Denn sie wissen nicht, worüber sie lachen: Über Satire und Rassismus

Mediensplitter

Von Jordan Peeles Oscar-gekröntem Get Out bis hin zum satirischen Wochenrückblick in Luxemburger Medien: Satire ist ein Instrument, mit dem wirtschaftlichen und politischen Institutionen ein Spiegel vorgehalten wird. Durch das emanzipatorische Potenzial erhöht sie das Bewusstsein für soziale Widersprüche, auch im Zusammenhang mit dem Erleben von race als soziokulturelle Kategorie.

Allerdings ist Satire nicht unfehlbar. Durch die Mehrdeutbarkeit von satirischem Humor ist schwer erfassbar, ob es sich bei einem Film, einem Artikel oder einer Kolumne um eine gerechtfertigte Kritik handelt oder ob der Inhalt destruktive Tendenzen kultiviert oder sogar rassistische Ideologien verstärkt. 

Satire verspottet und übertreibt. Nicht selten bedient sie sich dabei rassistischer Stereotypen, um politische Ereignisse zu kommentieren. Martin Sonneborn, Europa-Abgeordneter der Partei „die PARTEI“, nutzte auf einem satirischen T-Shirt-Aufdruck etwa das zur Verspottung genutzte Klischee, dass Asiat:innen das R nicht aussprechen können. Es mag nicht immer böse gemeint sein: Doch wie eine solche Kunstform ankommt, hängt nicht nur von der Zusammensetzung des Publikums ab, sondern auch davon, wie die racial identity der Autor:innen wahrgenommen wird.

Kritik entsteht beispielsweise dann, wenn Weiße Autor:innen – also Mitglieder der historisch dominanten Gruppe – traditionell marginalisierte Gruppen zum Ziel ihrer Punchline machen. Selbst eine anti-rassistische Intention riskiert unterzugehen, wenn das Publikum die Botschaft missversteht und das Lachen allein dem rassistischen Witz gilt. Doppelt verletzt fühlen sich dann Betroffene: durch den Rassismus selbst und durch das ungehemmte und unüberlegte Lachen ihrer Mitbürger:innen, wenn diese sich durch die Darstellung in ihren eigenen rassistischen Vorurteilen bestätigt fühlen. Diese Verletzung kann übrigens auch dann entstehen, wenn Autor:innen einer stereotypisierten Gruppe selbst solche Witze machen, um damit ein mehrheitlich Weißes Publikum zu belustigen.

Diese vielfältigen Nuancen und Sichtweisen sollten berücksichtigt werden, bevor als Antwort auf Kritik ein simplistisches „Satire darf das“ geäußert wird. Etwas Beleidigendes oder Diskriminierendes verwandelt sich nicht in etwas Cleveres, Lustiges oder sozial Relevantes, nur weil es unter dem Deckmantel von Satire verkauft wird. Die bloße Behauptung, dass es sich bei einem Werk um Satire handelt, befreit den oder die Autor:in nicht automatisch von Vorwürfen und Kritik. Diejenigen, die sich durch rassistische Satire verletzt fühlen, verdienen es, Gehör zu finden – und das ohne herablassende und pseudointellektuelle Kommentare.

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