Brief an Josep Borrell Fontelles

Herrn Josep Borrell Fontelles
Hoher Vertreter der EU für Außen-
und Sicherheitspolitik /
Vizepräsident der Europäischen Kommission
Europäische Kommission
Rue de la Loi 200
1049 Brüssel
Belgien

 


Sehr geehrter Hoher Vertreter und Vizepräsident,

als Anlage übermittle ich Ihnen eine Kopie meines Schreibens an den Präsidenten der Volksrepublik China, Xi Jingping. Darin setze ich mich für den wohlbekannten uigurischen Wissenschaftler Prof. Ilham Tohti ein, der sich seit 2014 in Haft befindet und aufgrund von Beschuldigungen wegen separatistischer Betätigung eine lebenslange Strafe verbüßt. Ihm wurden 2019 der Václav-Havel-Menschenrechtspreis und der Sacharow-Preis für geistige Freiheit verliehen. Außerdem appelliere ich im Zuge einer von der ACAT Luxemburg initiierten Kampagne an Sie, die Maßnahmen der Europäischen Union zur Unterstützung von Ilham Tohti zu verstärken und Ihre Stimme gegen die katastrophale Situation der Menschenrechte in Xinjiang zu erheben.

Es hat mich erschüttert, zu erfahren, mit welcher Intensität China seine Kampagne der massenhaften Internierung und der politischen und kulturellen Zwangsassimilierung der Uiguren in der genannten Region und anderer überwiegend muslimischer ethnischer Gruppen vorantreibt. Nach Schätzungen werden über eine halbe Million Menschen in Sammelhaftlager und Zwangsarbeitslager gesperrt, die der chinesische Staat als „Umerziehungs- und Berufsbildungslager“ bezeichnet. Die Europäische Union muss in jeder ihr möglichen Weise tätig werden, um zu erreichen, dass der chinesische Staat eine Abkehr von dieser Politik der systematischen Verletzung der Menschenrechte vollzieht. Wie Sie selbst mehrfach erklärt haben, gehört die Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zur Grundlage der EU-Politik der internationalen Zusammenarbeit. Die Verbesserung der Handelsbeziehungen zu China darf nicht auf Kosten der Grundrechte gehen. Ich hege die große Sorge, dass solche Überlegungen in den Hintergrund gedrängt werden durch die derzeitigen entschlossenen Bestrebungen, das umfassende Investitionsabkommen zwischen der EU und China auf den Weg zu bringen.

Aus den genannten Gründen fordere ich Sie dringend auf,

  • die chinesischen Staatsorgane darum zu ersuchen, Ilham Tohti und alle anderen Menschenrechtsaktivisten, die allein wegen ihrer friedlichen Wahrnehmung der Meinungsfreiheit in Haft gehalten werden, unverzüglich und ohne Bedingungen freizulassen und die so genannten Umerziehungslager zu schließen,
  • zu verlangen, dass dem Hohen Kommissar der VN für Menschenrechte die Erlaubnis zum Besuch von Xinjiang und insbesondere ein unbeschränkter Zugang zu allen Haftlagern in dieser Region gewährt werden,
  • Produkten, die in chinesischen Umerziehungslagern hergestellt worden sind, den Zugang zu den Märkten der EU zu verwehren,
  • auf höchster Ebene beharrlich Druck auf die chinesischen Staatsorgane auszuüben, damit sie ihrer kürzlich erklärten Selbstverpflichtung zu „stetigen und anhaltenden Bemühungen“ im Hinblick auf die Ratifizierung sämtlicher grundlegender IAO-Übereinkommen, die Zwangsarbeit betreffen, nachkommen,
  • mit der gebotenen Dringlichkeit Folgemaßnahmen zu den sonstigen Forderungen in den Entschließungen des Europäischen Parlaments vom 19. Dezember 2019 und vom 17. Dezember 2020 zu treffen, die die Lage der Uiguren im Autonomen Gebiet Xinjiang zum Thema haben.

Mit vorzüglicher Hochachtung

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