„Was ihr euren Zusammenhalt genannt habt, erlebt nun eine Zerreißprobe, auf die ich hinarbeite, damit ihr, durch eigenes Zutun, mit meiner Hilfe endlich zugrunde geht.“1
Wir Luxemburger sind eine kleine Nation, wir kennen einander, wir halten bei Gefahr grundsätzlich zusammen. Wir sind das Land des sozialen Friedens. Menschen mit über hundert verschiedenen Nationalitäten leben friedlich miteinander. Wir sind das Land der kurzen Wege und haben Vertrauen in unsere Regierung und Institutionen. Das sind so in etwa die Klischees eines nationalen Wir-Narrativs, die immer wieder in der offiziellen Werbung für Luxemburg als Wirtschaftsstandort auftauchen, aber auch, weil stark verinnerlicht, von Luxemburgern im Ausland oder in Gesellschaft neuer ausländischer Freunde kolportiert werden. Meinungsumfragen und Copy-Paste-Artikel tragen weiter dazu bei, das Unreflektierte zu verfestigen, zum Reflex werden zu lassen.
Wie aber erklärt sich dieses Unbehagen, diese Beklemmung, ja der Zorn, die bei jedem neuen Auftritt des Premierministers in Sachen Pandemie die medialen Beobachter des politischen Geschehens aufs Neue überkommen? Das geschieht besonders dann, wenn Xavier Bettel zum wiederholten Male dazu anhebt, die typisch luxemburgischen Tugenden des Zusammenhalts und der Solidarität zu beschwören, um dann jeden einzelnen Bürger auf seine Eigenverantwortung in Sachen Einhalten der AHAL-Regeln zu verweisen als Grundbedingung dafür, dass das Virus eingedämmt wird und das Land weiter funktionieren kann. Wieso dieser Widerwillen gegen Bettels an sich vernünftig klingenden Diskurs im Rahmen des „Experiments des freiwilligen Gehorsams“, wie der Journalist Luc Laboulle die Anti-Corona-Strategie der Regierung Ende Oktober treffend charakterisiert hat? Unbehagen, Beklemmung und Zorn lassen sich damit erklären, dass diese Strategie bereits im Frühherbst vor aller Augen gescheitert ist, Bettel und die Regierung es aber nicht eingestehen wollen und bis zuletzt die Realität einer zweiten COVID-Welle verneint haben.
Schelte
Spätestens Mitte Oktober ist die zweite Welle Realität, denn da schnellen die Zahlen der täglichen Neuinfektionen in drei Wochen von 128 über 204 auf 540 hoch, auch die Zahl der Toten steigt auf beängstigende Weise. Am 23. Oktober 2020 schreibt Dhiraj Sabharwal in seinem Leitartikel im Tageblatt, der den Titel – „Ech hun och d’Flemm“ – eines Bettel-Zitats trägt: „Dass die Krankenhausleitungen inzwischen an der Politik vorbei agieren und bei der ‚Santé‘ die Ziele der Kontakt-Nachverfolgung deutlich niedriger gesteckt werden, ist demnach das Resultat fahrlässiger Politik. Der schwache Trost: Diese Regierung kann die Kontrolle nicht mehr verlieren – sie gibt sie seit Wochen auf.“
Nach Xavier Bettels Auftritt am 1. November in der Sendung „Riicht eraus“ auf Radio 100,72, ärgert sich Luc Laboulle am 6. November in seinem mit „Corona-müde“ übertitelten Leitartikel über einen „ratlosen Staatsminister“.
Der eigentlich sehr zurückhaltende Land-Journalist Pierre Sorlut lässt am 13. November auch die Zügel los: „L’impression d’inaction devant les chiffres d’infections et de décès précipite sans doute aussi dans l’incompréhension. (…) L’expectative et la fébrilité dans lesquelles, non seulement le gouvernement, mais aussi tout un chacun, sont astreints du fait d’un savoir encore lacunaire après neuf mois de crise sanitaire transforment le désarroi en défiance. Et la communication parcellaire et de type pravdienne comme Claude Meisch (DP) qui affirme, péremptoire, ce jeudi que ‚l’école n‘est pas responsable de la propagation du virus‘ au moyen de données discutables, n’invite guère à la confiance.“
Die lang erwartete Pressekonferenz von Premier Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert am 17. November, während der die Möglichkeit eines zweiten Lockdowns wie eine Drohung in den Raum gestellt wird, aber noch keine Maßnahmen in die Wege geleitet werden, bringt dann das Fass zum Überlaufen. „Halbwahrheiten“, titelt Dhiraj Sabharwal sein Tageblatt-Editorial am Tag danach, und widmet sich der Frage, „warum Bettel und Lenert dem Faktencheck nicht standhalten“.
