- Gesellschaft, Kultur, Politik
Ist das Kunst oder kann das weg?
Edito
In der Nacht zum luxemburgischen Nationalfeiertag 2015: Während die Menge sich in der Innenstadt rumtreibt und feiert, begibt sich eine Gruppe junger Menschen, bestehend aus Mitgliedern einer Studentenorganisation, einer Jugendpartei und eines Künstlerkollektivs zur Philharmonie. Sie ist gekommen, um ihre eigene (oben abgebildete) Version der Luxemburger Nationalhymne mit entfernbarer Sprühkreide auf dem Boden anzubringen. Ebenfalls sollen Gegensatzpaare, die auf Widersprüche in der Luxemburger Gesellschaft hinweisen, schriftlich festgehalten werden. An diesem Platz soll am Folgetag die offizielle Feiertagszeremonie stattfinden.
Schon bei der zweiten Zeile stoppen fünf Polizisten die Aktion. Sie rufen wenig später die Berufsfeuerwehr, welche die Schriftzüge mithilfe hohen Wasserdrucks entfernt und dabei zwei Bodenplatten beschädigt. Ein kurzer Blick auf den Polizeibericht entlarvt die Haltung der Beamten: Sie „belehren“ die „Jugendlichen“ und verdeutlichen, dass es sich um eine „Straftat“ handelt. Sie hätten ein „Graffiti“, das zudem „linke Parolen“ enthalte, gesprüht. Eine ähnliche politische Haltung ging übrigens aus der Aussage des Polizeichefs Hayard im Luxleaks-Prozess gegen Antoine Deltour hervor, als er Deltour vorwarf, er habe anti-kapitalistische Ansichten. In Luxemburg scheinen in den Augen der Polizei linke Standpunkte tatsächlich Anlass zum Strafverdacht zu sein.
In der Folge der vermeintlichen Nestbeschmutzung wurde Anzeige wegen Verletzung des Artikels 526 des Strafgesetzbuches gegen vier Mitglieder der Gruppe erstattet. Der genannte Artikel bezieht sich auf die Zerstörung oder Beschädigung von Grabsteinen, Gedenkstätten oder Objekten, die dem öffentlichen Interesse dienen. Dabei hatten die Jugendlichen abwaschbare Kreide benutzt und die Sachbeschädigung ist auf die Aktion der Feuerwehr zurückzuführen. Den Mitgliedern der Gruppe droht eine Geld- oder sogar eine Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr. Die Anhörung fand am 23. Mai statt, der Beginn des Prozesses wurde jedoch auf Mitte September verlegt.
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