Kampf um Aufmerksamkeit: „übermannt“ in den Medien

In modernen Informationsgesellschaften haben Massenmedien die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren und Entscheidungsträgern die öffentliche Meinung kundzutun. Besonders im Wahlkampf zählen sie daher zu einem begehrten Vermittler. Medien prägen das Erscheinungsbild von Parteien und Politiker/innen. Medienpräsenz ist somit ein zentraler Faktor für den Wahlerfolg.

Im Rahmen der Parlamentswahlen vom 14. Oktober werfen wir in diesem Beitrag einen genaueren Blick auf die Präsenz der Parteien und Politiker/innen in den Luxemburger Medien. Wie sah der Wahlkampf in der Medienwelt aus? Welche Kandidaten/innen waren am häufigsten in Radio- und Fernsehsendungen vertreten?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, haben wir im Vorfeld zu den diesjährigen Parlamentswahlen die Medienauftritte von Politiker/innen in einer Datenbank gesammelt. Registriert wurden in erster Linie Teilnahmen an Sendungen in audiovisuellen Medien (RTL Radio, RTL Télé, RTL Today und Radio 100,7). Hinzu kamen außerdem die offiziellen Podiumsdiskussionen beim Luxemburger Wort, Paperjam und forum. Der Untersuchungszeitraum wurde vom offiziellen Start der Wahlkampagne (10. September) bis zum Tag vor den Parlamentswahlen festgelegt. Daraus ergab sich eine Liste mit 98 Einträgen. Insgesamt erschienen 91 verschiedene Kandidaten/innen in den Medien. Die meisten von ihnen (51) waren jedoch mehrmals eingeladen, 40 Kandidaten/innen konnten nur einen Auftritt verbuchen. Bei 98 Sendungen und Rundtischen sind das insgesamt 242 Medienauftritte.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass die CSV mit 37 Medienauftritten am häufigsten im Rampenlicht stand, knapp vor den anderen beiden „traditionellen“ Volksparteien DP (35 Auftritte) und LSAP (34 Auftritte). déi gréng und ADR verbuchten jeweils 31 Auftritte, während déi Lénk insgesamt 30 Mal antrat. Bei den kleineren außerparlamentarischen Parteien fällt auf, dass die Piraten mit 17 Auftritten etwas häufiger im Rampenlicht standen als die KPL (14 Auftritte). Die beiden Newcomer Déi Konservativ und Démokratie waren mit 7 bzw. 6 Auftritten am wenigsten präsent.

Die meisten Medienauftritte verzeichnete nicht etwa einer der Spitzenkandidaten mit Anspruch auf das Amt der Premierministers, sondern Ali Ruckert: Der langjährige KPL-Frontmann verbuchte insgesamt 11 persönliche Auftritte. Der CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler war bei 9 Radio- und Fernsehsendungen anwesend, gefolgt von Fernand Kartheiser von der ADR und Sven Clement von den Piraten (jeweils 8 Auftritte). Der LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider war insgesamt 7 Mal präsent, während Felix Braz von déi gréng 6 Mal antrat. Der amtierende Premierminister Xavier Bettel war bemerkenswert abwesend; er erschien im Vorfeld der Parlamentswahlen nur in 5 Radio- und Fernsehsendungen. Sam Tanson (déi gréng) und Martine Hansen (CSV) waren mit jeweils 5 Auftritten die am häufigsten in den Medien vertretenen Frauen, gefolgt von Carole Dieschbourg (déi gréng) und Corrine Cahen (DP) mit jeweils 4 Auftritten. Für déi Lénk war David Wagner mit 6 Auftritten am häufigsten in den Medien präsent.

Déi Lénk stellte übrigens auch die größte Auswahl an Kandidaten/innen zur Verfügung: Bei insgesamt 30 Auftritten kamen 14 verschiedene Politiker/innen zu Wort. (Nur Demokratie hat bei 6 Auftritten und drei Kandidaten einen besseren Schnitt aufzuweisen.) Dicht dahinter folgen die Piraten, LSAP und CSV, bei denen jede/r Kandidat/in im Schnitt 2,4 Auftritte verzeichnete. Schlusslicht bildeten die KPL und déi Konservativ, bei denen jede/r Kandidat/in im Durchschnitt an 3,5 Auftritten teilnahm. Frauen waren in den Luxemburger Medien im Wahlkampf deutlich unterrepräsentiert. Von den 98 Radio- und Fernsehsendungen waren 64 „Manels“ – sogenannte „all male Panels“, also Sendungen bei denen ausschließlich Männer anwesend waren. Bei 34 Sendungen war lediglich eine einzige Frau dabei. Bei nur 19 aller (von uns registrierten) Sendungen lag eine paritätische Verteilung zwischen Männern und Frauen vor. Auf alle 242 Medienauftritte gerechnet, bedeutet das, dass 79 Prozent von Männern bestritten wurden; Frauen verbuchten lediglich 21 Prozent – und das obwohl sie im Jahr 2018 durch die Einführung der Geschlechterquote 45,59 Prozent aller Kandidierenden stellten.

Ein genauerer Blick auf das Geschlechterverhältnis bezüglich der Auswahl der Teilnehmer/innen innerhalb der einzelnen Parteien zeigt, dass lediglich bei déi Lénk (knapp) mehr Frauen (8 von 14) an Sendungen und Debatten teilnahmen. Bei déi gréng und CSV waren es 44 bzw. 40 Prozent. Die Positionen von LSAP und DP hingegen wurden in den Medien fast ausschließlich von Männern vertreten. Tatsächlich waren bei der LSAP mit Lydia Mutsch, Taina Bofferding und Francine Closener nur drei der insgesamt 14 Kandidaten/innen (also 21 Prozent) die an Radio- und Fernsehsendungen teilnahmen Frauen. Bei der DP waren mit Corinne Cahen und Lydie Polfer nur zwei Frauen (16 Prozent) in den Medien präsent. Die Piraten wurden in Radio- und Fernsehsendungen ausschließlich von Männern vertreten, und bei KPL und ADR waren mit Elise Nunes bzw. Sylvie Mischel jeweils nur eine Frau in den Medien anwesend.

Angesichts dieser massiven Männerdominanz in Fernseh- und Radiodebatten ist es nicht besonders erstaunlich, dass sich unter den 60 direkt gewählten Abgeordneten nur 12 Frauen befinden.  Eine Geschlechterquote allein reicht jedenfalls nicht, um zu garantieren, dass mehr Frauen ins Parlament gewählt werden. Zwar liegt es auch an den Frauen selbst, ihren Anteil an der Macht einzufordern. Die Verantwortung liegt aber vor allem bei Parteien und Medien. In Bezug auf die geschlechtliche Gleichstellung ist die Politik allerdings kein Ausnahmefall, was es nicht unbedingt einfach macht, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Fest steht, dass in Luxemburg bei der Gleichstellung der Geschlechter noch viel zu tun bleibt.

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