…die Jonk Demokraten
1 Wieso haben Sie sich als Jugendpartei dazu entschlossen, sich mit dem Thema „Mentale Gesundheit“ auseinanderzusetzen? Welche Motivation steckt dahinter und worum geht es Ihnen?
Die Aufgabe einer politischen Jugendorganisation besteht immer darin, Sprachrohr für die Bedürfnisse junger Menschen zu sein und deren politische Anliegen zu vertreten. Da wir als Jonk Demokraten immer einen regen Austausch mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen pflegen und unsere Mitglieder natürlich auch selbst zu dieser Altersgruppe gehören, wurde dieses Thema vermehrt aufgegriffen und wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass in diesem Bereich – nicht nur für junge Menschen – noch einiges getan werden kann. Glücklicherweise leben wir in einem Land, in dem ein gewisses Angebot an psychologischen Unterstützungsmaßnahmen besteht. Trotzdem – und das wurde in der Pandemie deutlicher sichtbar – ist das kostenlose Angebot begrenzt, die Wartelisten sind lang, und Betroffene wissen oft nicht, an welche Dienststelle sie sich überhaupt wenden können. Daher fordern wir insbesondere, dass, erstens, die bereits 2015 beschlossene Kostenübernahme für Psychotherapie endlich umgesetzt wird, und zweitens, dass eine zentrale Anlaufstelle geschaffen wird, welche die Hilfesuchenden an die entsprechenden Beratungsstellen und Psycholog:innen oder Psychotherapeut:innen weiterleiten kann. Dabei würden etwaige Lücken im Angebot auch schneller auffallen und das bestehende Angebot könnte entsprechend vervollständigt werden. Beim Thema „Mentale Gesundheit“ genauso wie bei dem Thema Gesundheit im Allgemeinen, kommt es auf eine schnelle und kompetente Hilfestellung an. Die Hemmschwelle, sich Hilfe zu suchen, ist oft bereits sehr hoch. Wenn Betroffene dann auch noch Wochen oder Monate darauf warten müssen, dass ihnen geholfen wird, oder sie sich eine längerfristige Therapie gar nicht leisten können, dann kann sich ein enorm hoher Leidensdruck mit verheerenden Konsequenzen aufbauen. Dem wollen wir mit unseren Forderungen entgegenwirken.
2 Handelt es sich dabei um moutarde après dîner oder sehen Sie Ihr Handeln als präventiv an?
Die Mitglieder der JDL sind sich einig, dass es in diesem Bereich nie zu spät ist, das Angebot zu verbessern und für alle Mitglieder der Gesellschaft zugänglich zu machen. Genauso sind wir der Meinung, dass die Arbeit daran nie abgeschlossen sein wird. Da die Gesellschaft sich in einem ständigen Wandel befindet, muss auch ein Gesundheitssystem – und in diesem Fall auch der Bereich der mentalen Gesundheit – sich ständig den Bedürfnissen der Menschen anpassen. Deshalb denken wir, dass unsere Bemühungen natürlich auch als präventiv anzusehen sind. Dazu trägt sicherlich auch die öffentliche Thematisierung mentaler Gesundheit und die „Entstigmatisierung“ betroffener Personen bei. Dazu sollte auch unsere Pressemitteilung einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten.
Es ist eine zentrale politische Aufgabe, jedem Mitglied der Gesellschaft die Möglichkeit zu bieten, sein Leben so zu gestalten, dass es sich „wohl“ fühlt. Dieses Ziel hat die JDL schon immer sehr ernst genommen und da genügt es nicht, sich nur in einem spezifischen Bereich zu engagieren, sondern in allen Bereichen, die ein gutes Miteinander und die Entfaltung jedes Einzelnen fördern. Im Idealfall müsste psychotherapeutische Hilfe dann überhaupt nicht erst in Anspruch genommen werden. Deshalb werden sich unsere Mitglieder auch in Zukunft in den unterschiedlichsten Bereichen der Politik und darüber hinaus für neue Ideen und Lösungen engagieren, damit diese Ziele erreicht werden können. Sei es bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Wohnungs- und Arbeitsmarktes, der Bildung, der Familie oder einer nachhaltigen Umweltpolitik. Verbesserungen in diesen Bereichen würden einen direkten, positiven Einfluss auf die mentale Gesundheit mit sich bringen. Ein ganzheitlicher Ansatz bietet sich daher an.