Reporter.lu veröffentlicht am 19. November den Beitrag „CORONA-BRIEFING IM FAKTENCHECK – Die irreführenden Argumente der Regierung“.3 Als falsch stellen Laurent Schmit und Pol Reuter u. a. Bettels Behauptung bloß, bei den Intensivbetten seien leicht mehr als 50 % der Kapazitäten für die Phase 4 belegt, was keinen größeren Einfluss auf die normale Gesundheitsversorgung hätte. Und als irreführend bis falsch sei die Behauptung des Premiers, „im Vergleich zur ersten Welle sieht die Lage bei den Sterbefällen eigentlich weniger dramatisch aus. (…) Im europäischen Vergleich liegen wir im Mittelfeld.“
Dem Journalisten Diego Velazquez platzt auf Twitter regelrecht der Kragen: „Waat e Bordell déi PK iwwert Ghost-Mesuren.“4 „Keng Linn. Keng Botschaft. Kee Plang. Dofir e Chaos un Informatiounen fir ze verstoppen, daat een sech nët eenz ass iwwert de Wee no fir.“5 Und dann: „D’Bettel-Lenert Show vun haut ass eng Masterclass am non-leadership.“6
Man könnte gewiss einwenden, dass diese Kritiken allesamt aus der medialen Blase stammen, die sich auf Autopilot aufblähe. Man könnte auch auf die letzten Umfragen verweisen, die die Regierung zwar mit einem sinkenden, aber doch noch 60-prozentigen Vertrauensindiz kreditieren, und Paulette Lenert inzwischen als die Spitzenreiterin in Sachen Beliebtheit bei Politiker(inne)n anführen, und die somit eine andere Sprache sprächen. Aber ähnliche Kritiken wegen mangelnder Transparenz und lückenhafter Informationsarbeit ernten der Premier, die Gesundheitsministerin und Erziehungsminister Meisch, der in der Pandemie ebenfalls in den Vordergrund geriet, auch von anderer Seite: von der Opposition, die sich immer wieder bereit erklärt, bei genügender Aufklärung und Einbindung wichtige Krisenentscheidungen im Geiste einer „union nationale“ mitzutragen, und von etlichen Berufsverbänden, deren Mitglieder diese Entscheidungen umsetzen bis ausbaden müssen.
Bettels Welt als Vorstellung
Warum aber handelt die Regierung so? Zuerst einmal, weil Xavier Bettel in ihr verstärkt die richtungsbestimmende Person ist. Er ist schon längst kein primus inter pares mehr, sondern die Leitfigur einer Partei, die den Staat immer wieder mit napoleonischen Überrumpelungsmanövern, die in keinem Koalitionsprogramm vorgesehen sind, systematisch zu besetzen und seinem Weltbild konform aufzustellen versucht. Dass kann auch schiefgehen. So neulich der Versuch von Erziehungsminister Claude Meisch, mitten in der Krise und ebenfalls außerhalb des Rahmens des Koalitionsvertrags, einige Direktorenposten an spezialisierten Lyzeen für Nichtbeamte ohne pädagogische Erfahrung und die landesüblichen Sprachkenntnisse zu öffnen. Diesmal hatten die DP-Husaren die korporativen Widerstände im Staat und das darüber hinausgreifende gesellschaftliche Unbehagen unterschätzt. Die Geschichte hatte Ines Kurschat vom Lëtzebuerger Land schon Mitte Oktober durchaus als Ausdruck einer Tendenz richtig eingeordnet, als sie in einem Leitartikel dazu mit „Wie der DP-Staat entsteht“ titelte.
