- Gesellschaft, Politik, Suffizienz
Darf es ein bisschen weniger sein?
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem Büfett. Die Teller und Schalen darauf sind bis zum Rand gefüllt, die Schlange hinter Ihnen verlängert sich minütlich. Jeder will wenigstens ein Stück Kuchen abbekommen. Wer genug Geld zahlt, darf sich so viel aufladen, wie er essen kann. Nein, sogar mehr als das. Das ist die Spielregel beim Büfett.
Nun kommen Sie eines Tages an Ihr Büfett und es steht ein Schild auf dem Tisch: Sie dürfen nur so viel auf Ihren Teller laden, wie Sie tatsächlich essen können, damit für die anderen noch genug da ist. Wären Sie damit einverstanden oder würden Sie randalieren?
Mit dem Büfett ist es wie mit der freien Marktwirtschaft: Wer hat, der kann, so funktioniert das Grundprinzip. Kein Wunder, dass die bloße Idee einer Beschränkung – sei es fürs Klima oder als Resultat einer Konsumkritik – wie ein regelrechter Beschiss daherkommt. Seit jeher ermutigte uns die kapitalistische Welt dazu, aus jedem Lebensbereich ein Maximum herauszuholen, immer höher, schneller, weiter. Und nun sollen wir uns Grenzen setzen? Noch dazu für andere? Sogar für jene, die es noch gar nicht geschafft hatten, einen Platz am Esstisch zu ergattern?
Wir haben uns bei der Produktion dieser forum-Ausgabe viele Gedanken um selbst- und fremdauferlegte Grenzen gemacht. Um die Rolle der Gemeinschaft. Um die Verantwortung, die manche gegenüber anderen tragen. Und um die Frage: Wie viel ist genug?

Gebündelt finden Sie einige dieser Überlegungen in unserem aktuellen Dossier: Die Schreibenden präsentieren darin verschiedene Lösungen der Suffizienz – einem Bereich der Nachhaltigkeitsforschung, der sich auf die Suche nach dem Genug macht und der sich für einen sparsamen Umgang mit begrenzten Ressourcen einsetzt. Wie viele andere Nationen hat auch Luxemburg in diesem Bereich Nachholbedarf: Erst Mitte April musste die Regierung den nationalen Klimaplan nachjustieren, damit die Emissionsziele bis 2030 zumindest ansatzweise realisierbar bleiben. Doch wie weit sind wir bereit, dafür zu gehen?
Auch im Rest des Heftes erkunden unsere Autoren und Autorinnen die Grenzen der Gemeinschaft, wenn auch aus einem anderen Blickwinkel: Andrea Di Ronco von Info-Handicap analysiert den Fortschritt der von der Regierung angekündigten Inklusionsmaßnahmen. Sandrine Gashonga von Lëtz Rise Up erklärt die Bedeutung sogenannter Mikroaggressionen im Gesamtsystem des gesellschaftlichen und institutionellen Rassismus; und Yoon Penning debattiert im „Mediensplitter“ über die Frage, ob auch Satire Grenzen haben sollte.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen unsere letzten Veranstaltungen der Diskussionsreihe public forum ans Herz legen: Am 25. April diskutierten unsere Gästinnen am Mierscher Kulturhausüber die Inklusion behinderter Kunstschaffender, die Aufzeichnung des Abends können Sie auf unserem Youtube-Kanal ansehen. Am 16. Mai dreht sich in den Rotondesdagegen alles um Identität made in Luxembourg. Mehr Infos dazu finden Sie im Heft und im Anschluss auf Video.
Bis dahin wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
Auf bald,
Rebecca Baden
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