3 Fragen zu Studium, Beruf und Orientierung an…
Nora Back
OGBL-Präsidentin, Präsidentin der Arbeitnehmerkammer
Sie sind ausgebildete Psychologin und haben sich auf Arbeitspsychologie spezialisiert. Heute sind Sie Vorsitzende einer Arbeitergewerkschaft. Wann haben Sie Ihr Interesse für die Funktionsweisen der Arbeitswelt entdeckt? Was würden Sie jungen Menschen raten, die ihre Interessen und Stärken noch nicht ausfindig machen konnten und nicht wissen, welchen Weg sie einschlagen sollen?
Mich hat das Wohlergehen des Menschen auf der Arbeit schon immer interessiert. Die meisten von uns verbringen einen Großteil ihrer Lebenszeit bei der Arbeit, und dennoch kann diese physisch oder psychisch krankmachen – das kann man ändern. Durch angenehmere Arbeitsbedingungen, bessere Löhne, Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer, den Mut, seine Interessen zum Ausdruck zu bringen und zu verteidigen. Da war der Weg zur Gewerkschaft nicht weit. Und ich bin dankbar, meine Überzeugungen in meiner Gewerkschaft, dem OGBL, ausleben zu können. Es ist für junge Menschen manchmal schwer, ihren Weg zu finden. Seine persönlichen Vorlieben mit den Realitäten des Arbeitsmarkts in Einklang zu bringen, ist heutzutage eine größere Herausforderung denn je.
Den Jugendlichen in Luxemburg wird glücklicherweise auf den unterschiedlichsten Ebenen geholfen, damit sie ihre Interessen und Stärken erkennen. Unsere Berufskammer bietet z. B. den „Basic-Check“ an, einen Orientierungstest, den wir zusammen mit der Handwerkskammer und den verschiedenen Gymnasien entwickelt haben. Es gibt mittlerweile reichlich Internetportale, die es ermöglichen, sich über die verschiedenen Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu informieren. Neben dem neuen Portal der „Maison de l’Orientation“ gibt es das gemeinsame Portal der Berufskammern www.beruffsaubildung.lu, das Portal www.anelo.lu, u.s.w. Persönliche Beratung bieten sowohl die „Maison de l’Orientation“ als auch die Berufsberatung vom Arbeitsamt, die „Antennes locales pour jeunes“ und in den Gymnasien die „Cellules d’orientation“. Ich befürworte die nationale und internationale Mobilität bei Jugendlichen sehr stark. Solche Erfahrungen sind oft sehr wegweisend und bereichernd für die Zukunft. Allgemein würde ich sagen: Geht den Weg, den ihr für den richtigen haltet, macht das, worauf Ihr Lust habt, was euch inspiriert und lasst euch eure Zukunft nicht vorschreiben!
Am 1. November 2004 haben Sie Ihre Tätigkeit beim OGBL aufgenommen. Damals waren Sie 25 Jahre alt und haben Ihre Karriere Schritt für Schritt bis an die Spitze der Gewerkschaft vorantreiben können. Man könnte Ihren beruflichen Werdegang durchaus als „linear“ bezeichnen. Durch Ihre berufliche Tätigkeit erleben Sie aber sicherlich auch, was es bedeutet, wenn der Karriereweg Unterbrechungen, Rückschläge und allgemeine Stagnation erlebt. Worauf sollten sich junge Berufseinsteigerinnen und -einsteiger auf dem fluktuierenden Arbeitsmarkt von heute einstellen?
Junge Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sollten vor allem offen für Neues bleiben. Die sich permanent verändernde Berufswelt sollte eher als Chance statt als ein unüberwindbares Hindernis angesehen werden. Die wenigsten werden heute noch 40 Jahre lang im gleichen Unternehmen der gleichen Tätigkeit nachgehen. Soft Skills und transversale Kompetenzen werden auch weiterhin gefragt bleiben und immer wichtiger werden. In diesem Kontext spielt auch die Weiterbildung, das Lifelong Learning, eine entscheidende Rolle. Auch hier gilt es, zu seinen Überzeugungen zu stehen, nicht aufzugeben und sich auch in schweren Zeiten für eine bessere Arbeitswelt zu engagieren.
