Das Gesetz fehlt immer noch

Regierungsbilanz und Aussichten für den Denkmalschutz

Im Denkmalschutz gab es in den letzten fünf Jahren fast keine Bewegung. Das von den DP-Kulturministern Maggy Nagel und Xavier Bettel bzw. dessen Staatssekretär Guy Arendt seit dem Regierungsantritt 2013 angekündigte „Kulturschutzgesetz“ blieb aus. Teilweise wurde es – enger gefasst – auch nur als „Denkmalschutzgesetz“ bezeichnet, was bedeuten würde, dass es nur das gebaute Erbe umfassen würde, nicht Archäologie, nicht immaterielles Erbe, nicht Kunstobjekte. Dabei war die neue Regierung ambitioniert gestartet und hatte eine Arbeitsgruppe mit Vertretern diverser Ministerien, der Zivilgesellschaft und der Universität gegründet, die rund 15 Mal tagte. Dort wurde um viele Formulierungen im neuen Gesetz gerungen. Trotz der Zusage, dass die Gruppe erneut zusammen kommen würde, wenn der Text finalisiert sein würde, fand nach Juli 2015 kein einziges Treffen mehr statt.

Gleiches gilt für eine Gruppe, die den Erhalt der Querbauwerke im Auge hatte – nach einem einzigen Zusammenkommen, bei dem auch die Umweltministerin zugegen war, wurden vom Kulturministerium keine Informationen mehr weitergegeben. Die beratende Kommission zur Unterschutzstellung von Gebäuden (COSIMO) konnte im Jahr 2016 fünf Monate lang nicht tagen, weil die Regierung keine neuen Mitglieder berufen hatte.

Das Parlament war derweil aktiver: Dort wurde die Ratifikation von drei internationalen Abkommen über Archäologie, UNESCO-Kulturerbestätten und Denkmalschutz durchgesetzt, was die CSV jahrzehntelang versäumt hatte. Engagiert war hier vor allem der DP-Abgeordnete André Bauler.

Auf Gemeindeebene konnten das Wichtelhaus in Beggen und das Haus Bourg-Gemen auf dem Limpertsberg gegen den Widerstand der DP-Bürgermeisterin Lydie Polfer (vorläufig) gerettet werden.

Dagegen wurde in Keispelt, Kehlen und Nospelt ein historischer Bauernhof nach dem anderen abgerissen – bis sich eine Bürgerinitiative gründete und Rabatz machte. In Diekirch steht in der Rue des Fleurs statt eines nationalen Denkmals nun ein hässlicher Neubau, in Echternach wurde das Duchscher-Haus ohne Not zerstört, in Differdange das Nicloushaus abgerissen. Auch das Verhalten der früheren Kulturministerin Octavie Modert (CSV) beim Abriss der Topffabrik in Echternach kam im Parlament noch einmal zur Sprache – dank dem Sozialisten Franz Fayot.

Nach den Vorgaben des Innenministeriums mussten die Gemeinden in den Flächennutzungsplänen (PAG) schützenswerte Objekte ausweisen. Das klappte mal besser (Tandel), mal schlechter (Mamer). Dieser kommunale Schutzstatus ist jedoch kein Denkmalschutz. Gebäude mit kommunalem Schutz müssen nicht im Original erhalten bleiben. Abriss bleibt möglich. Damit ist dieser Schutzmechanismus höchstens ein „Verunstaltungsschutz“. Zudem kann ein PAG nach sechs Jahren abgeändert werden, oder bereits früher über eine „modification ponctuelle“. Somit ist der kommunale Schutz nicht von Dauer. Der nationale Schutzstatus für Denkmäler gilt dagegen unbefristet.

Um schützenswerte Objekte zu finden und begründen zu können, braucht es ein wissenschaftliches Inventar. Die Regierung hat nun erstmals eine systematische Inventarisierung begonnen, dabei wurden die ersten Gemeinden abgeschlossen (Larochette, Fischbach). Leider sind entsprechende Publikationen zwar in die Nationalbibliothek gelangt, aber nicht in die Buchhandlungen. Die Regierung schaffte es nicht ihre (kleinen) Fortschritte in der Denkmalschutzpolitik zu vermitteln und zu „verkaufen“. Peinlich ist auch, dass das Gesetz, das in der ablaufenden Legislatur am meisten für den Denkmalschutz getan hat, das Naturschutzgesetz war. Es führte die Regelungen ein, dass Bauernhöfe in der Grünzone nur dann aus- und umgebaut werden dürfen, wenn sie unter Denkmalschutz stehen. Damit erweist sich Naturschutzministerin Carole Dieschbourg als erfolgreichste Bewahrerin der Baukultur der amtierenden Regierung. Zum Schluss sei anzumerken, dass die Denkmalschutzbehörde (Service des sites et monuments nationaux) und der Service de l’Inventaire (im Aufbau) kontinuierlich gut gearbeitet haben und etliche Kunstwerke aus der Luxemburger Geschichte vor den Abrissbaggern der identitätsverweigernden Bürgermeister im ganzen Land retten konnten. Manchmal gab es dafür sogar die Unterstützung der Regierung. Über die folgenlosen „Assisen“ soll hier kein Wort verloren werden, da es Showveranstaltungen blieben. Noch ist die Regierungszeit nicht vorüber, aber es könnte so ausgehen, dass die CSV 2008 – 2013 mehr Gebäude national als Denkmal geschützt hat als die DP 2013 – 2018.

Was kommt auf die neue Regierung zu?

I. Sie muss zunächst das Kulturschutzgesetz („Denkmalschutzgesetz plus“) auf den Weg bringen – unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Dabei muss das Untersschutzstellungsverfahren einfacher sein als bisher und mehr Rechtssicherheit bieten. Das hilft allen Seiten. Zudem sollte das Verfahren entpolitisiert sein.

II. Die neue Regierung muss den Service de l’Inventaire personell besser ausstatten und als neuen Service installieren neben Archäologie und Denkmalpflege (Service des sites et monuments nationaux). Alle drei Bereiche sollten dann Säulen sein in einer neuen Administration du Patrimoine. Hier kann sich der neue Minister/die neue Ministerin gleich für immer verewigen – wer darf schon eine neue Administration ins Leben rufen?

III. Die COSIMO sollte häufiger und transparenter tagen. Ziel muss es sein, die 5000 schützenswerten Objekte im Land innerhalb von fünf Jahren national zu schützen – bisher sind es rund 1300 Stück.
Es fehlen also noch rund 3700 Objekte auf der Schutzliste. In unseren Nachbarländern sind die Schutzlisten abgeschlossen.

IV. Die Publikationen und Ratgeber der Kulturschutzbehörden sollten nicht nur in französischer Sprache, sondern auch in deutscher Sprache verfasst sein. Die französische Fachsprache verstehen manche Menschen nicht und viele jüngere Leute lesen lieber auf Deutsch (oder Englisch). Die Bände über die Inventarisierung einzelner Gemeinden sind bereits auf Deutsch. Sie sollten aber bessere Verbreitung finden und im Buchhandel verkauft werden.

Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.

Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!

Spenden QR Code