3 Welchen Stellenwert nimmt dieses Thema in Ihrer Mutterpartei ein? Greifen Sie das auf, was Ihre Mutterpartei versäumt hat?
Gesundheitsthemen sowie die mentale Gesundheit liegen seit mehr als 15 Jahren im Verantwortlichkeitsbereich der LSAP, somit richten sich unsere Forderungen vor allem an die aktuelle Gesundheitsministerin Paulette Lenert.
Die JDL thematisiert ihre Stellungnahmen natürlich auch in den Gremien der Demokratischen Partei. Dies mit dem Ziel, der liberalen Jugend eine Stimme zu geben und so innerhalb der DP Themen anzusprechen, die unserer Generation wichtig sind. Zu diesem Zeitpunkt tauschen wir uns zu diesem Thema in der DP-internen Arbeitsgruppe „Santé“ aus.
Martine Goergen, Michael Agostini
…die Jonk Sozialisten
1 Wieso haben Sie sich als Jugendpartei dazu entschlossen, sich mit dem Thema „Mentale Gesundheit“ auseinanderzusetzen? Welche Motivation steckt dahinter und worum geht es Ihnen?
Mentale Gesundheit ist ein fester Bestandteil unserer Vision einer nachhaltigen Gesellschaft. Zu einem gesunden Planeten gehört nämlich eine gesunde Gesellschaft, sowohl physisch als auch mental. Dementsprechend brauchen wir Politiken, die nicht nur die körperliche Unversehrtheit beschützen, z. B. durch bessere Luftqualität und den Erhalt einer ausgeprägten Biodiversität, sondern auch die mentale Unversehrtheit des Menschen.
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die uns viel abverlangt. Erfolgreich ist die Person, die früh aufsteht, spät schlafen geht. Dazwischen muss man seine Arbeit erledigen, sich weiterbilden, in den sozialen Medien seinen Senf zu den Weltgeschehnissen dazugeben, den Haushalt schmeißen, Sport machen etc., etc… Produktivität ist das oberste Gebot. Der Preis des Ganzen? Die Zeit fürs Kreative, für sich selbst, für seine Mitmenschen.
Die Frage nach der mentalen Gesundheit ist damit tief verbunden mit der traditionellen sozialistischen Forderung nach einer Reduzierung der Arbeitszeit und einem besseren Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben. Denn, seien wir ehrlich, ist eine 40-Stunden-Woche noch zeitgemäß? Dieses Thema hat mit der Pandemie und dem damit verbundenen Anstieg der Telearbeit bzw. des Homeoffices einen neuen Stellenwert bekommen.
Dazu kommt, dass in unserer Gesellschaft gewöhnlich viel über physische Gesundheit gesprochen wird, weniger aber über das mentale Wohlbefinden der Bevölkerung. Es passt einfach nicht in unsere hektische Leistungsgesellschaft. Deswegen ist uns als JSL an erster Stelle wichtig, dass das Tabu um mentale Gesundheit endlich gebrochen wird. Niemand sollte sich dafür schämen (müssen), Hilfe bei einer*m Psychiater*in, Psychotherapeut*in oder Psycholog*in zu suchen. Vielmehr muss es möglich sein, offen über mentale Beschwerden reden zu können. Genauso wie man das bei physischen Krankheiten – beispielsweise einer Grippe oder einem gebrochenen Bein – tut.
