Bimmermann von Cornel Meder
ein Buch mit 14 Kurzgeschichten
Bimmermann. Was versteckt sich wohl hinter diesem Titel? Cornel Meder lüftet das Geheimnis in der ersten seiner vierzehn Erzählungen.
Es ist der Nachname einer Familie, ein Vater mit fünf erwachsenen Söhnen, die nur kurz in der Nachbarschaft des jungen Marmann, dem Hauptprotagonisten dieser ersten Handlung, in einer Art „Burg“ wohnt. Sie verlassen ihre Heimat von einem Moment zum anderen und niemand vermag etwas über ihrem Verbleib zu sagen. Bereits vor ihnen hat dasselbe Schicksal eine Gruppe von Russen ereilt, die sich im selbigen Haus niedergelassen hatten. Diese Vorkommnisse beschäftigen den heranwachsenden Marmann dermaßen, dass dieser jahrzehntelang bis kurz vor seinem 50ten Geburtstag an einem Buchprojekt zu den Russen, den Bimmermanns, ihrem Haus und der für ihn so wichtigen Zeitepoche arbeitet, dieses aber dann erfolglos aufgibt. Und wohl nie ganz darüber hinwegkommt, nicht herausgefunden zu haben, welches Schicksal die Familie Bimmermann wie auch die Russen ereilt hat.
In weiteren Geschichten wechselt der Autor vom kurzen Erzählmodus ins lebendigere Kommentieren, das seinen satirischen Blick auf die Gesellschaft, den man Herrn Meder gerne zuspricht, mehr und mehr zu perfektionieren scheint.
Die passagenweise liebliche Sprache („Geschichtchen“) wechselt sich ab mit einer sehr humorvollen Darstellung („zum Ausbuchstabieren von Erzählkünstlereien“), deren eigene Wort- und Satzkreationen einen zum Niederschreiben verleitet. Manch eine Passage ist es wert, mehrmals gelesen zu werden. Nicht nur um dem subtilen Humor des Autors etwas länger genießen zu können, sondern auch um die Kurzgeschichte in ihrer Gesamtheit zu umreißen und die Sprachgewandtheit des Autors in ihrer vollen Pracht sich entfalten zu lassen.
Eine autobiographische Wendung findet sich vor allem in der dritten Geschichte, die auf beeindruckende Art und Weise das Leben und Schaffen eines jungen Mannes namens Reitz zusammenfasst. Fast parallel scheinen die Lebensbahnen des Protagonisten mit der des Autors zu laufen. Und gar der zweitletzte Satz deckt wohl eine der Lebensweisheiten des Autors auf: „Dass man ein Schreiber sein kann, ohne ein Schriftsteller zu sein.“
Weiter geht es auf humorvolle Art und Weise und der Schalk saß dem Autor wohl mehr als einmal im Nacken beim Niederschreiben dieser 14 Geschichtchen. Anders kann man sich dieses Aneinanderreihen wunderbar listiger Satz- und Wortkreationen wie auch pläsierlicher Erzählungen wohl kaum erklären. Mal stehen diese im Kontext mit unliebsamen Schwiegermüttern und deren unliebevollen Töchtern. Mal geht es um einen Legendenerzähler namens Pätter, einem Rennradsportler namens Flix, einem Karrieremensch, der über seine eigenen Füsse stolpert und schlussendlich ein gewisser Welter, ein Neffe von Pillatsch – „ein Student von Akademias Gnaden, der nach Meringen kommt – nicht, um seinen Onkel zu besuchen, dafür aber, um eine sehr junge Witwe mit seinem Sturm und Drang zu beglücken.“
Cornel Meder ist ein wahrer Wortkünstler, dessen Geschichten man immer wieder aufs Neue lesen kann und dabei Wortkonstrukte wie auch inhaltliche Feinheiten entdeckt, die einem wohl auf den ersten Blick verwehrt bleiben.
Die Vita von Cornel Meder, Jahrgang 1938, zeichnet sich durch viele interessante Etappen aus. Hier eine kurze Auflistung seiner Aufgabenbereiche, die seine Leidenschaft für die Sprache und das geschriebene Wort sehr beeindruckend reflektiert: Gymnasiallehrer, Schuldirektor, Direktor des Staats- später Nationalarchivs, Autor von zahlreichen Büchern und Theaterstücken, Gründer der Autorengruppe Impuls sowie deren Publikumsreihe, Mitgründer der Zeitschrift doppelpunkt, Initiator der Mol-Reihe, Herausgeber der Kulturzeitschrift Galerie, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift Weimar-Jena, Mitglied des LSV. Er richtete eine Sektion für die Erforschung der Luxemburger Literatur im Nationalarchiv ein, aus der 1995 das Literaturarchiv in Mersch entstand. Für seine grenzübergreifende Kulturarbeit wurde er 1999 mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet.
Martine Horsmans
Bimmermann, Cornel Meder, Verlag Galerie, Differdange 2017
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