Die Initiativ Liewensufank (IL) a.s.b.l. hat sich mit einem Positionspapier vor den Parlamentswahlen im Oktober 2018 an alle in Luxemburg relevanten Parteien gewendet.
Die IL wurde 1986 als gemeinnützige Vereinigung „ASBL“ von engagierten Eltern und Hebammen gegründet und hat sich als Ziel gesetzt, die Bedingungen rund um die Geburt in Luxemburg durch Information und Begleitung der werdenden und jungen Eltern und durch konkrete Schritte bei den verantwortlichen Entscheidungsträgern zu verbessern. Heute zählt die Vereinigung rund 800 Mitglieder und bietet zahlreiche Kurse und Beratungen sowie Information in verschiedenen Gegenden des Landes an.
Die IL engagiert sich seit ihrer Gründung für die Verbesserung der Bedingungen rund um die Geburt und setzt sich ein für:
• Ganzheitliche Schwangerschaftsbegleitung, unter Berücksichtigung der medizinischen, seelischen und sozialen Aspekte
• Menschenorientierte Geburtshilfe, gemäß den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
• Recht auf Selbstbestimmung bei der Geburt
• Liebevollen Empfang des Neugeborenen
• Unterstützung der Mutter-Kind-Bindung und der Vater-Kind-Bindung
• Förderung der aktiven Vaterschaft von Anfang an
• Schutz, Förderung und Unterstützung des Stillens entsprechend den Empfehlungen von WHO und UNICEF
• Unterstützung der elterlichen Kompetenzen um eine optimale emotionale, intellektuelle und körperliche Entwicklung der Kinder zu gewährleisten
• Sensibilisierung für Umweltfragen, um sowohl die Gesundheit der Familien als auch den Planeten für zukünftige Generationen zu schützen
• Chancengleichheit zwischen den Partnern im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Auch und besonders bei Risikoschwangerschaften, bei Frühgeburten, bei schwierigen Geburten und Kaiserschnitt und bei Problemen, die eine intensive Überwachung und Behandlung von Mutter und Kind erfordern, sollten oben genannte Punkte so weit wie möglich berücksichtigt werden.
Ein multidisziplinäres Team bestehend aus Hebammen, Kinderkrankenschwestern, Psychologen/innen, Pädagogen/innen, Soziologen/innen, Laktations- und Stillberaterinnen, Bewegungspädagogen/innen sowie Mitarbeiter/innen mit spezifischen Ausbildungen für die verschiedenen Arbeitsfelder bietet ein breit gefächertes Angebot. Aktuelle Informationen zu den Tätigkeiten und den Arbeitsfeldern finden sich auf der Internetseite der IL unter www.liewensufank.lu.
Die Betriebskosten werden zum Teil über eine Konvention mit dem Ministère de la Famille und dem Ministère de l’Education Nationale et de l’Enfance finanziert und zum anderen Teil über eigene Mittel der Vereinigung, das heißt: Mitgliederbeiträge, Kursgebühren, Einnahmen aus Beratungen, Außerordentliche Subsidien, Spenden. Die Initiativ Liewensufank hat folgende Überlegungen an die politisch Verantwortlichen weitergegeben:
Wahlmöglichkeit bei der Geburt
Schwangerschaft und Geburt sind keine Krankheit. Deshalb sollten Frauen, bei denen keine Probleme auftreten, eine echte Wahlmöglichkeit bezüglich einer natürlichen Geburt haben. Die IL fordert deshalb einen generellen Ausbau dieser Wahlmöglichkeiten und setzt sich für die Etablierung eines Geburtshauses in Luxemburg ein. Aktuell gibt es kein Geburtshaus in Luxemburg und Frauen, die in die Großregion ausweichen, haben Schwierigkeiten mit der Übernahme der Leistungen durch die luxemburgische Krankenkasse.