Zudem ist hier sicherzustellen, dass Menschen aus allen sozialen Klassen, insbesondere Betroffene mit geringeren finanziellen Mitteln, Zugriff auf Hilfe und einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung haben. Mentale Gesundheit darf kein Luxus sein. Deswegen fordern wir, dass die Kostenrückerstattung psychotherapeutischer Behandlungen schnellstens eingeführt wird und das Angebot an kostenloser Hilfe bis dahin erweitert wird.
2 Handelt es sich dabei um moutarde après dîner oder sehen Sie Ihr Handeln als präventiv an?
Eigentlich keins von beiden. Die mentale Gesundheit ist ein Thema, dass durch die aktuelle Pandemie noch einmal stark in den Vordergrund gerückt ist. Doch schon vor der Pandemie war bekannt, dass das mentale Wohlbefinden von immer mehr Menschen sich verschlechterte. Daher kann unser Handeln nicht als präventiv gelten. Kostenlose professionelle Hilfe für die mentale Gesundheit müsste eigentlich jetzt schon die Norm sein. Nichtdestotrotz handelt es sich bei diesem Thema nicht um die berühmte „moutarde après diner”. Denn es ist nicht zu spät, um zu handeln und die Weichen zu stellen für einen offeneren Umgang mit mentaler Gesundheit und für adäquate Fürsorge.
Der erste Schritt dazu? Tabus brechen. In einer rezenten Statec-Studie gab eine*r von drei Bürger*innen an, dass die Pandemie einen negativen Einfluss auf das mentale Wohlbefinden hat. Gerade jetzt wäre es wichtig, eine Sensibilisierungskampagne zu starten, um mit bestehenden Tabus zu brechen.
Zweitens muss die Kostenrückerstattung von Sitzungen bei Psychotherapeuten und Psychologen schnellstens eingeführt und kostenlose Hilfsangebote erweitert werden. Dazu gehört auch eine bessere Zugänglichkeit und ein größeres Angebot in den einzelnen Infrastrukturen wie Schulen, Altersheimen, Krankenhäusern oder großen Unternehmen mit vielen Mitarbeitern.
Drittens muss dafür gesorgt werden, dass das Gesundheitssystem auch in Zukunft abgesichert ist. Dem steigenden Mangel an ausgebildeten Hilfskräften und Fachärzten muss vorgebeugt werden. Eine Aufbesserung der Arbeitsbedingungen sowie eine Aufwertung der Berufe ist für uns unumgänglich.
Ein schlechtes mentales Wohlbefinden ist nicht das Problem eines Individuums, sondern spiegelt den Druck und die Prioritäten der Gesellschaft wider. Daher ist es auch an der Gesellschaft, sich dahingehend zu ändern, dass niemand sich schämen muss, wenn er*sie Hilfe braucht und die Hilfe dann auch von Anfang bis Ende garantiert ist. Nur so können wir für eine nachhaltigere Zukunft sorgen, in der wir offen und ehrlich miteinander umgehen.
3 Welchen Stellenwert nimmt dieses Thema in Ihrer Mutterpartei ein? Greifen Sie das auf, was Ihre Mutterpartei versäumt hat?
Wie bereits gesagt, ist das Thema mentale Gesundheit eng verbunden mit einer traditionellen sozialistischen Frage: der Arbeitszeitverkürzung und einer ausgeglichenen Work-Life-Balance. Wir Sozialist*innen fordern diese Arbeitszeitreduzierung nicht, weil wir faul sind oder das Leistungsprinzip per se in Frage stellen. Vielmehr ergibt sich diese Forderung aus der Umsetzung eines Menschenrechts, nämlich das auf körperliche Unversehrtheit. Und dazu zählt auch die mentale Gesundheit. Dass zu viel Arbeit beziehungsweise Leistungsdruck krank macht und der Mensch allein vom Arbeiten nicht glücklich wird, sind nun wirklich keine Neuigkeiten. Nicht umsonst fordern wir Sozialist*innen auf europäischer Ebene schon seit Jahren, dass das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik, welches sich hauptsächlich am BIP eines Landes orientiert, auch andere Kriterien mit einbezieht. Das BIP ist generell ein unzureichendes Kriterium, um die Lage einer Nation zu bewerten. Das Thema hat also einen gewissen Stellenwert in unserer politischen Familie und somit auch in unserer Mutterpartei, auch wenn man hier in Luxemburg schon mehr für die konkrete Umsetzung hätte tun müssen.
