Liebe Freunde,
beginnen wir dieses Heft mit einer einfachen Feststellung: Alles, was Sie in dieser Zeitschrift lesen werden, sind Geschichten. Es sind Geschichten aus erster Hand, vom Hörensagen oder schlichtweg am Schreibtisch erdachte. Selbst bei den Geschichten aus erster Hand können Sie davon ausgehen, dass sie in irgendeiner Hinsicht gefärbt sind. Sie kennen die üblichen Einwände, was die Objektivität jeder Darstellung anbelangt: Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, familiäre Prägung, zufällige berufliche Zwänge, materielle Interessen und all die verborgenen Macken, die den oder die Autorin so eigen machen, führen dazu, dass seine oder ihre Geschichte nach Strich und Faden dekonstruiert werden kann. Am Ende hat der oder die Autorin eine Auswahl der Fakten vorgenommen, war bei dem Thema familiär vorbelastet, hat willkürliche Wertungen in den Text gestreut oder ist von Grundannahmen ausgegangen, die man haben, aber auch in Gänze bestreiten kann.
Doch aus all den unvollkommenen Geschichten, die wir uns gegenseitig hier und anderswo erzählen, entsteht mit der Zeit ein dichtes Gewebe, das mit jedem neuen Beitrag angepasst und korrigiert wird. So verhandeln wir ununterbrochen die Welt, in der wir zusammen leben wollen, und einigen uns im besten Fall und für kurze Zeit auf gemeinsame Sichtweisen. Mehr ist nicht drin.
Nehmen Sie dieses Heft. Die Komplexität des Geflüchtetenphänomens ist so groß, dass niemand etwas Endgültiges dazu sagen kann. Die Aufgabe einer Zeitschrift wie forum liegt dann in der Auswahl der Autoren und Interviewpartnerinnen sowie im Kuratieren (wie man heute sagen würde) der Inhalte. Das gelingt mal mehr, mal weniger. In diesem Fall ist es gelungen.
Die Texte, die wir Ihnen bieten, sind jeweils Annäherungen ans Thema, aus unterschiedlicher Perspektive und zu unterschiedlichen Aspekten. Alle unsere Autoren und Gesprächspartnerinnen ringen mit der Problematik, keiner hat eine abschließende Antwort. Gemeinsam schaffen diese verschiedenen Sichtweisen es jedoch, dass wir ein Stück weit verstehen und darauf aufbauend womöglich handeln können.
Denn am Ende geht es nicht nur ums Verstehen, sondern auch ums Handeln – im persönlichen, beruflichen oder politischen Umfeld. Die Vita activa, von der Hannah Arendt so überzeugend schreibt, ist in unruhigen Zeiten das richtige Ideal.
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Für die kommende Saison sind wir für unsere Debattenreihe Public Forum eine Kooperation mit dem Mierscher Kulturhaus eingegangen. Die Termine und Themen stehen fest, sie sind jeweils in Zusammenhang mit dem Programm des Hauses gewählt: Am 3. Oktober diskutieren wir u.a. mit Fabienne Elaine Hollwege, Mars Di Bartolomeo, Schülerinnen und Bürgern aus Mersch die Zukunft der Demokratie und Möglichkeiten der Partizipation. Am 7. November steht das Thema Landwirtschaft auf dem Programm. Am 28. Mai 2020 geht es um Wachstum. Beginn ist jeweils um 19 Uhr, im Anschluss kann bei einem Glas Wein weiter diskutiert werden.
Einen guten Start in den Herbst wünscht Ihnen
die Redaktion der Zeitschrift forum
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