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„Es gibt kein ansprechendes Programm für Jungwähler“
Wie Erstwählende das Wahljahr erleben
Für erfahrene Wählende bringen die Wahlen in Luxemburg meist wenig Neues mit sich. Viele der Gesichter sind bekannt oder gehören tatsächlichen Bekannten, die Parteien setzen eher auf bewährte Inhalte als auf konfrontative Positionen. Doch wie nehmen Wählende mit wenig Erfahrung die Luxemburger Politiklandschaft wahr? forum hat drei Erstwählende zu ihren Wahlentscheidungen und Prioritäten befragt. Um die Privatsphäre der drei zu schützen, hat die Redaktion alle Vornamen geändert.
Emile, 21, Student
forum: Welche Partei haben Sie bei den Gemeindewahlen gewählt?
Emile: Ich wähle keine Partei, sondern einzelne Personen. Meine Wahl basiert auf deren Engagement, den Ideen und der Kompetenz.
Welche Partei wählen Sie bei den Nationalwahlen?
Ich werde die Demokratische Partei (DP) wählen, denn ich bin zufrieden mit der jetzigen Regierung.
Wie haben Sie sich vor den Wahlen informiert?
Gar nicht. Meine Wahl basiert auf meinen eigenen Erfahrungen, zum Beispiel wenn ich die Personen bereits aus der Gemeinde kenne oder wenn ich gemerkt habe, dass jemand viel geredet und im Nachhinein nichts getan hat.
Interessieren Sie sich für Politik?
Nein. Politik ist für mich nichts anderes als leere Versprechen. Damit sich mehr junge Menschen dafür interessieren, braucht es konkrete Pläne und deren Umsetzung.
Was ist Ihnen wichtig im Leben?
Sicherheit.

Julie, 18, Studentin
forum: Was haben Sie bei den Kommunalwahlen gewählt?
Julie: Keine der Parteien. Meiner Meinung nach vertritt keine von ihnen ein individuelles Programm.
Und bei den Nationalwahlen?
Ich weiß es noch nicht. Auch hier fehlt für mich ein ansprechendes Programm für Jungwähler. Ich interessiere mich für Politik, weil sie unsere Lebensbedingungen schafft. Damit es anderen jungen Menschen auch so geht, müsste man aber etwas bewirken können. Die Politik sollte mehr Interesse an den Talenten einer Person zeigen und Karrierechancen für Frauen ermöglichen und unterstützen. Abgesehen davon sollte sie Wohnraum in Uni-Nähe für die Inlandsstudenten schaffen, sodass diese nicht Stunden ihrer Zeit mit der Anfahrt verbringen müssen.
Wie haben Sie sich vor den Wahlen informiert?
Ich habe die Wahlprogramme gelesen und mich mit Leuten mit mehr Erfahrung darüber unterhalten.
Was ist Ihnen wichtig im Leben?
Bildung, Familie, die Zukunft der nächsten Generation, Arbeitsplätze, die Pisa-Studie der Luxemburger Schüler und natürlich Weltfrieden.
Woran denken Sie, wenn Sie an Ihre Zukunft denken?
Dass ich mir später weder ein Haus noch eine Wohnung in Luxemburg leisten kann.
Marie, 20, Studentin
forum: Wen wählen Sie bei den Nationalwahlen?
Marie: Das weiß ich noch nicht.
Wie haben Sie bei den Kommunalwahlen gewählt?
Hier habe ich keine Partei gewählt, sondern Menschen, deren Wahl mir richtig erschien. Nachdem ich eine Partei eliminiert hatte, blieben zwei übrig. Bei denen waren sich die Parteiprogramme aus meiner Sicht aber in vielen Punkten so ähnlich, dass ich blind nicht hätte sagen können, welches Programm zu welcher Partei gehört. Insofern entschied ich mich dazu, mich auf Einzelpersonen zu konzentrieren.
Wie haben Sie sich vor den Wahlen informiert?
Indem ich Wahlprogramme gegoogelt habe und mit meinen Eltern und anderen Erstwählern diskutiert habe.
Interessieren Sie sich für Politik?
Ja! Politik entscheidet, wie das zukünftige Leben aussieht. Allerdings habe ich wenig Zeit, tatsächlich mitzumischen. Und auch zu wenig Platz, da ja erstmal die ganzen Verwandten aus den Polit-Clans überall untergebracht werden müssen.
Was müsste Ihrer Meinung nach geschehen, damit sich junge Menschen für Politik interessieren?
In der Schule muss von Anfang an unterrichtet werden, was Demokratie bedeutet. Junge Menschen sollen sehen, dass sie zählen und auch Einfluss nehmen können.
Woran denken Sie, wenn Sie an Ihre Zukunft denken?
Mir persönlich sind meine Familie und Bildung sehr wichtig. Von der Politik erhoffe ich mir, dass sie sich mehr um die Förderung und Karrieremöglichkeiten für WissenschaftlerInnen in Luxemburg kümmert. Es kann außerdem nicht sein, dass es für Studenten aus dem Norden einfacher ist, im Ausland zu studieren als im eigenen Land: Weil Wohnraum im Süden zu teuer ist, und weil sie täglich mehrere Stunden im öffentlichen Nahverkehr verbringen müssten, um sich mit verspäteten Bussen und unfreundlichen Busfahrern herumzuschlagen.
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