Downhill: Auf der Suche nach der Strecke

Die Sportart des Downhills ist nicht nur eine der zahlreichen Unterdisziplinen des Mountainbiken, sondern ist auch als eine Erweiterung der für das Mountainbiken charakteristischen Elemente zu betrachten. Es handelt sich um eine „Race-Disziplin“, bei der das Absolvieren einer technisch anspruchsvollen Strecke in kürzester Zeit das oberste Ziel darstellt. Gespickt mit Wurzel- und Steinpassagen, größeren Sprüngen sowie Steilhängen, verlangen diese Strecken dem Fahrer höchste Konzentration und fahrerisches Können ab. Die wichtigste Differenz zum Mountainbiken ist der Umstand, dass die Strecken einzig bergab verlaufen. Die Fahrräder, in der Szene als „Bikes“ bezeichnet, sind folglich für teilweise extreme Belastungen konzipiert: Effiziente Federelemente, ein robuster und möglichst leichter Rahmen und große Scheibenbremsen zeichnen diese Fahrräder aus. Der Fahrer selbst ist geschützt durch einen Integralhelm, Fahrradbrille, Handschuhe, Knie- und Ellenbogenschoner. Auch ist ein Nackenschutz seit einiger Zeit im Repertoire der meisten Passionierten zu finden.

Die Gründe sind unterschiedlich, weshalb dieser Sport in Luxemburg (noch) nicht auf seine Kosten kommt. Die Downhillszene in Luxemburg ist bestenfalls als „überschaubar“ zu bezeichnen. Wenige kennen die Sportart, noch weniger praktizieren sie. Die geringe Bekanntheit dieses Sports führt im Großherzogtum zu einem Problem: Es gibt kaum Orte, um den Sport zu praktizieren. Dieser Aspekt markiert den Start einer Kausalkette: Der Mangel an Strecken führt zum Bau illegaler „Trails“ (Fachjargon für Strecken), was verständlicherweise zu Auseinandersetzungen mit Förstern und Grundstücksbesitzern führt. In der Szene ist die Existenz einiger dieser Strecken allgemein bekannt, zum Teil werden sie auch geduldet, der Standort anderer wird jedoch geheim gehalten, um einen möglichen Abriss oder sogar rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Es gibt jedoch auch Initiativen, welche diesen Trend kontern. In Reckange/Mess wurde Ende 2013 der erste Downhillclub des Landes gegründet und der Bau einer offiziellen Piste sowohl von den Grundstücksbesitzern, dem Pächter, der Gemeinde und dem Umweltministerium genehmigt. Ein großer Schritt in der nationalen Szene! Die Mitglieder können hier ungestört und versichert ihrer Passion nachgehen.

Ein zentraler Aspekt der Diskussion ist offensichtlich die Topografie. Ausschließlich bergab führende Strecken verlangen ein Terrain, das diesen Anforderungen gerecht wird. Wenn man beachtet, dass verschiedene professionell angelegte Abfahrten Amateuren nicht selten 15 bis 20 Minuten Konzentration abverlangen, kann es sich bei dem gesuchten Terrain fast nur um einen Berg handeln. Es verwundert also kaum, dass Länder wie Frankreich, Österreich oder die Schweiz die meist besuchten Strecken Europas bieten. Luxemburg verfügt schlicht und ergreifend nicht über die Topographie, um Strecken eines solchen Standards zu bieten. Trotzdem besteht die Möglichkeit, schöne Strecken, vor allem im hügeligen Norden des Landes, anzulegen. Diese wären nicht mit professionellen „Bikeparks“ (Sportstätten für Mountainbiker, die mit abfahrtsorientierten Strecken ausgestattet sind und Aufstiegshilfen erfordern1) zu vergleichen. Sie wären eine enorme Bereicherung für die Downhillszene in Luxemburg und könnten je nach Größe und Vermarktung auch im nahen Ausland Interesse wecken.

Da Downhillbikes sich kaum bis gar nicht für Bergauffahren eignen, zeichnet eine gute Strecke sich durch bequeme Beförderungsmöglichkeiten zum Start der Strecke aus. Wer hätte schon Lust, nach jeder Skiabfahrt sich mühselig wieder auf die Bergspitze zu kämpfen?

Aus diesem Grund entstehen Bikeparks oftmals in Skigebieten. Die bestehende Infrastruktur wird genutzt, um die Sommerzeit zu „überbrücken“ und die Downhiller bequem zu befördern.

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass Bikeparks die Sommerzeit schon lange nicht mehr nur „überbrücken“; sie haben sich zu einer wesentlichen Einkommensquelle der Tourismusbranche entwickelt. Diese bei uns (fast) fehlende Infrastruktur trägt dazu bei, dass Luxemburg eines der wenigen europäischen Länder ist, das über keinen Bikepark verfügt. „Fast“, da in Vianden ein Sessellift besteht, auch die Topographie würde sich hervorragend für das Anlegen einiger Strecken eignen!

Die Einrichtung eines solchen Parks ist allerdings eng verbunden mit naturschutzrechtlichen Auflagen, die bereits weitaus weniger aufwendige Projekte im Land zum Scheitern verurteilt haben. Daraus resultiert eine pessimistische Einstellung legalen Projekten gegenüber, schnell breitet sich eine „das klappt eh nicht“ – Einstellung in der kleinen, nationalen Szene aus. Die Tatsache, dass Downhill in Luxemburg nur sehr wenige Anhänger hat, erschwert zudem die Sichtbarkeit dieses Sports im Großherzogtum. Schwierig gestaltet sich die Formulierung der Notwendigkeit legaler Strecken, wo die Anzahl der möglichen Nutzer doch verglichen mit anderen Sportarten so gering ist.

Eine der Triebfedern des Downhill ist die Suche nach Freiheit. Die erforderliche Konzentration auf der Piste lässt keine anderen Gedanken zu und das einen durchdringende Gefühl beim Segeln durch die Luft wirkt wie eine Rebellion gegen den Alltagsstress. Es ist demnach paradox, dass ein Sport, der per Definition nach Freiheit strebt, kaum Möglichkeiten zur freien Ausübung hat. Erfolgreiche Projekte wie in Reckingen/Mess zeigen jedoch, dass Potential für die Entwicklung dieser Sportart in Luxemburg besteht. Ein Denken über die Grenzen hinaus würde in Anbetracht der momentan bescheidenen Größe der Szene logisch erscheinen, auch ein potentieller Anstieg des Tourismus sollte dann nicht ohne weiteres als Utopie abgestempelt werden. Vielleicht kann Downhill auf diese Weise in naher Zukunft auf seine Kosten kommen.

1 https://www.tirol.gv.at/sport/radfahren/ mountainbike/tiroler-mountainbikemodell-20/ definitionen/

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