Mit der Digitalisierung entstehen ganz neue Berufsfelder und -zweige, die ganz anders organisiert sind als traditionelle Berufe. Die Digitalisierung hat nicht nur die freie Tätigkeit massiv gefördert, sondern hat zu einer starken Diversifizierung aller Tätigkeitsfelder geführt. Wie soll man in Zukunft einen Beruf gewerkschaftlich organisieren, der kein Kollektiv kennt und binnen eines Jahrzehnts entsteht und eventuell genauso schnell wieder verschwindet? Haben Sie je befürchtet, dass Ihr eigener Job in Zukunft womöglich gefährdet sein könnte?
Ich bin der Meinung, dass Gewerkschaften in Zukunft genauso gebraucht werden wie zuvor. Die Herausforderungen ändern sich zum Teil, die Lösungen und unsere Methoden auch, nichtsdestotrotz werden wir immer Menschen brauchen, die die Interessen der Arbeitnehmer und ihrer Familien vertreten. Was die größten gewerkschaftlichen Herausforderungen anbelangt, brauchen wir dringend eine Reform des Gesetzes über die Kollektivverträge, die den Gewerkschaften die sektoriellen Kollektivvertragsverhandlungen erleichtern würden. Tausende Arbeitnehmer in kleinen und mittleren Unternehmen sind immer noch nicht durch einen Kollektivvertrag geschützt. Die Gewerkschaften müssen sich modernisieren und zur Modernisierung des Arbeitsgesetzes beitragen, damit wir den neuen Arbeitsweisen und -formen Rechnung tragen können. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Arbeitnehmer hier in Luxemburg weiter geschützt bleiben, dass z. B. der unbefristete Arbeitsvertrag die Regel bleibt und nicht zur Ausnahme wird. Aber auch für das Recht auf Orientierung, auf Aus- und Weiterbildung im digitalen aber auch im berufsbezogenen Bereich sowie die Einführung von „Comptes personnels de formation“ (persönliche Ausbildungskonten) und mehr finanzielle Unterstützung zu Weiterbildungszwecken, damit jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Zeit und das Geld hat, um sich auf die Veränderungen in der Gesellschaft vorzubereiten. Im schulischen Bereich ist es unabdingbar, bereits in der Grundschule mit der Vermittlung von digitalen Kompetenzen zu beginnen und diese im Sekundarunterricht weiterzuentwickeln. Die Weiterbildung des Lehrpersonals für die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss ebenso konsequent durchgeführt werden. Es stehen uns große Herausforderungen bevor, denen ich persönlich positiv entgegenblicke, gerade weil ich überzeugt bin, dass die gewerkschaftliche Arbeit und die Arbeit der Arbeitnehmerkammer jetzt wichtiger ist denn je.
Patrick Muller
Generalvikar und Seminarpräses
Die geistliche Laufbahn ist mehr Berufung denn Beruf im herkömmlichen Sinne. Sie empfangen, beraten und begleiten Geistlichen-Anwärter. Wie stellen Sie deren Eignung fest? Welche Eigenschaften muss ein potenzieller Anwärter mitbringen?
Tatsächlich geht es hier an erster Stelle um Be-rufung. Es ist ein zweifacher Ruf. Zuerst ruft Gott den Mann zum Diakon oder zum Priester. An zweiter Stelle ruft die Kirche. Nachdem der Kandidat seine Seminarzeit abgeschlossen hat, ruft der Seminarpräses zu Beginn der Weiheliturgie in der Kathedrale: „Ich bitte den Kandidaten für die Diakonenweihe (oder für die Priesterweihe) vor den Bischof zu treten“. Der Kandidat antwortet vor der versammelten Gemeinde: „Hier bin ich“ und tritt hervor. Daraufhin stellt der Bischof dem Präses folgende Frage „Weißt du, ob er würdig ist?“. Wer ist schon „würdig“ vor den Mitmenschen und sogar vor Gott, um einen heiligen Dienst zu vollziehen? Niemand, wenn es ihm nicht von Gott geschenkt ist. „Weißt du, ob er geeignet ist?“, wäre mir als Frage etwas lieber. Diese Frage stellt sich jedem Personalchef, bevor er jemanden einstellt. Im Falle des Diakonen- oder Priesteramtes gibt es einige Eigenschaften, welche für die Eignung unerlässlich sind und die während der sechs- bis siebenjährigen Ausbildung gefördert werden.
An erster Stelle steht für mich eine gewisse menschliche Reife und gesunder Menschenverstand, die der Anwärter auf ein geistliches Amt mitbringen muss. Dies zeigt sich sowohl im gemeinschaftlichen Leben mit anderen Kandidaten als auch mit den Verantwortlichen der Ausbildung in den Seminaren, auf Reisen und in persönlichen Gesprächen mit einem geistlichen Begleiter.
