Es fehlt wirklich nicht viel. Das Gesetzesprojekt, mit dem die Regierung ihr Versprechen eines Informationszugangs für Journalisten einlösen will, liegt vor. Es ist ein lange erwarteter Text, der öffentliche Verwaltungen verpflichten soll, Medienschaffenden Informationen in einem Zeitfenster zugänglich zu machen, das ihnen ihre Arbeit ermöglicht. In fast allen Ländern der EU ist dies seit Jahrzehnten die Norm.
In Luxemburg kann eine Presseanfrage drei Monate auf Eis gelegt werden. Drei Monate, in denen man eine Anfrage schickt, wartet, keine oder eine negative Antwort bekommt, bei der Commission d’accès aux documents (CAD) eine Anfrage stellt, wartet, hofft, erneut die Dokumente anfragt und … wartet. Drei Monate, welche die Brisanz selbst der besten Story abwürgen, Recherchen ausbremsen und Spindoktoren die Narrative kontrollieren lassen. Und selbst dann können Verwaltungen, wie im Fall Wirth, entscheiden, dass ihnen das Urteil der CAD nicht mundet.
Die „Circulaire Bettel“ ist aktuell das einzige Dokument, das Pressestellen anhält, ihre Arbeit zu machen – ein nicht rechtlich bindendes Memo, das Arbeitsweisen vorgibt. Laut ihr soll die Presse innerhalb von 24 Stunden Antworten erhalten. Schön. Das funktioniert, wenn der Arbeitgeber dies auch will. Aber was, wenn dieser ein oder zwei Augen zudrückt? Ermutigt, das Ganze „entspannter“ anzugehen? Das mag die Ausnahme sein. Aber wenn ein Journalist einen zu empfindlichen Nerv trifft? Wenn aktiv pressefeindliche Kräfte an die Macht kommen? Dann erinnern wir uns, warum Gesetze Gesetze sind und Memos Memos. Erstere binden. Letztere sind selbst im besten Fall wenig mehr als eine Arbeitsanweisung und keine ausreichende Bedingung für die Funktion der vierten Staatsgewalt.
Das bringt uns zum aktuellen Gesetzesvorschlag. Hier stimmt viel. Doch der kritische Satz schießt entschieden am Ziel vorbei: „Während der Bearbeitung der Anfragen ziehen die Organismen, im Rahmen des Vernünftigen, die besonderen Bedürfnisse professioneller Journalisten in Betracht.“1 Das ist so wasserdicht wie ein Nudelsieb. Hier braucht es, ohne Wenn und Aber, eine Verpflichtung, zeitnah zu antworten.
Selbst wenn eine inhaltliche Antwort innerhalb von einem oder zwei Tagen unmöglich ist – komplexe Anfragen brauchen Zeit – so kann eine Empfangsbestätigung und ein voraussichtlicher Antworttermin von einer staatlichen Pressestelle nicht zu viel verlangt sein. Dies kann nicht an einem Memo festgemacht werden. Die seit 2018 geltende Kriterienliste, die erlaubt, Dokumente zurückzuhalten, gehört dringend ausgedünnt. Auch bleibt es uns ein Rätsel, wie die CAD Entscheidungen über Dokumente treffen soll, die sie nicht einsehen darf.
Nur einige wenige Worte entscheiden, ob das Informationszugangsgesetz seinen Namen verdient, oder eine Worthülse bleibt. Wir Journalisten hoffen, dass die Regierung und das Parlament sich bereit zeigen, diese über 16 Jahre alte Debatte endlich zu beenden, damit wir unsere Zeit endlich Problemen widmen können, die nicht ins letzte Jahrhundert gehören.
Misch Pautsch ist Journalist und Präsident der Association luxembourgeoise des journalistes professionnels (ALJP).
1 https://legilux.public.lu/eli/dl/pl/2024/169
Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.
Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!