Jil Feipel, Joao Borges, Daniel Scheer
…déi jonk gréng
1 ieso haben Sie sich als Jugendpartei dazu entschlossen, sich mit dem Thema „Mentale Gesundheit“ auseinanderzusetzen? Welche Motivation steckt dahinter und worum geht es Ihnen?
Die mentale Gesundheit hat trotz ihrer Bedeutung für das Wohlbefinden unserer Gesellschaft nicht den gleichen Stellenwert wie die körperliche Gesundheit. Neben der Tatsache, dass psychische Erkrankungen nicht sichtbar sind, werden sie selten offen diskutiert und bleiben oft ein Tabuthema. Diese Stigmatisierung verhindert die frühzeitige Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen, was wiederum zu Lasten unserer Gesellschaft geht. Als Jugendpartei ist es uns wichtig, den Bürger*innen und der Politik vor Augen zu führen, welche Maßnahmen noch ergriffen werden müssen, um das mentale Wohlbefinden unserer Gesellschaft weiter zu verbessern. Die Veranstaltung des Jugenddësch und die im Zuge der Pandemie geführte Debatte über die mentale Gesundheit der jüngeren Generationen bilden dabei den Kontext, in dem wir unsere Forderungen entwickelt haben. Wir setzen uns dafür ein, dass psychische Erkrankungen häufiger und früher erkannt werden und dass das Bewusstsein für die Schwere psychischer Störungen geschärft wird. Maßnahmen wie ein Recht auf Abschalten am Arbeitsplatz oder die Kostenerstattung psychotherapeutischer Behandlungen durch die CNS wären erste Schritte in diese Richtung. Alle Forderungen sind auf unserer Internetseite jonkgreng.lu zu finden.
2 Handelt es sich dabei um moutarde après dîner oder sehen Sie Ihr Handeln als präventiv an?
Die COVID-19-Pandemie sorgt bei vielen Menschen für Unsicherheit, Ängste und Depressionen. Auch für uns war sie der Auslöser, uns stärker mit dem Thema der mentalen Gesundheit, vor allem bei jüngeren Menschen, auseinanderzusetzen. Da mentale Probleme natürlich auch schon vorher existiert haben, wäre es unehrlich, unser Handeln als präventiv anzusehen. Leider tendiert die Politik oftmals dazu, erst auf Probleme zu reagieren, wenn diese sich verstärken. Dies soll aber keine Entschuldigung sein, vielmehr ziehen wir daraus die Lehre, uns darum zu bemühen, bestehende Probleme noch stärker als bisher zu antizipieren und zu früheren Zeitpunkten Lösungen vorzuschlagen. Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten und das Thema der mentalen Gesundheit proaktiv und kontinuierlich sowie unter der Prämisse der Prävention von mentalen Beschwerden anzugehen.
Mentale Krankheiten wie Depressionen sind noch immer mit einem Tabu behaftet, was die Präventionsarbeit erschwert. Nur durch eine grundlegende Enttabuisierung mentaler Krankheiten kann dafür gesorgt werden, dass Menschen mit mentalen Beschwerden früher das Gespräch mit ihrem Umfeld suchen und sich gegebenenfalls in Behandlung begeben. Hierbei setzen wir vor allem auf die Sensibilisierung der jüngeren Generationen durch alle zwei Jahre durchgeführte, verpflichtende Konsultationen bei Psycholog*innen in Bildungseinrichtungen nach dem Vorbild der Konsultationen durch Schulärzt*innen. Dadurch können beispielsweise Jugendliche, die Opfer von Mobbing geworden sind, direkten Zugang zu kompetenten Fachpersonen erhalten, denen sie sich anvertrauen können. Gleichzeitig erhält die mentale Gesundheit symbolisch den gleichen Stellenwert wie die physische, womit ein Beitrag zur Enttabuisierung geleistet wird. In unserer Vision einer post-pandemischen Welt bildet die dauerhafte Aufwertung des mentalen Wohlbefindens eine der großen Lehren auf dem Weg aus der Pandemie heraus, und dafür wollen wir uns in den nächsten Jahren einsetzen.
