Mediennutzung junger, politisch interessierter Menschen in Luxemburg

Ergebnisse einer Online-Befragung unter Mitgliedern des Jugendparlaments

Wie informieren sich junge Menschen in Luxemburg, die grundsätzlich politisch interessiert sind? Über welche Medien können die Parteien diese Bürger, die die nächste Wähler- und Mitgliedergeneration darstellen, heute effizient erreichen? Auf diese Fragen wollten wir Anfang 2018 durch eine Online-Befragung bei den Mitgliedern des Jugendparlamentes einige konkrete Antworten finden.

Die TeilnehmerInnen

Von den etwa 160 Mitgliedern des diesjährigen Jugendparlamentes nahmen 65 Personen an der Umfrage teil. 60% der Teilnehmer waren weiblich, 40% männlich (was in etwa auch der tatsächlichen Zusammensetzung des aktuellen Jugendparlaments entspricht), der Altersdurchschnitt der Gruppe, in der Jugendliche und junge Menschen zwischen 14 und 26 Jahre zusammen kommen, betrug 17,5 Jahre, 87% von ihnen gehen zur Schule, 11% studieren, nur eine Person ist berufstätig. 83% sind oder waren im Enseignement secondaire classique, 11% im Enseignement secondaire général. Einige Teilnehmer der Umfrage sind auch in internationalen Schulen eingeschrieben.

45% geben Luxemburgisch als Muttersprache an, 13% Französisch, 9,6% Portugiesisch, 7,4% Deutsch. Spanisch, Englisch und Italienisch liegen zwischen 3 und 5%, knapp 11% der Teilnehmer haben andere Muttersprachen.

Die Befragung zeigt als erstes, wie schwer es für die Medien und darüber hinaus auch für die politische Kommunikation ist, im luxemburgischen Kontext eine Sprache zu bevorzugen. Das von der Politik zurzeit als Integrationssprache positionierte Luxemburgische lesen nur 11% am liebsten, 40% bevorzugen immer noch Deutsch, 17,5% wählen Französisch, aber schon 31% haben eine Präferenz für das Englische.

Als Zukunftsperspektive nennen 21% eine Laufbahn im Rechtswesen, 19,2% können sich einen Beruf im politischen Umfeld vorstellen, 15% möchten in der Finanzindustrie arbeiten, knapp 12% in Forschung und Wissenschaft, 9% im Schulwesen und jeweils 8,3% im Sozial- bzw. Gesundheitsbereich. Nur 5,8% stellen sich vor, eine Karriere in den Medien einzuschlagen.

Bei der Gruppe handelt es sich keineswegs um ein repräsentatives Panel innerhalb dieser Altersklasse, sondern es sind junge Menschen, die sowohl vom Bildungsniveau als auch vom sozialen Kapital her relativ gut ausgestattet sind und schon ein politisches Grundinteresse mitbringen. Was die Gruppe für Medienschaffende interessant macht, ist die Hypothese, dass diese jungen Menschen in Zukunft selber politisch aktiv sein werden und die Chancen überdurchschnittlich groß sind, dass wir sie später auch in politischen Parteien bzw. als aktive Teilnehmer in der politischen Debatte wiedersehen. Die Antworten auf unsere Fragen haben demnach keinerlei wissenschaftliche Bedeutung, sie liefern aber wertvolle Trends, die ohne Zweifel auch auf andere politisch interessierte und aktive junge Menschen in Luxemburg zutreffen.

Welche Medien werden wo genutzt?

Auf die Frage, welche Printmedien die jungen Menschen „regelmäßig“ konsumieren, geben nur 12% an, auf Printmedien komplett zu verzichten. Eine Dreiergruppe sticht hervor: Luxemburger Wort mit 51%, L’Essentiel mit 32% und Tageblatt immerhin noch mit 28%. Die französischsprachigen Publikationen Paperjam, Quotidien und Le Jeudi werden nur von rund 10% der Teilnehmer „regelmäßig“ genutzt. Alle anderen aufgeführten Publikationen werden kaum oder gar nicht wahrgenommen. Und die eine Person, die tatsächlich forum angegeben hat (und das Lëtzebuerger Land) möchten wir gerne auf ein Bier einladen!

Was die Nutzung der Online-Medien anbelangt, sieht das Bild folgendermaßen aus: rtl.lu wird hier mit weitem Abstand an erster Stelle erwähnt (73%), gefolgt von wort.lu (42%), spiegel.de (35%!) und lessentiel.lu (32%). Erwähnenswert sind noch die ausländischen Online-Portale von lemonde.fr (24%), zeit.de (22%) und theguardian.com (19%). Alle anderen nationalen Angebote (journal.lu, paperjam.lu, luxembourgtimes.lu) werden praktisch nicht genutzt. Die ebenfalls seit wenigen Monaten von der Online-Pressehilfe geförderten Seiten moien.lu und delano.lu
werden jeweils nur von einer Person innerhalb der Gruppe „regelmäßig“ konsultiert.

