeren Energieverbrauch ist die generelle Verbesserung der Energieeffizienz. In dieser Hinsicht gibt es viele Möglichkeiten, die zur Schaffung eines weiteren wirtschaftlichen Standbeines für Luxemburg hinführen könnten.
Inwiefern fördern Kooperativen die Akzeptanz der Bürger gegenüber Windkraftanlagen? Wie stehen Sie zu diesem Geschäftsmodell?
P.Z.: Wir bieten grundsätzlich bei all unseren Projekten Bürgerbeteiligung an, denn die Akzeptanz der Bürger und der Gemeinden ist sehr wichtig. Was die Gesellschaftsform angeht, sind wir neutral und offen für alle Geschäftsmodelle. Bis jetzt ist kein Windpark von Kooperativen geleitet oder mit am Kapital beteiligt. Die Bürger oder Gemeinden sind momentan direkt am Aktienkapital beteiligt. Grundsätzlich stehen wir der Idee von Kooperativen aber positiv gegenüber, weil sie eine sehr demokratische Gesellschaftsform darstellen und überdies darauf ausgerichtet sind, mittel- bis langfristig die Interessen der Mitglieder bestens zu vertreten. Dies entspricht auch unserem Denken und Handeln, mit dem wir bislang, unabhängig von der Gesellschaftsform, viel Akzeptanz bei den Bürgern der Standortgemeinden unserer Windkraftanlagen finden.
Das Interview wurde per E-Mail geführt. (BM)
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