Die IL beobachtet die ständig steigende Anzahl von Kaiserschnitten, die aus zunehmenden medizinischen Interventionen während der Geburt resultieren, mit Sorge und begrüßt die Aussagen der Medi-
ziner, die ein Umdenken fordern und darauf hinweisen, dass diese Interventionen auf das medizinisch notwendige Maß zurückgeführt werden sollten.
Elternurlaub und Arbeitszeit
Die IL begrüßt alle Maßnahmen, die es den (werdenden) Eltern ermöglichen, ihren Lebensentwurf zu leben. Alle Eltern sollten frei wählen können und die dazu nötigen Informationen und Unterstützung bekommen, um diese Entscheidung in ihrem und dem Sinn ihrer Kinder treffen zu können. Die Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs auf 10 Tage nach der Geburt und die Flexibilisierung des Elternurlaubs sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Gerade in der ersten Zeit nach der Geburt ist eine möglichst lange Präsenz des Vaters für alle Familien-mitglieder sowie für die Relativierung traditioneller Rollenbilder förderlich.
Der Staat sollte außerdem die nötigen Rahmenbedingungen für eine Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle über den Elternurlaub hinaus schaffen und somit Vater und Mutter die Möglichkeit der Kinderbetreuung im eigenen Zuhause erleichtern. Sollte eine Familie auf Fremdbetreuung angewiesen sein oder sich bewusst dafür entscheiden, muss dafür Sorge getragen werden, dass das Qualitätsniveau in allen Einrichtungen den Bedürfnissen der Kinder gerecht wird.
Die IL beklagt jedoch, dass Mutterschutzzulage und Erziehungszulage ersatzlos gestrichen wurden. Gerade Familien mit geringerem Einkommen sind von dieser Streichung hart betroffen. Außerdem gibt es Eltern, die keinen Anspruch auf Eltern-urlaub haben, weil sie die Voraussetzungen dazu nicht erfüllen. Durch die Streichung der Erziehungszulage gehen diese völlig leer aus.
Gesundheitsförderung
Das Ministerium für Gesundheit hat eine große Kampagne „Gesond Iessen, méi Bewegen“ (Plan GIMP) ins Leben gerufen. Die IL möchte dazu anmerken, dass mit dem Stillen am Anfang des Lebens ein Meilenstein in Punkto gesunde Ernährung und Vermeidung von Übergewicht im Jugendalter gelegt wird. Längeres Stillen sollte gefördert werden.
In diesem Sinne sollte die finanzielle Deckung der Stillpausen bei arbeitenden Frauen vom Staat übernommen werden (Vorbildfunktion; Förderung des Langzeitstillens, Abbau von Barrieren in den Köpfen) und nicht zu Lasten der Arbeitgeber sein.
Ministerien und Zuständigkeit
In eigener Sache und im Hinblick auf eine nächste Regierungsbildung möchte die IL die verantwortlichen Parteien darauf hinweisen, die Aufteilung der Aufgabengebiete der verschiedenen Ministerien zu überdenken.
Momentan finden sich unter den verschiedenen Ministerien für “Santé, Egalité des Chances, Famille und Education Nationale/Office National de l’Enfance“ eingetragene Vereine (ASBL) mit fast identischer oder sich überschneidender Zielsetzung. Die Konventionen, die Entschädigungen (von Fehlbedarfsfinanzierung bis Bezahlen nach Akten) und die Auslegung der Anweisungen seitens des Ministeriums sind jedoch höchst unterschiedlich und lassen den einzelnen ASBLs mehr oder weniger größere Spielräume und dies nicht nur in finanzieller Hinsicht.
Erste Schritte in Richtung Transparenz, Bedarfsanalyse und Anpassung der (Be-)Handlungsweise sind in den Ministerien „Egalité des chances und Education Nationale“ erkennbar (z.B. am 30/05/2018 bei einer „Matinée d’échanges sur le sujet de jeunes mères ou pères en détresse“), müssen jedoch konsequent weitergeführt und erweitert werden.
Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.
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