3 Welchen Stellenwert nimmt dieses Thema in Ihrer Mutterpartei ein? Greifen Sie das auf, was Ihre Mutterpartei versäumt hat?
déi gréng stehen für eine Gesundheitspolitik, welche die Prävention und Früherkennung von körperlichen und mentalen Krankheiten in den Mittelpunkt stellt. So haben déi gréng im letzten Wahlprogramm die Einführung eines allgemeinen, von der Krankenkasse rückerstatteten Gesundheitschecks gefordert, durch den jeder Mensch die Möglichkeit einer regelmäßig durchgeführten, umfassenden Untersuchung seines körperlichen und mentalen Gesundheitszustandes erhalten würde. déi gréng betonen außerdem den Bedarf einer grundlegenden gesellschaftlichen Enttabuisierung mentaler Krankheiten, wobei den Bildungseinrichtungen eine wichtige Rolle zukommt. Wichtig ist dabei der allgemeine Zugang zu psychotherapeutischen Behandlungen, weshalb sich déi gréng schon seit langer Zeit für deren Kostenrückerstattung durch die Gesundheitskasse einsetzen. Dies erlaubt jedem Menschen, unabhängig von seinem Einkommen, von diesem Angebot zu profitieren. Zur Prävention gehört auch die Schaffung von Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten für angehende Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen an der Universität Luxemburg. Denn nur mit ausreichend vorhandenem und gut ausgebildetem Personal kann eine umfassende Präventionsarbeit geleistet werden. Dabei muss dem Faktor Zeit in der medizinischen Nomenklatur besser Rechnung getragen werden. Im Kontext der Pandemiebekämpfung haben déi gréng die potenziellen negativen Auswirkungen der ständigen Einschränkungen auf das mentale Wohlbefinden früh thematisiert. In Bezug auf Kinder und Jugendliche haben déi gréng immer konsequent gefordert, dass die Bildungseinrichtungen so lange wie sanitär verantwortbar geöffnet bleiben, auch aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit. Abschließend lässt sich festhalten, dass den neuen Vorschlägen, die wir als déi jonk gréng erarbeitet haben und proaktiv in die Partei hineintragen, immer mit offenen Ohren begegnet wird, da das Thema der mentalen Gesundheit einen hohen Stellenwert in der Mutterpartei genießt.
Joël Back, Claire Remmy, Catherine van Rijswijck, Amy Winandy
…déi jonk Lénk
1 Wieso haben Sie sich als Jugendpartei dazu entschlossen, sich mit dem Thema „Mentale Gesundheit“ auseinanderzusetzen? Welche Motivation steckt dahinter und worum geht es Ihnen?
Als Jugendpartei der Linken haben wir die letzten Monate genutzt, um uns neu aufzustellen, neue Prioritäten zu definieren und einen Aktionsplan auszuarbeiten. Hierbei haben wir die psychische Gesundheit nicht als getrennten Schwerpunkt identifiziert, weil wir der Meinung sind, dass es sich nicht um ein Thema handelt, das in einem Vakuum betrachtet werden kann. Im Gegenteil: Im politischen Kontext, insbesondere in den von uns ausgewählten Bereichen, hat fast jede Entscheidung, die die Menschen direkt oder indirekt betrifft, einen mehr oder weniger großen Einfluss auf ihre psychische Gesundheit.