Fragt man danach, wie Bettels ideale Welt aussieht, so drängt sich das Bild einer Gesellschaft von freien Individuen auf, unter denen alles gleich gültig ist, alles erlaubt ist, soweit es dem Lustprinzip dient und dem Anderen nicht schadet, aber wo kaum etwas außer den wirtschaftlichen Verpflichtungen so richtig verbindlich oder von Bedeutung ist. Damit wird das Realitätsprinzip auf das Erbringen von gewerblicher oder erwerblicher Leistung reduziert, ja sinnentleert. Diese Welt ist eine, die nur dann heil ist, wenn sie glatt und hindernislos funktioniert, die kein Verständnis für die Brüche hat, aus denen das entsteht, was man gängig als gesellschaftliche Auseinandersetzung oder Kultur bezeichnet, und vom Tod will sie noch viel weniger wissen. Sie kennt keine freie Zeit, nur Freizeit.
Bettels Welt hat vieles gemeinsam mit dem Lebensstil einer oberen Mittelschicht und ihrer Nachahmer, wie er sich zwischen der ersten und zweiten Welle der Pandemie nach den Lockerungsmaßnahmen auf eine zuweilen ins Groteske gesteigerte Art und Weise in naturwüchsiger Selbstbezogenheit sorglos entfaltet bis entfesselt hat: Parties à gogo im Wald, in den Festungsruinen, aber besonders in den Privatgärten und -wohnungen, Menschentrauben auf den Terrassen und den Straßen vor den einschlägigen Bistrot- und Restaurantmagneten ohne jeglichen Sinn für Distanzierung, das frenetische fast zwanghafte Reisen mit Luxair und Co., der Massenansturm auf den Stausee, Staminets ohne Distanz, Ausflüge der älteren Generation in den so beliebten Nicht-Ort Supermarkt mit seinen Cafés und Tresen. Fieberhafte Mobilität, eine gesteigerte Zahl an Kontakten waren Trumpf nach zwei Monaten der Entbehrungen. Anders als es der Premier erwartet hatte, schafften es die Menschen seiner Welt nicht, sich aus Sorge für den Anderen in einer verantwortlichen und kollektiven Zurückhaltung zu üben. Sie blieben ihrem Habitus treu, stellten ihren Wohlstand zur Schau, feierten tüchtig, und bahnten so den Weg zur Tragödie, die sich jetzt in Luxemburg abspielt.
Verdrängung der Toten…
Das ist Bettels Problem. Er dachte, diese Welt, die auch seine ist, würde auf ihn hören. Hat sie aber nicht. Und ihre Nachahmer auch nicht. Aber auch nicht der Tod. Im Juni zählte das Land 110 Menschen, die an COVID-19 verstorben waren. Man kann sich noch erinnern, wie mitgenommen die Mitglieder der Regierung waren. Seit Mitte Oktober 2020 sind weit über 150 (!) Tote hinzugekommen. Aber man redet nicht mehr von ihnen. Betroffen sind hauptsächlich Menschen über 65, die weniger als 20 % der Infizierten stellen, aber nahezu 95 % der „an oder mit Covid“ Verstorbenen, wie es neuerdings nicht nur in Luxemburg in der offiziellen Sprachregelung relativierend heißt.
Der Tod ist im Diskurs der Regierung kaum präsent. In seiner Botschaft an die Bürger auf Facebook und Twitter vom 13. November, immerhin über 770 Wörter lang, verliert Bettel kein einziges Wort zum Thema, behauptet aber, man hätte die Situation noch im Griff. In der ominösen Pressekonferenz des 17. November erklärt er, dass das Leben in Luxemburg zwar noch funktioniere, aber es könne einem deswegen das Infektionsgeschehen nicht egal sein, denn die „Vulnerablen“ seien immer noch betroffen. Von Bedrohung und Betroffenheit ist die Rede, von Toten spricht er nicht. Auch die Gesundheitsministerin benennt das Thema nur indirekt, spricht von fehlenden Statistiken in Sachen Komorbidität, erklärt dann, sie wisse auch nicht, wie es in den anderen Ländern in der Beziehung aussehe, erwähnt Gespräche mit den Spitälern, und erklärt, Zahlen zu einer eventuellen erhöhten Sterblichkeitsrate, die man nicht wolle, gebe es auch nicht, so dass man das erst nach der Krise erörtern könne.