Anschließend ist die Frage, ob der Mann, der ein geweihtes Amt anstrebt, ein geistlicher Mensch ist, von sehr großer Bedeutung. Kann er Erlebtes geistlich deuten und verarbeiten, mit Blick auf die Heilige Schrift, getragen im Gebet und in Verbindung mit dem lebendigen Gott? Ein objektives Kriterium hierfür ist die Zeit, die für persönliches regelmäßiges Beten verwendet wird, wie auch für die Teilnahme an den gemeinschaftlichen liturgischen Feiern. Drittens muss die intellektuelle Voraussetzung gegeben sein, sowohl ein akademisches Studium in Philosophie und Theologie zu absolvieren als auch die Fähigkeit, mit Frauen und Männern verschiedenster geistiger Horizonte in Dialog zu treten.
Die Liebe zur Kirche sowie die pastorale und missionarische Kompetenz, die Frohe Botschaft in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft selbst zu leben und zu verkünden, vervollständigen schließlich diese grobe Aufzählung einiger Grundeigenschaften, die ein Diakon und Priester heutzutage haben sollte, um einigermaßen für die vielfältigen Anforderungen des geistlichen Amtes gewappnet zu sein. In diesem Sinn können die Verantwortlichen es wagen zu bezeugen, dass ein Kandidat geeignet oder gar „würdig“ ist, die Weihe zu empfangen. Der Bischof antwortet dann im Namen der Kirche: „Mit dem Beistand unseres Herrn und Gottes Jesus Christus, des Erlösers, erwählen wir diesen unseren Bruder zum Diakon (oder zum Priester).“
Viele Menschen brechen aus unterschiedlichen Gründen ihr Studium, ihre Ausbildung ab oder geben ihren Beruf auf. Für die meisten ist das eine schwierige Entscheidung, die mit viel Ungewissheit und Angst verbunden ist. Was würden Sie einem Geistlichen-Anwärter raten, für den sich der eingeschlagene Weg als Sackgasse entpuppt, um sich im Leben neu zu orientieren?
Ich würde ihn dazu ermutigen, sein Scheitern anzuerkennen. Wir stehen heutzutage dermaßen unter Druck, immer erfolgreich sein zu müssen, dass es schwierig ist, einen Fehler, einen Irrtum oder Erfolgslosigkeit einzugestehen. Die Folge davon ist oft, dass die Vergangenheit uns dann fesselt, uns nicht frei lässt, um uns neu auf den Weg zu machen, aus Angst erneut zu scheitern. Das Leben bietet so viele Möglichkeiten. Scheidet jemand aus dem Priesterseminar aus, ist sein Leben deswegen noch lange nicht verfehlt. Ich bin überzeugt, dass Gott nicht „wütend“ auf ihn ist. Er entzieht uns niemals seine Liebe. Natürlich ist es, im Austausch mit vertrauenswürdigen Personen, wichtig herauszufinden, warum aus dem eigenen Lebensprojekt nichts geworden ist. Die Gründe dafür sollen in Ruhe und Nüchternheit betrachtet werden, damit sie für mich in Zukunft kein Hindernis mehr darstellen. Ich bleibe dennoch gläubig und vertraue darauf, dass Gott mir dadurch etwas sagen will, mir möglicherweise einen anderen Weg zeigen will: ein neuer Weg, der mir Erfüllung und Glück bringen kann, auf dem ich möglicherweise eine Familie gründen werde, und auf dem ich ihm und den Menschen auf andere Art und Weise dienen kann. Ähnliches würde ich auch anderen sagen, die in ihrem Leben in eine Sackgasse geraten sind, was Studium oder Ausbildung betrifft, besonders wenn sie gläubige Christen sind: Habt keine Angst neu zu beginnen und aus eurer persönlichen Vergangenheit zu lernen.
Arbeit gibt dem Leben Struktur. Wie kann man daraus auch Sinn schöpfen?
