Heute möchte Marc Zuckerberg nicht mehr, dass man seine „Vision“ auf Facebook reduziert. Schließlich hat er in den vergangenen 18 Jahren nicht nur den Großteil seiner Konkurrenz aufgekauft, sondern der Menschheit gleich ein ganzes metaverse versprochen. Von der ursprünglichen Idee, sich mit Freund*innen und Bekannten aus aller Welt zu vernetzen, ist nicht viel übrig geblieben. Stattdessen soll die soziale Komponente – sofern sie neben Menschen- und Drogenhandel1, Rechtsextremismus und Cybermobbing noch existiert – nun systematisch entfernt und durch „Entertainment“ (noch mehr Werbung) ersetzt werden.  Nicht nur für private, auch für professionelle Nutzer*innen läuft nicht alles rund. Die organische Reichweite der Postings nimmt drastisch ab. Laut Statista konnte man 2019 in Deutschland nur noch 6,9 % seiner Followerschaft mit unbezahlten Beiträgen erreichen2, Tendenz sinkend. Selbst die Reichweite beworbener Beiträge nimmt beständig ab, während die Kosten steigen. Damit nicht genug: Ein Unternehmen, das Beiträge zu politisch relevanten Themen auf Facebook veröffentlichen und diese mit ein paar Euro bewerben möchte, damit sie überhaupt gesehen werden, muss sich zunächst von Meta „autorisieren“ lassen. 

Was dies bedeutet, hat forum selbst erlebt. Die Existenz des Unternehmens zu belegen, reicht nicht. Mindestens eine*r unserer Mitarbeiter*innen musste sich privat bei Facebook anmelden, damit die Unternehmensseite an dieses Profil gekoppelt und so gemanagt werden konnte. Außerdem musste die Identität von Meta überprüft werden: Hierzu musste ein offizielles Ausweisdokument hochgeladen werden. Erst danach sollten wir dazu in der Lage sein, einen Disclaimer anzulegen, der darüber informiert, dass es sich bei den von uns beworbenen Beiträgen um politisch und gesellschaftlich relevante Themen oder Wahlwerbung handelt. Dass Wahlwerbung unserer DNA als politisch unabhängige Zeitschrift zutiefst widerstrebt, interessiert Meta nicht im Geringsten. Nur ein Disclaimer kommt für uns in Frage, und den haben wir – obwohl sich drei Angestellte zähneknirschend bereit erklärt haben, ihren Personalausweis einzureichen – bis heute nicht bekommen. Wegen des Disclaimers kontaktierten wir das Support Team. Seit drei Monaten schreiben wir mit Kriseda, Kevin, Alexander, Sascha, Ante, Guido und Fouzia – ohne zu wissen, ob es sich dabei um echte Mitarbeiter*innen oder eine KI handelt. Der Disclaimer fehlt immer noch. Dafür haben wir Meta noch mehr Macht über uns gegeben: indem wir dem Support die Berechtigung erteilten, auf unser Konto zuzugreifen. Natürlich nur, um das „technische“ Problem zu lösen.

Für die Presse war Facebook stets eine günstige Möglichkeit, auf Artikel aufmerksam zu machen. Mittlerweile stellt sich jedoch die Frage, ob dem noch so ist und ob ein professioneller Account bei Meta politisch noch vertretbar ist. Wir befürchten: Nein.

FS

1 In einer Folge des ZDF Magazin Royales thematisierte Jan Böhmermann im Dezember 2021 u. a. auf Facebook stattfindende Rekrutierungsprozesse der mexikanischen Drogenkartelle, organisierten Menschenhandel und den Profit, den Zuckerberg daraus schlägt: https://www.youtube.com/watch?v=ALzSAC4Wl6c (letzter Aufruf: 19. August 2022).

2 https://tinyurl.com/43c63wfa (letzter Aufruf: 19. August 2022).

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