Die für uns wichtigste Frage lautete: „Woher beziehen Sie Ihre aktuellen Nachrichten über Luxemburg?“. Auch hier waren Mehrfachnennungen möglich. An erster Stelle werden mit 63% die sozialen Medien genannt, gefolgt sofort von RTL RadioLëtzebuerg mit 59%. Danach kommt mit großem Abstand eine Dreiergruppe zusammengesetzt aus RTLTéléLëtzebuerg (29%), die Gratiszeitung L’Essentiel (25%) und das öffentlich-rechtliche Radio 100komma7 mit immerhin ebenfalls 25%. Die anderen Tageszeitungen, die zwar offenbar „regelmäßig“ von über 70% der Befragten konsultiert werden, sind nur noch für 19% relevant im Hinblick auf die Versorgung mit aktuellen Nachrichten über Luxemburg.

Wenn man nach dem „Ort“ der Informationsaufnahme fragt, geben 80% „zwischendurch auf dem Smartphone“ bzw. „auf dem Schulweg“ an. Doch das direkte Gespräch mit Freunden (64%) steht an zweiter Stelle. Auch wenn die meisten also angeben, die kommerziellen Medien irgendwie zu nutzen, könnte man aus den Antworten nach dem „Ort“ der Informationsaufnahme schließen, dass „informelle“ Informationsquellen (soziale Medien und Gespräche in der Freundesgruppe) Priorität genießen. 56% informieren sich zuhause vor dem Fernseher oder Computer, 45% über die Medien, die in der Familie zur Verfügung stehen, 44% tatsächlich im Schulunterricht.

45% nutzen Videos (auf Youtube) zu ihrer politischen Information, es sind sogar 32% die dieses Medium zur Verfolgung der politischen Aktualität klar bevorzugen. Die Textform ist hier jedoch (noch) Spitzenreiter mit 45%, Radio kommt auf 23%.

Großes Vertrauen, aber zusätzliche Erwartungen an die Qualität

Nur 6,3% der Teilnehmer vertrauen den luxemburgischen Medien überhaupt nicht, 62% haben ein mittelmäßiges Vertrauen und 31% sogar ein großes Vertrauen in die Berichterstattung der nationalen Medien. Das Vertrauen in die klassischen Medien ist damit unter diesen jungen Menschen größer als im Rest der Bevölkerung: Eine Eurobarometerstudie aus dem Jahr 2016 hatte ergeben, dass Zeitungen und Radio von 72% der luxemburgischen Bevölkerung als vertrauenswürdig angesehen werden, während das Fernsehen (noch vor der Episode um das manipulierte Interview mit Enrico Lunghi) nur von 62% als vertrauenswürdig angesehen wird.

Fragt man nach den Themen, die die jungen TeilnehmerInnnen in der Berichterstattung interessieren, werden drei Spitzenreiter genannt: Menschenrechte (64%), EU-Politik (62,5%) sowie nationale Politik (59%), gefolgt von Nachhaltigkeit und Klimawandel (53%) und Schulpolitik (42%). Medien (37,5%), Geschichte (37,5%), Sicherheit (36%), digitale Transformation, Tierrechte und Integration (jeweils 31%) sind schon relativ abgeschlagen. Noch geringeres Interesse finden Kunst (28%), Kino (25%), Literatur (25%) und Ernährung (22%). Religion wird schließlich nur noch von 11% als interessantes Thema angesehen.

Bei den Erwartungen an die Presse wird an erster Stelle der Wunsch nach intensiveren Recherchen (66%) genannt, gefolgt von einer unabhängigen Berichterstattung (56%). Gewünscht werden auch mehr Berichte über Themen, „die Jugendliche interessieren“ (48%). Spannende Geschichten (22%), erläuternde Texte (20%) und eine Einbindung der Leserschaft wird weniger erwartet (16%). 80% in dieser Altersgruppe sind (unglücklicherweise) der Meinung, dass Informationsmedien nichts kosten sollten, nur 20% finden, dass man dafür bezahlen sollte. 58% wären im Prinzip bereit, für eine Tageszeitung Geld zu bezahlen, 62,5% würden sogar für ein politisches Magazin zahlen, doch nur 26,5% würden für eine Online-Zeitung bezahlen. Facebook wird von 75% der jungen Teilnehmer häufig bis regelmäßig genutzt, was möglicherweise schon auf eine sinkende Attraktivität dieser Plattform bei jungen Menschen hinweist. 70% nutzen jedoch (schon) Instagram als Kommunikationsplattform. Twitter spielt hingegen keine Rolle (über 75% nutzen dieses Medium nie, weitere 19% nur manchmal).

Datenschutz (97%) und Privatsphäre (98%) werden von einer überwältigenden Mehrheit als wichtig bis sehr wichtig angesehen. 44% sind sogar „wütend“ darüber, dass viele Internetdienste und Seiten das persönliche Nutzerverhalten abgreifen und darauf aufbauend Profile erstellen, fühlen sich aber ohnmächtig. 31% halten sich informiert und versuchen, sich so gut wie möglich zu schützen. 25% ignorieren jedoch die Situation, obwohl ihnen, wie oben erwähnt, Datenschutz und Privatsphäre im Prinzip wichtig ist.

Beeindruckende 94% wünschen sich mehr Medienerziehung in der Schule. Diesen eindeutigen Hinweis könnten Lehrer und Programmkommissionen in praktisch allen Fächern aufnehmen und ihre Themen und Fragestellungen mit Beispielen aus dem Medienbereich illustrieren und damit auch die Funktionsweise und Aufgaben der Presse vermitteln. Gerade die professionellen Medien, die in Zukunft an vorderster Front stehen, um die demokratischen Grundlagen unserer Gesellschaft zu stärken, wären für diese Hilfestellung sicherlich dankbar.

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