Jede Arbeit wird während einer gewissen Zeitspanne an einem bestimmten Ort verrichtet. Je nach der Art der Arbeit hat sie eine direkte Auswirkung auf die „Materie“, die ich bearbeite oder den Ort, an dem ich arbeite – im Hier und Jetzt und auch für die Zukunft. Ich denke beispielsweise an die Arbeit eines Landwirtes, der sein Feld bestellt, der damit zur Nahrungsversorgung der Gesellschaft beiträgt, an den Steinmetz, der ein Haus baut und sieht, wie in wenigen Monaten eine neue Wohnung entsteht, in der Menschen, vielleicht Familien mit Kindern, wohnen und einen großen Teil ihrer Lebenszeit verbringen werden. Ein Handwerker repariert beispielsweise Geräte, damit das Leben derer, die sie benutzen, angenehmer wird. Ein Schreiner zimmert Möbel, um Lebensräume wohnlicher zu gestalten. Ich denke auch an LehrerInnen, die in den Schulen ihr Bestes geben, damit die Kinder und Jugendlichen, die ihnen anvertraut sind, gut auf ihr zukünftiges Leben vorbereitet werden. Ich denke an die Hausfrauen und -männer, die für ihre Familie arbeiten, aber auch, in einem gewissen Kontrast dazu, an die Männer und Frauen, die im Transportwesen arbeiten, im Reinigungssektor, in den Fabriken, im Dienstleistungssektor, in den Banken und Büros, in den Medien, in den Künsten und der Kultur, in den staatlichen Institutionen, in der Politik, aber auch an jene in der Kinderbetreuung, in der Alten- und Krankenpflege, in den karitativen Werken und vielen anderen Bereichen Tätigen, in denen der Mensch – besonders auch der hilfsbedürftige Mensch – im Mittelpunkt steht. Die kirchlichen MitarbeiterInnen, Geweihte und Laien, Hauptamtliche und Ehrenamtliche, liegen mir natürlich besonders am Herzen, weil sie ausdrücklich zugleich in Gottes Dienst und im Dienst an den Menschen stehen. Diese Liste wäre selbstverständlich noch um ein Vielfaches zu erweitern, und ich bitte den Leser um Nachsicht für deren Subjektivität und Unvollständigkeit. Aber diese Beispiele können uns zeigen, dass der Mensch durch seine konkrete Arbeit immer in Beziehung zu anderen steht und somit alles, was er tut, nicht nur für sich selbst tut, sondern auch für andere, sodass die Zukunft Sinn und Bedeutung erhält.
Papst Johannes Paul II. hat gleich in den ersten Sätzen seiner wahrhaft prophetischen Enzyklika Laborem exercens aus dem Jahr 1981 viel treffender und umfassender beschrieben, wie tief Arbeit und Person sinnhaft miteinander verbunden sind: „Durch Arbeit muss sich der Mensch sein tägliches Brot besorgen, und nur so kann er beständig zum Fortschritt von Wissenschaft und Technik sowie zur kulturellen und moralischen Hebung der Gesellschaft beitragen, in Lebensgemeinschaft mit seinen Brüdern und Schwestern. Hier geht es um jede Arbeit, die der Mensch verrichtet, unabhängig von ihrer Art und den Umständen; gemeint ist jedes menschliche Tun, das man unter der reichen Vielfalt der Tätigkeiten, deren der Mensch fähig ist und zu denen ihn seine Natur, sein Menschsein, disponiert, als Arbeit anerkennen kann und muss. Nach Gottes Bild und Gleichnis inmitten des sichtbaren Universums geschaffen und dorthin gestellt, damit er die Erde sich untertan mache, ist der Mensch daher seit dem Anfang zur Arbeit berufen. Die Arbeit ist eines der Kennzeichen, die den Menschen von den anderen Geschöpfen unterscheiden, deren mit der Erhaltung des Lebens verbundene Tätigkeit man nicht als Arbeit bezeichnen kann; nur der Mensch ist zur Arbeit befähigt, nur er verrichtet sie, wobei er gleichzeitig seine irdische Existenz mit ihr ausfüllt. Die Arbeit trägt somit ein besonderes Merkmal des Menschen und der Menschheit, das Merkmal der Person, die in einer Gemeinschaft von Personen wirkt; dieses Merkmal bestimmt ihre innere Qualität und macht in gewisser Hinsicht ihr Wesen aus.“
Nicolas Schmit
EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte
Sie haben es als luxemburgischer Politiker nach Brüssel geschafft. Was müssen junge Menschen heute tun, wenn sie eine ähnliche Karriere wie Sie anstreben?
Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass ich es nach Brüssel „geschafft“ habe… Ich schätze mich aber glücklich, diese Aufgabe, die mir anvertraut wurde und welche ich sehr wertschätze, erfüllen zu dürfen. Es gibt kein generelles Rezept, wie ein bestimmter Karrieregang gelingt. Dazu gehört auch immer eine Portion Glück, aber auch Engagement.
