Mediensplitter

Pressefreiheit unter Druck

Am 6. Juli 2021 wurde der prominente niederländische Kriminalreporter Peter R. de Vries in Amsterdam auf offener Straße erschossen. Regierungschef Mark Rutte sprach noch am selben Abend von einem „Angriff auf einen mutigen Journalisten und damit einem Angriff auf die Pressefreiheit“.

Das Attentat auf de Vries ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten wurden in den letzten zehn Jahren weltweit mehr als 500 Journalist*innen wegen oder während ihrer Arbeit ermordet. Obwohl Mordanschläge in Europa im internationalen Vergleich eher selten sind, kommen sie auch auf dem hiesigen Kontinent immer wieder vor. So wurde 2017 die für ihre regierungskritischen Recherchen bekannte maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia durch eine Autobombe ermordet. Ein Jahr später wurden der slowakische Investigativjournalist Ján Kuciak und seine Partnerin Martina Kusnirova in ihrer Wohnung erschossen. Im April dieses Jahres wurde der griechische Polizeireporter Girogos Karaivaz in Athen vor seinem Haus ermordet.

Darüber hinaus kommt es auch immer wieder zu nicht tödlichen Gewalttaten und Bedrohungen gegenüber Reporter*innen. Aus einer rezenten niederländischen Studie geht hervor, dass mehr als acht von zehn befragten Journalist*innen während ihrer Arbeit mit Aggressionen oder Bedrohungen konfrontiert wurden. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 2017, als lediglich sechs von zehn Befragten betroffen waren. 

Seit Beginn der Coronakrise hat sich die Situation zugespitzt. Immer wieder werden Medienschaffende angefeindet, weil sie unabhängige Informationen über die Pandemie veröffentlichen. In Deutschland wurden 2020 bundesweit 65 Angriffe auf Medienschaffende registriert, was einer Verfünffachung gegenüber 2019 entspricht. Aufgrund der vielen Übergriffe während Corona-Demos wurde die Lage der Pressefreiheit in Deutschland sogar von „gut“ auf „zufriedenstellend“ herabgestuft.

Diese Entwicklungen entsprechen einem breiteren europäischen Trend, wie aus dem jährlichen Pressefreiheitsindex von „Reporter ohne Grenzen“ hervorgeht. Durch Einschüchterungen, Aggressionen, Desinformation und die Übernahme unabhängiger Medienunternehmen (wie rezent in Polen) gerät die Pressefreiheit in Europa zunehmend unter Druck.

Dabei ist gerade in Krisenzeiten die Pressefreiheit unentbehrlich. Journalist*innen spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung der Wahrheit, sie informieren die Öffentlichkeit und ziehen Machthaber*innen zur Rechenschaft. Die Einschränkung unabhängiger Berichterstattung vergrößert nicht nur die Verunsicherung, sondern setzt Menschen auch realen Gefahren aus. Allein deshalb ist die Gewährleistung der Sicherheit von Medienschaffenden unabdingbar. Die Verteidigung der Pressefreiheit geht uns alle an.

  1. https://cpj.org/data/killed (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 24. August 2021 aufgerufen).
  2. https://www.persveilig.nl/wp-content/uploads/2021/06/Agressie-en-bedreiging-richting-Journalisten2021.pdf
  3. https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/rangliste-von-reporter-ohne-grenzen-lage-der-pressefreiheit-in-deutschland-herabgestuft/27112194.html
  4. 2020 World Press Freedom Index | RSF

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