Liebe Leserin, lieber Leser
am 24. September werden die Deutschen aller Voraussicht nach ihre ewige Kanzlerin für eine weitere Legislaturperiode bestätigen. Auch wenn man kaum sagen kann, dass die Politik von Frau Merkel wirklich alternativlos wäre, gilt das TINA-Prinzip zumindest für ihre eigene Person in diesem Amt. Wenige Tage später, am 8. Oktober, finden in Luxemburg ebenfalls Wahlen statt, und auch wenn es „nur“ Kommunal- wahlen sind, so sieht die Situation zumindest in unserer Hauptstadt sehr vergleichbar aus. Hier leisten sich die Wähler eine Bürgermeisterin, die direkt den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts entstammt. Irgendwie scheint die Zeit in unserer Festungsstadt auf wundersame Weise stehen geblieben zu sein, sowohl was Stil anbelangt als auch im Hinblick auf die Inhalte. An die visionären Pläne von Herrn Helminger und an das soziale Faible von Herrn Bettel kann sich kaum jemand erinnern, die letzten Jahrzehnte werden im Rückblick so zu einer einzigen unförmigen, geschichts- und ereignislosen Zeit, in der die Stadt zwar gewachsen ist und den Ban de Gasperich zum Maßstab ihrer urbanistischen Konzepte erhoben hat, aber keine Entscheidung treffen wollte, wie sie das 21. Jahrhundert angehen soll. Die Erkenntnis, dass diese Zukunft in und von den Städten entschieden wird, hat sich leider nicht durchgesetzt. Es gibt auch keinerlei Anlass für die Annahme, dass sich in den nächsten 20 Jahren etwas ändern sollte, denn aus Erfahrung wissen wir, dass in diesem Geschäft Alter kein Grund für Rückzug ist. Als Antwort haben die anderen Parteien männliche und weibliche Klone der amtierenden Mandatsträgerin entwickelt, um die Amtsträgerin auf ihrem eigenen Feld zu schlagen. Ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen.
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Dass die Dinge an anderer Stelle in Bewegung sind, zeigt der Paradigmenwechsel in der Verteidigungspolitik, dem wir dieses Heft gewidmet haben. Morgan Kuntzmann, der das sehr abwechslungsreiche und auch kontroverse Dossier koordiniert hat, wird forum leider in Kürze verlassen und für ein Jahr zum Collège de l’Europe wechseln. Zu allem Überfluss wird auch Ben Manet, der seit einem Jahr die Koordination bei forum mitgetragen hat, seine gute Laune in Zukunft an anderer Stelle einbringen. Beiden wünschen wir viel Erfolg und danken ihnen für die wirklich sehr schöne und bereichernde Zusammenarbeit!
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Ab dieser Ausgabe (siehe Seite 15) wird uns der Soziologe Fernand Fehlen in jedem Heft ein paar aussagekräftige Zahlen vorstellen. Seine Kolumne, die wir Faktuell genannt haben, stellt aktuelle Fakten und Zahlen zur Luxemburger Gesellschaft vor. Als Inspiration und Quelle dienen Veröffentlichungen von Behörden (STATEC, Ministerien) und internationalen Organisationen (Eurostat, OCDE) sowie Meinungsumfragen (Eurobarometer) und wissenschaftliche Publikationen.
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Auf Seite 60 finden Sie in dieser Ausgabe übrigens einen Beitrag der russischen Historikerin Inna Ganschow, die 70 Jahre nach den Ereignissen ein ausgesprochen düsteres und kaum bekanntes Kapitel der luxemburgischen Geschichte vorstellt. Ein wichtiger Teil der nationalen Erzählung bezieht sich auf die Rückkehr der Zwangsrekrutierten aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft, doch dass diese Rückkehr auf der Basis eines Menschenhandels erfolgte, war bislang kaum jemandem bewusst.
In der Hoffnung, dass Sie auf den folgenden 70 Seiten interessanten Lesestoff für diesen Monat finden, grüßt Sie herzlich
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