Digitalisierung wird allgemein als Bedrohung von Arbeitsplätzen empfunden. Es gibt aber auch die Gegenposition, die behauptet, dass sie mehr Arbeitsplätze schaffen wird, jedoch nicht für jede und jeden. Wie realistisch sind Prognosen, die unüberbrückbare soziale Ungleichheiten im Zuge der Digitalisierung prophezeien?
Es ist richtig, dass Arbeitsplätze verschwinden werden. Die Prognosen sagen aber auch, dass viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Es ist dabei Aufgabe der Politik, dass diese Arbeitsplätze für jede und jeden zugänglich sind. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft zusammenhält, denn momentan besteht ein ernstes Risiko, dass sie auseinanderdriftet. Deshalb ist es so wichtig, dass wir den grünen und digitalen Übergang sozial gestalten.
Der Arbeitsmarkt der Zukunft wird immer häufiger Fortbildungs- und Spezialisierungsmaßnahmen erfordern, die z.T. mit Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit einhergehen müssen. Gibt es konkrete Überlegungen auf EU-Ebene, soziale Modelle auszuarbeiten, um diese Unterbrechungen finanziell aufzufangen?
Ich teile Ihre Analyse. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen Sicherheiten vermitteln, sodass sie Unterbrechungen in der Erwerbstätigkeit vielmehr als Überbrückungen statt als Brüche wahrnehmen können. Es geht darum Maßnahmen einzuführen, welche Weiterbildung und Umqualifizierung zwischen verschiedenen Tätigkeiten oder (noch besser) parallel zu einer Tätigkeit fördern. Aber es ist schon klar, dass sich persönliche und professionelle Karrieren verändern und neu ordnen werden. Dies ist durchaus ein Aspekt, den wir im Rahmen unserer Reflexionen zur sozialen Gestaltung der Transformationen stark berücksichtigen und für den wir Lösungen suchen.
Nicolas Buck
UEL-Präsident und Unternehmer
Sie verkörpern das Bild des erfolgreichen Unternehmers und wurden als solcher mehrmals ausgezeichnet. Was würden Sie jungen Menschen raten, die es Ihnen gleichtun wollen?
Ich denke, dass Unternehmer die Welt verändern und so zum Gemeinwohl beitragen können. Fähigkeiten wie Ausdauer und Beharrlichkeit sind gefragt. Man sollte auch verlieren sowie mit Rückschlägen und Erfolgen gleichermaßen umgehen können. Aus allen Erfahrungen kann man etwas lernen.
„Hard work beats talent“, heißt es immer noch. Gleichzeitig hat man heutzutage den Eindruck, dass immer mehr Menschen ohne prestigiösen Hochschulabschluss, dafür aber mit den richtigen Ideen, Startup-Unternehmen gründen und erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer werden. Sind beruflicher und finanzieller Erfolg heute einfacher zu erreichen als früher?
Eher das Gegenteil ist der Fall. Erfolg zu haben ist heute wesentlich schwieriger. Alles ist transparenter geworden und die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft erhöht die Konkurrenz. Unternehmer brauchen fundierte Kenntnisse, und deshalb stellt ein qualitativ gehaltvolles Studium eine gute Basis dar.
Stichwort Innovation: Wo lernt man heute noch die „skills“, die die Indurstrie von morgen braucht? Elite-Uni oder praktische Berufserfahrung durch inhouse-Training? Worauf kommt es an? Welche Profile werden gesucht?
Die Basis ist die Fähigkeit, Wissen anzuwenden. Wir brauchen dringend mehr junge Wissenschaftler. Thema „Klimawandel“: Ohne Chemiker oder Physiker schaffen wir das nicht. Soft Skills werden immer wichtiger: Wie begegne ich meinen Mitmenschen in meinem beruflichen Alltag? Kann ich sie für neue Ideen begeistern? Besitze ich den Mut, neue Wege zu suchen und Altes zu hinterfragen? Kann ich zuhören? Bin ich bereit, meine Meinung zu ändern? Bin ich offen für andere Kulturen mit grundverschiedenen Denkmustern? Diese Soft Skills lernt man zu Hause, durch den Sport oder als Pfadfinder. Die Jugend sucht Vorbilder, und deshalb ist es so unheimlich wichtig, dass wir Erwachsene die Vorbildfunktion ausüben.
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