Das RKI schreibt, dass „(p)sychische Gesundheit […] eine wesentliche Voraussetzung von Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und sozialer Teilhabe“ ist. In anderen Worten, psychische Gesundheit ist eine der Voraussetzungen für die individuelle Entfaltung eines jeden Menschen, und wir als déi jonk Lénk sehen dies im Zusammenspiel mit Werten wie Empathie, Nachhaltigkeit und Solidarität als Leitfaden unserer Überlegungen.
Die entscheidende Frage ist nun, wie man mit politischen Entscheidungen einen positiven Einfluss auf die öffentliche psychische Gesundheit nehmen kann, was wiederum die Frage aufwirft, welche Faktoren Einwirkung auf die menschliche Psyche nehmen. Wenn man zum Beispiel die Seite des NHS konsultiert, findet man unter „possible causes for poor mental health“ Gründe wie Geld- und Wohnungssorgen, persönliche Beziehungen, Traumata und anderes. Als junge Linke haben wir die fünf Kernthemen – Jugendarbeitslosigkeit, ein Recht auf erschwinglichen Wohnraum, Klimaschutz, Bildung und Migration/Integration – ausgearbeitet, auf die wir uns konzentrieren wollen.
Nehmen wir kurz das Beispiel der sich immer schwieriger gestaltenden Arbeitsmarkt-integration von Jugendlichen, die sich in der konstant hohen Jugendarbeitslosenquote widerspiegelt. Hinzu kommt, dass seit Jahren die Wohnungspreise stetig in die Höhe schießen und junge Leute, insbesondere die, die nicht das Privileg haben, auf finanzielle oder materielle Unterstützung innerhalb der Familie zurückgreifen zu können, ernüchternd feststellen müssen, dass es quasi unmöglich geworden ist, ein Haus oder eine Wohnung zu mieten, geschweige denn zu erwerben. Ein weiterer negativer Aspekt ist der nicht mehr zu übersehende Klimawandel und die Tatsache, dass die jungen Bürger/innen diejenigen sind, die die Fehler der vergangenen Generationen so richtig zu spüren bekommen. Leider muss man sagen, dass es noch immer nicht geschafft wurde, die engagierten Debatten und Reduktionsziele endlich in überzeugende politische Entscheidungen umzusetzen. All dies sind Beispiele von negativen Einflüssen auf die psychische Gesundheit.
Wir sind der Auffassung, dass die in unseren Augen richtigen politischen Entscheidungen zu Fortschritten in diesen und anderen Bereichen führen könnten, was wiederum zur Verbesserung der psychischen Gesundheit der Gesellschaft führen würde.
2 andelt es sich dabei um moutarde après dîner oder sehen Sie Ihr Handeln als präventiv an?
Es ist nie zu spät, sich einem Problem zuzuwenden. Allerdings sehen wir es als erwiesen an, dass dringlicher Handlungsbedarf besteht, insbesondere, weil die aktuelle sanitäre Krise weiteres Öl aufs Feuer gegossen hat. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander, Wohnen wird immer mehr zu einem puren Luxus und die Umwelt wehrt sich immer vehementer.
Des Weiteren, ohne in eine Diskussion über sinnvolle und weniger sinnvolle Maßnahmen abzugleiten, ist es sicher, dass die politischen Entscheidungen in Folge der Pandemie, wie das temporäre Schließen der Schulen oder die Ausgangssperre, Einfluss auf die Psyche eines/einer jeden hatten und die bereits überfüllten Psychiatrien weiter belasten.
Was es also braucht, ist politischer Mut. Es reicht nicht mehr, immer nur kleine Veränderungen vorzunehmen, nur um das Unvermeidbare weiter hinauszuzögern und noch stärker gegen die Wand zu laufen. Unsere Vorschläge sind in dem Sinne präventiv, als dass wir den Menschen und die Umwelt vor den Profit stellen und einen gesamtgesellschaftlichen Richtungswechsel fordern.
3 Welchen Stellenwert nimmt dieses Thema in Ihrer Mutterpartei ein? Greifen Sie das auf, was Ihre Mutterpartei versäumt hat?