In der Pressekonferenz vom 23. November7, als die Umsetzung der Lockdown-light-Maßnahmen endlich angekündigt wird, verlieren Bettel und Lenert wieder kein einziges Wort über die immer zahlreicheren Toten. Bettel behauptet, ohne mit der Wimper zu zucken, die Situation sei noch immer „stabil, aber nicht katastrophal“. Die „Handbremse“ werde jetzt gezogen, „um uns Luft nach oben zu geben“ – das alles sozusagen in Antizipation dessen, was kommen könnte, von dem die Regierung aber noch eine Woche zuvor behauptete, es sei nicht vorhersehbar gewesen. Man habe diese Maßnahmen nicht vorher getroffen, weil man immerhin bisher, wenn auch mit einiger Mühe und im Respekt des Social Distancing, dessen Regeln „jedem ja bewusst“ gewesen seien, in Luxemburg noch ein „normales Leben“ mit einigen Einschränkungen habe führen können. Daher sei es nicht zu einer exponenziellen Steigerung der Neuinfektionen gekommen, sondern zu einem Einpendeln auf hoher Ebene, wenn auch mit leichten Rückgängen, so die Argumentation.
Lenert sagt kurz darauf etwas anderes, dass es nämlich keine Tendenz nach unten gäbe, dass die Zahl der Neuinfektionen sich nur einpendele, die Analysen der Kläranlagegewässer aber keinen Rückgang der Verbreitung des Virus anzeigen. Das alles, ohne dass diesmal ein Journalist eine bohrende Frage dazu stellt. Der Historiker Benoît Majerus bringt diese Aussagen stante pede in einem Tweet auf den Nenner: „Lëtzebuerg ass dat éischt westeuropäesch Land wat méi Doudeger wärend der zweeter wei wärend der éischter Well hat, mä trotzdeem nëmmen #lightlockdown an dat schéngt fir d’Majoritéit vun de Leit och ok sou #banalisationdelamort“.8
… und der Lebenden
Schönreden und relativieren, um keine Panik aufkommen zu lassen, Warnungen und Empfehlungen aussprechen, aber schon im Voraus die Schuld eines eventuellen Scheiterns auf eine uneinsichtige Gesellschaft abwälzen (was Pol Schock einmal die „Individualisierung der Schuld“ nannte), glauben machen, dass der jetzige Verzicht den Menschen vielleicht später im Dezember ein sorgenfreieres Weihnachten à la luxembourgeoise bescheren könnte, das ist bei aller legitimen Sorge um das weitere Funktionieren von Wirtschaft, Gesundheits- und Unterrichtswesen eine die Bürger infantilisierende Haltung.
Das aber ist für Bettel allemal erträglicher als gegen das Naturwüchsige in seiner ureigenen Welt vorgehen zu müssen. Als er am 17. November die befristete Schließung des Horeca-Sektors als eine der möglichen neuen Lockdown-Light-Maßnahmen anführt, überschlägt sich seine Stimme, wie sie sich immer wieder überschlägt, wenn er innerlich in die Defensive gerät, seinen innersten Gewohnheiten und Überzeugungen Gewalt antun muss, und verurteilt im Voraus und noch im selben Satz aufs Vehementeste jede Anwandlung einer Stigmatisierung der Wirte. Wenn vorauseilende Selbstverteidigung in alle Richtungen ein Gesicht hat, dann sieht sie so aus.
Man kann sich schlecht vorstellen, dass der Premier das lustige Treiben in den Urban-Life-Hotspots, die ja ein Teil seiner Welt sind, nicht gesehen hätte. Hat er sich wohl einmal die Frage gestellt, ob die Unzahl vor allem jüngerer Menschen zwischen 20 und 39 – 30 % der Infizierten, 0 % der Toten, unter ihnen viele, die sich erst vor einer eher kürzeren Zeit in Luxemburg niedergelassen haben – überhaupt von der Regierungskommunikation erreicht werden? Diese Menschen, jung und allein nach Luxemburg gekommen, wollen so oft wie möglich raus aus ihrer beklemmenden (und überteuerten) Wohnsituation, oft nach aufreibenden Arbeitstagen, die sie wiederrum oft genug im Homeoffice verbracht haben. Und weil weder die letale Gefahr noch die leicht bremsende intergenerationelle Rücksicht – u. a. der vorsichtigere Umgang mit den Älteren – sie vor Ort betreffen, treffen sie sich unter sich in jenen in Politik und Investorenkreisen gut vernetzten Hipster-Lokalen, von denen inzwischen jeder weiß, dass sie nicht wegen Bagatellen, sondern wegen wiederholter und z. T. grober Nichteinhaltung der für den Horeca-Sektor geltenden Regeln protokolliert worden sind.
