Die Medien stecken in einer tiefgreifenden Strukturkrise. Daher haben sie unterschiedliche Ansätze entwickelt, um sich gegen den drohenden Niedergang zur Wehr zu setzen: Die einen schwören auf eine Paywall, die anderen auf native content, und dann sind da jene, denen nichts anderes übrig bleibt, als das Tafelsilber zu verscherbeln. Doch nun gibt es ein weiteres Modell, mit dem sich künftig möglicherweise Geld verdienen lässt.
Dazu gründete das nach eigenen Angaben unabhängige Verlagshaus Maison moderne seinen eigenen Stamm! Damit das Ganze nicht zu sehr wie voodoo economics anmutet, zog man für den ideologischen Unterbau einen Anthropologen zu Rat. Dass der dann eher mit zeitgeistigen Marketingfloskeln um sich wirbelte, als mit erhellenden Analysen zu dienen, ist schade, hätte man doch gerne gewusst, was „die Evolutionäre“, so ihre Selbstbezeichnung, von einer neoliberalen Plattform oder einer postmodernen Sekte unterscheidet.
Die frohe Botschaft sollen auch hinfort die beiden Hausmarken Paperjam und Delano unter die DP-Stammwähler – pardon: Stammesangehörigen – bringen, darauf scheint sich der publizistische Impetus des Verlags zu beschränken. Um Publizistik geht es allenfalls am Rande. Vielmehr präsentiert sich hier, aus betriebswirtschaftlicher Sicht, ein exzellent aufgestelltes, integriertes Medienkonglomerat, das mit content, ganz gleich in welcher Form, ob als Werbung, Marketing oder selbst dank des seltenen journalistisches Beitrags, Umsatz und natürlich Gewinn generieren will. Dabei ist zurzeit nicht zu erkennen, wo die unabdingbaren Firewalls zwischen Redaktion und Akquise eingezogen sind.
Das Stammhaus hat von Anfang an mindestens so viel Gewicht auf Verlautbarungsjournalismus wie auf tiefschürfende Recherchen gelegt. Und es produziert etliche Hochglanzbroschüren im Auftrag von Unternehmen und öffentlichen Institutionen – eine legitime Einnahmequelle zwar, gleichwohl eine, die (finanzielle) Abhängigkeitsverhältnisse hervorbringt. Zu den Auftragspublikationen, die aus öffentlichen Geldern finanziert werden, zählen die Magazine Flydoscope und Inflight der Luxair-Gruppe. Oder die Veranstaltungszeitschrift City der Stadt Luxemburg. Hinzu kommen Inhouse-Postillen für Banken und Anwaltskanzleien. In sämtlichen Fällen stellt sich die Frage, wie unabhängig Reporter berichten können, wenn ihr Verlagshaus von Aufträgen lebt, die von Personen, Verwaltungen und Unternehmen vergeben werden, über die sie, die Reporter, mit einem Mindestmaß an kritischer Distanz schreiben sollen? Merke: Stammesnähe kann auch erdrücken.
Und nun erhält Maison moderne zusätzlich direkte staatliche Pressehilfe, die eigentlich dazu bestimmt ist, zur Verbesserung der journalistischen Qualität beizutragen. Gemessen wird der journalistische Anspruch allerdings nicht, obwohl „die Evolutionäre“ ihrem Selbstverständnis nach Qualität jederzeit der Quantität vorziehen. Insofern wäre es an der Zeit, als nächstes Projekt neben dem Stammesmanifest ein publizistisches zu formulieren. Einen Anthropologen braucht es dazu nicht unbedingt, angestammte Journalisten schon.
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