Genau wie bei uns jungen Linken steht bei unserer Mutterpartei das seelische Wohlbefinden eines/einer jeden eigentlich hinter sämtlichen Punkten im Programm, aber wird nicht unbedingt einzeln als Hauptthema aufgelistet. Indem der Mensch Vorrang hat vor dem Wirtschaftswachstum und wir uns dafür einsetzen, vom Stress des kapitalistischen Systems wegzukommen, uns für erschwinglichen Wohnraum, kürzere Arbeitszeiten, ein Recht auf Arbeit und höhere Löhne stark machen, wollen wir viele der Probleme, die die Gesellschaft plagen, beheben. Diese Haltung wird zum Beispiel vom Happiness Report untermauert, der für das Konzept der Balance zwischen wirtschaftlichen, sozialen und umweltfreundlichen Aspekten plädiert. Hier schneiden Finnland und Dänemark am besten ab, zwei Nationen, die eine bessere Balance gefunden haben als wir in Luxemburg.
Damit wir dies erreichen, setzt sich unsere Mutterpartei ja auch für weniger Militärbudget und höhere Steuern für Großunternehmen ein, um damit mehr soziale Programme zu finanzieren, wie zum Beispiel längeren Elternurlaub, eine bessere Unterstützung des Gesundheitssystems, ein größeres Angebot an psychologischer Hilfe und präventiven Interventionen sowie eine Aufstockung der Posten im Erziehungswesen, damit Kinder von Anfang an eine bessere Begleitung haben und Probleme früh behoben werden können.
Neben dem Verbessern der seelischen Gesundheit durch höhere Lebensqualität setzt sich unsere Mutterpartei aber auch für bessere gesundheitliche Versorgung ein, sowohl durch die Schaffung von weiteren Anlaufstellen, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals und der Personalaufstockung in der gesamten Branche.
Wir haben deshalb vor, mit unserer Mutterpartei auf einer Linie zu arbeiten, um wieder mehr Lebensqualität und also auch ein besseres seelisches Wohlbefinden für die jungen Generationen zu erkämpfen.
Tania Mousel, Nicolas Schmartz, Luca Schmit
…die Jugendorganisation Laika
1 Wieso haben Sie sich als Jugendorganisation dazu entschlossen, sich mit dem Thema „mentale Gesundheit“ auseinanderzusetzen? Welche Motivation steckt dahinter und worum geht es Ihnen?
Laika huet bis elo 4 Zines zu verschiddene politeschen Themen erausbruecht (deemools nach ënnert dem Numm jonk Lénk): „Work“, „No Border no Nation“, „Feminismus“ an eeben een zu psychesche Krankheeten.
Déi éischt Motivatioun, déi dohannert stécht, ass de Fait, dass vill vun eise Frënd*innen, Persoune vun eisem Ëmfeld an och mir selwer vu psychesche Krankheete betraff sinn an net driwwer geschwat gëtt. Mat eisem Zine probéiere mir mam gesellschaftlechen Tabu ze briechen, deen d’mental Gesondheet ëmmer nach duerstellt. Et ass wichteg, net eleng gelooss ze ginn, ze wëssen, wéi et de Leit ronderëm eis geet an dass et ok ass, sech sou ze fillen. Dofir ass den Titel vum Zine och „Mir mussen driwwer schwätzen“.
D’Thema seet awer och vill aus iwwert déi Welt, an där mir liewen. Leeschtungsdrock, héich Uspréch an Erwaardungen, Stress a Konkurrenzkämpf, existenziell Ängschten, Vereenzlung an Isoléierung vu Mënschen, patriarchalesch a konservativ Strukturen: Psychesch Krankheeten hunn zum Deel hir Wuerzel am Fonctionnement vun eiser Gesellschaft. Et ass dowéinst ee politescht Thema a muss och als sou eent unerkannt ginn.
Fir eis ass kloer, dass mir déi Systemer a Logicke bekämpfe mussen, déi d’Mënsche futti maachen. An engem éischte Schrëtt heescht dat: driwwer schwätzen.