Aber solche gesellschaftlichen Fragen sind, ebenso wie der Zusammenhang zwischen rapiden Neuinfizierungsherden und sozialer Benachteiligung, längst aus dem Regierungsdiskurs verschwunden. Schon während der ersten Welle im Frühsommer hatte die Regierung die Dimension der sozialen Benachteiligung nach der Entdeckung von Clustern im Süden des Landes rapide aus dem offiziellen Diskurs verbannt, weil sie Stigmatisierungen befürchtete. Als ob solchen Stigmatisierungsanwandlungen durch Transparenz und legitime Fragestellungen nicht eher Einhalt zu gebieten wäre als durch das Nähren von Gerüchten!
Erschwerte Resilienz
Zudem strapaziert die Regierung den gesellschaftlichen Zusammenhalt, den sie eigentlich, während die Krise noch andauert, als Triebfeder der kollektiven Resilienz für die Zeit nach der Krise stärken, ja, neu erfinden müsste. Denn es muss jetzt schon den neuen Kräfteverhältnissen entgegengesteuert werden, die wegen des hohen Kapitalzuflusses nach Luxemburg seit dem Frühsommer ausgebrochen sind und die aus den verstörend unverhohlen ausgetragenen Kämpfen noch hervorgehen werden. Da geht es immer offensichtlicher um Anteile am Wohnungs- und Immobilienpark sowie an großen Betrieben, aber auch um Einfluss auf die politischen Orientierungen des Staats. Die Finanzierung der Teilzeitarbeit, die angestiegene Arbeitslosigkeit, die Kompensation der stark beanspruchten Krankenkassen durch den Staat und die Erhöhung des Mindestlohns sind in der Hinsicht positive, wenn auch rein palliative Maßnahmen. Und da die Rechnung für diese Maßnahmen und für jene, die dem rein sanitären Schutz der Bevölkerung dienen, teuer sein wird, müsste Luxemburg ab 2021 und darüber hinaus gerechtigkeitshalber seine besser und viel Verdienenden, inklusive HNWIs und Family Offices, höher besteuern sowie an Solidaritätssteuer und Sozialbeiträgen schrauben. Aber nein, Bettel gaukelt den Menschen zurzeit vor, wie bei seinem 100,7-Interview, es werde wahrscheinlich bestenfalls beim Status quo bleiben, weil man sich die mit Entlastungen der Einkommenssteuer verbundene seit 2018 vorgesehene Reform nicht leisten könne.
Ob Bettel und seine liberalen Freunde sich nach der Krise mit solch einer Welt abfinden werden, die nicht die ihre ist und die ihrer Welt zu viel abverlangt, ist zweifelhaft. Es könnte also sein, dass Luxemburg nach der Krise recht schnell wegen der Frage der Finanzierung von Staat und Sozialstaat vor der politischen Alternative „soziale Marktwirtschaft“ oder „(Ordo)liberalismus“ steht. So wie das Luxemburger Wirtschaftsmodell inklusive Umverteilung aufgestellt ist, die Dynamik der Bereicherung verläuft und das (ordo)liberale Element bis in die größte Oppositionspartei parteiübergreifend stark verankert ist, wird der demokratische Gegenwind mit sozialer Komponente quer durch Parteien und Gesellschaft sehr stark sein müssen, damit sich ein neuaufgestellter Sozialstaat, der weiterhin diesen Namen verdient, wirksam im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts und darüber hinaus behaupten kann. Ansonsten wehe den Klein- und Durchschnittsverdienern und den von Corona Gebeutelten.
- Zitat aus einem Beitrag von Hans Hütt, der das Coronavirus sprechen lässt: https://www.sueddeutsche.de/kultur/corona-licht-an-hans-huett-1.5126244 (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 25. November 2019 aufgerufen).
- https://tinyurl.com/yy8fezp7
- https://tinyurl.com/y3bovamj
- https://twitter.com/diego_bxl/status/1328666021377544193
- https://twitter.com/diego_bxl/status/1328705238652563459
- https://twitter.com/diego_bxl/status/1328667904515207171
- Nachzuhören bei https://www.100komma7.lu/podcast/326093
- https://twitter.com/MajBen/status/1330940832212512768
Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.
Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!
