Mediensplitter

Eine neue (alte) Rubrik

Anfang der 2000er Jahre unterhielt der Medienwissenschaftler (und spätere Direktor der Medienaufsichtsbehörde ALIA) Romain Kohn in dieser Zeitschrift eine Rubrik, die Mediensplitter hieß. Kohn kommentierte damals kenntnisreich die sich abzeichnenden Umbrüche in der internationalen Medienlandschaft. 15 Jahre später steht auch in Luxemburg in der Medienbranche kein Stein mehr auf dem anderen. Die veränderten Lesegewohnheiten der Konsument*innen, die Gewöhnung an kostenlose Informationen und Inhalte sowie die sinkenden Werbeeinnahmen haben auch die staatlich alimentierte, großherzogliche Presselandschaft umgepflügt. Die Regierung hat im letzten Jahr die Pressehilfe nicht nur auf diese neuen Gegebenheiten hin angepasst (das Gesetz dürfte bald gestimmt werden), sondern auch die strategischen Entscheidungen der Verleger auf ein bestimmtes Medienformat hin orientiert. Das ist bemerkenswert.

Genauso bemerkenswert ist, dass diese Reform, die die zukünftigen öffentlichen und politischen Debatten zumindest zum Teil strukturieren wird, nicht ausgiebig diskutiert wurde. Mit Ausnahme von Richard Graf in der woxx haben die anderen Medien über das Thema Pressehilfe erst berichtet, als die Grundzüge des Gesetzesentwurfs im stillen Kämmerlein beschlossen waren. Und auch im Hinblick auf die Selbstreflexion ihrer Praxis und gesellschaftlichen Verantwortung bleiben die luxemburgischen Medien weiterhin sehr diskret.

Auf internationalem Parkett ist die Situation der Medien von brennender Aktualität. Dazu muss man nicht nach China oder Russland schauen, es genügt, einen Blick nach Polen oder Ungarn zu werfen, wo die Gleichschaltung der Medien weit fortgeschritten ist. Statistiken zeigen zudem, dass die traditionellen Informationsanbieter auch in den liberaleren europäischen Demokratien nach und nach ihr wichtigstes Kapital verlieren: das Vertrauen der Bürger*innen in ihre Arbeit. Parallelerzählungen und „alternative Fakten“ schwappen auch bei uns aus Foren und sozialen Medien auf das Smartphone und versprechen dem Publikum mit Hilfe von Suggestivfragen an der Recherche nach der „Wahrheit“ praktisch in Echtzeit teilzunehmen. Seriöse Medien, auch hier in Luxemburg, sind vor diesem Hintergrund gut beraten, mehr über ihre Arbeit zu berichten, ihre Funktionsweise zu reflektieren und auch offene Selbstkritik zuzulassen. Nur so können Sie das Vertrauensverhältnis zu ihren Zuhörer*innen, Zuschauer*innen und Leser*innen erhalten und ihre Rolle als vierte Macht im Staate konstruktiv ausfüllen.

Für forum ist das Thema „Medien“ natürlich heikel, denn gerade Journalist*innen sind bekanntermaßen sensibel und nachtragend, trotzdem wollen wir versuchen, dem Thema in kurzer Form und aus wechselnder Perspektive einen regelmäßigen Platz zu bieten. Gemeinsam mit einem kleinen Kreis von Autor*innen werden wir also in Zukunft in der Rubrik „Mediensplitter“ hier am Ende des Heftes ein paar vereinzelte Steine ins Glashaus werfen. Potenzielle Mitautor*innen oder Mitstreiter*innen sind immer herzlich willkommen!

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