Mat eisem Zine wollte mir virun allem eng Diskussioun ureegen a Betraffene weisen, dass se net eleng sinn. Et war eis wichteg, si selwer zu Wuert kommen ze loossen, well ëmmer nach virun allem iwwert Leit mat psychesche Krankheete geschwat gëtt, amplaz mat hinnen.
2 Handelt es sich dabei um moutarde après dîner oder sehen Sie Ihr Handeln als präventiv an?
Laut dem Sozialistesche Patientekollektiv si psychesch Krankheeten en Ausdrock vun enger kranker Gesellschaft an der Noutwendegkeet, de Kapitalismus ze iwwerwannen. De Problem huet seng Wuerzel also an der Gesellschaft selwer an net an den eenzele Mënschen. Et war eis wichteg, e Bewosstsi fir dësen Zesummenhang ze schafen. Mir wëllen eng radikal gesellschaftlech Verännerung am Sënn vun engem solidaresche Mateneen amplaz vun neoliberale „Wäerter“.
Psychesch Krankheeten a mental Gesondheet si keng nei Sujeten. Duerch d’Pandemie hu sech scho bestoend Tendenzen a Problemer éischter verstäerkt a sinn domat méi siichtbar ginn. Duerch de COVID-19 an deen domadder recommandéierte Social Distancing si Leit, déi souwisou schonn net vill Ënnerstëtzung haten, nach méi isoléiert ginn. Weider Suitte si beispillsweis eng Hausse vun haislecher Gewalt oder e gesteigerte Leeschtungsdrock an der Schoul.
Eist Handele kann nëmme präventiv wierken, andeems mir driwwer schwätzen, fir dass d’mental Gesondheet net weider en Tabuthema bleift. Mir wëlle vermëttelen, dass et ok ass, ëm Hëllef ze froen. Et ass net der betraffener Persoun hir Schold, wann et hir net gutt geet. Mir kämpfe fir eng solidaresch Gesellschaft, an där d’Mënsche sech géigesäiteg hëllefen an noenee kucken. Eng Gesellschaft, an där Grondbedierfnisser wéi zum Beispill en Daach iwwert dem Kapp a genuch z’iessen, also materiell, kierperlech a séilesch Sécherheeten, gedeckt sinn, wann een*t mol out of action ass.
Nieft dem Zesummenhang tëscht psychesche Krankheeten an dem Neoliberalismus war et eis awer och wichteg, iwwert Theme wéi self-care, Inklusioun an Empathie ze schwätzen. Vill betraffe Leit schumme sech fir hir Krankheet a fäerten ëm hir Aarbechtsplaz oder hiert soziaalt Ëmfeld. Et ass fir neurotypesch (also psychesch „gesond“) Persounen oft schwéier, psychesch Krankheeten ze verstoen an nozevollzéien. Vill Leit triede mat Angscht un Erkrankter erun, wat awer déi falsch Approche ass. Dofir hu mir Tipps ginn, wéi een*t zum Beispill Betraffene vun Depressiounen oder Panikattacken hëllefe kann.
3 Welchen Stellenwert nimmt dieses Thema in Ihrer Mutterpartei ein? Greifen Sie das auf, was Ihre Mutterpartei versäumt hat?
Laika bzw. deemools nach jonk Lénk ass eng stréimungsiwwergräifend, autonom, lénk Jugend-organisatioun, déi ganz onofhängeg vun der Partei déi Lénk ass.
Wéi scho weider uewen erwäänt ass eist Zil, eng radikal gesellschaftlech Verännerung, mee well dat net vun haut op muer geschéie wäert, fuerdere mir, dass d’Therapie vu psychesche Krankheeten endlech d’selwescht eescht geholl gëtt wéi déi vu physeschen a vun der Krankekeess rembourséiert gëtt. D’Behandlung vun enger psychescher Krankheet dierf kee Luxusproblem sinn!
Jugendorganisatioun Laika
Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.
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