Liebe Gläubige und Nichtgläubige!

Während unser Redaktionsmitglied Pierre Lorang noch bis Ende April in einer sechsteiligen Vortragsreihe am hauptstädtischen Centre Jean XXIII die Brisanz und die Aktualität der Katholischen Soziallehre erklärt, werden die Luxemburger*innen immer unreligiöser, so das Ergebnis einer jüngst veröffentlichten Studie des STATEC. Und sogar bei denjenigen, die eine religiöse Zugehörigkeit angaben, empfinden sich nur 63 % tatsächlich als religiös. Die Zahl der Atheist*innen hingegen nahm zu. Ergibt es denn dann, könnte man sich fragen, überhaupt noch Sinn, sich mit den Ideen der Katholischen Sozial­lehre auseinanderzusetzen, wenn eh bald keiner mehr glaubt?

Ja, das tut es. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens bekennen sich noch immer 48 % zu einer religiösen Überzeugung, was zwar nicht viel ist, aber auch keine zu vernachlässigende Größe – jede Partei hier im Land würde bei einem Wahlergebnis von 48 % vor Freude über den Krautmarkt springen. Und von diesen Menschen bekennen sich immerhin über 85 % zum katholischen Glauben. Dies sei mal – und zwar aus der Feder eines Protestanten – vorweg als Ehrenrettung des real existierenden Katholizismus bei uns im Lande klargestellt. Zweitens und viel entscheidender aber erscheint mir die Beschäftigung mit der Katholischen Sozial­lehre als so lohnend, weil sie natürlich ganz unabhängig vom katholischen Glauben zentrale Ideen für ein gutes soziales Zusammenleben und eine Ethik desselben formuliert. Und so können sich Katholiken, Buddhistinnen wie auch Menschen, die an das Spaghettimonster glauben, dafür interessieren. 

Die Katholische Soziallehre kann dabei helfen, wirksame Mittel im Kampf gegen die Armut zu entwickeln.

Die Soziallehre leistet, anders als ein pervertierter Individualismus neoliberaler Ausprägung und anders als ein mörderischer Kollektivismus, wie er sich in den Faschismen und Kommunismen des letzten und im Putinismus des 21. Jahrhunderts offenbart, einen veritablen Ausgleich zwischen dem Wohle der Gesellschaft und dem des Individuums. Vom Personalitäts- zum Subsidiaritätsprinzip, vom Solidaritäts- über das Gemeinwohl- bis hin zum Nachhaltigkeitsprinzip: Die intensive Beschäftigung mit der Katholischen Soziallehre lohnt sich besonders, um vom tagespolitischen Geschacher und von kleinen Reformen hin zu langfristigen Visionen zu kommen, wie wir nachhaltig die soziale Schere schließen könnten, die unsere soziale Kohäsion zerstört. Sie kann uns Wege aufzeigen, wie wir die Armut, die diesen Monat in unserem Dossier beschrieben und analysiert wird, bekämpfen könnten. Sie könnte zu einer neu formulierten Ethik des Miteinanders führen, mit der wir resilient und sorgsam die nächsten Schritte in eine bedrohliche Zukunft wagen könnten. Die befreiungstheologisch formulierte und in die Soziallehre aufgenommene Maxime der Option für die Armen zeigt vorzüglich, warum Klientelpolitik und Gießkannenunterstützung Probleme sozialer Ungleichheit nur reproduzieren: Auch in diesem Sinne kann die Soziallehre dabei helfen, wirksame Mittel im Kampf gegen die Armut zu entwickeln. Ob die Besinnung auf eine solche Ethik in diesem Superwahljahr in den Programmen der Parteien ankommt, wird sich noch zeigen.

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Während die Programme der Parteien noch nicht bekannt sind, steht die Agenda des diesjährigen Luxembourg City Film Festival natürlich fest. Es findet vom 2. bis zum 12. März statt, und wie bereits in den letzten beiden Jahren wird Viviane Thill für forum_C berichten. Ab dem 4. März können Sie ihre Beiträge auf unserer Internetseite lesen.

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Am 14. März werde ich mich von forum verabschieden. Mit viel Freude und Zufriedenheit blicke ich auf die letzten vier Jahre – von Marx (forum 393) zu Armut (forum 430) – zurück und freue mich sehr, dass Rebecca Baden nun da ist, um forum als Redaktionsleiterin in die Zukunft zu steuern. Die gebürtige Luxemburgerin hat zuvor für Zeit Online, den Stern, Vice und die Funke Mediengruppe gearbeitet und sich bereits mit viel Leidenschaft und Energie in die Produktion dieser März-Ausgabe eingebracht. Ich wünsche ihr und dem Team sowie der gesamten ASBL und Redaktion von forum viel Spaß und zahlreiche Ideen, um mit den Krisen der Zukunft und dem Schönen dieser Welt in den kommenden Jahren weiter im Sinne von forum umzugehen: offen, neugierig, partizipativ. 

Amen! Äddi! Ahoi!

Henning Marmulla


 

Weitere Vorträge von Pierre Lorang im Rahmen seiner Vortragsreihe am Centre Jean XXIII zur Katholischen Soziallehre:

08. März:
Das Sozialprinzip der Subsidiarität

15. März:
Das Sozialprinzip der Solidarität

19. April:
Das Sozialprinzip des Gemeinwohls

26. April:
Das Sozialprinzip der Nachhaltigkeit

Jeweils um 19.30 Uhr.
In luxemburgischer Sprache. 

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