Bereits am 1. Januar 2014 sollte das neue Agrargesetz in Kraft treten. Es soll u.a. regeln, wie 700 Millionen Euro bis zum Jahr 2020 in die Landwirtschaft investiert werden. Doch die EU-Agrarreform und das Gutachten der EU-Kommission zum PDR (Plan de développement rural) lieÃ?en auf sich warten und verzögerten die Gesetzesabstimmung. Als das Gutachten schlieÃ?lich Anfang dieses Jahres vorlag, durften die Politiker lesen, was ohnehin bereits im Januar die Plattform â??Meng Landwirtschaftâ?? kundgab. Und zwar, dass der jetzige PDR-Entwurf kein kohärentes Konzept für eine ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Landwirtschaft beinhalte. Er würde groÃ?e Mängel in Bezug auf den Natur- und Wasserschutz sowie die Biodiversität aufweisen und auÃ?erdem würde der Entwurf veraltete Daten enthalten.
Tatsächlich sieht der momentane PDR-Entwurf vor, dass der ökologische Anbau bis 2023 von den bisherigen 3,21% auf nur 4,4% ausgeweitet wird â?? das Umweltministerium gab sich jedoch das Ziel bis 2020 10% der Landwirtschaft auf ökologischen Anbau umzustellen. Luxemburg liegt mit seinen 3,21% auf Platz 20 im europäischen Vergleich, Ã?sterreich mit rund 20% auf Platz eins.
Für François Benoy, Mitglied der Plattform â??Meng Landwirtschaftâ??, fehlen derzeit richtige Anreize für eine Umstellung. Vor allem ökonomisch würde sich diese noch immer nicht rechnen. Das sieht auch Jeff Boonen, Präsident von den Jungbaueren und Jungwinzern, in einem RTL-Backgroundgespräch Ende März so. In seinem Familienbetrieb wurde über eine Umstellung nachgedacht, schlieÃ?lich war ihnen das finanzielle Risiko aber zu hoch. François Benoy bedauert seinerseits zudem, dass â??zwar die Prämien für Biobauern erhöht, aber die Landschaftspflegeprämie beispielsweise weiterhin mit nur sehr geringen Auflagen an 95% der Betriebe verteilt wirdâ??. Für Boonen erscheinen niedrige Auflagen jedoch allgemein sinnvoll. Denn, so warnt er im Backgroundgespräch: â??Wenn neue Kosten wegen zu hohen Auflagen entstehen, wollen Landwirte diese wieder einsparen. Und das können sie nur über das industrialisierte Modell.â?? Momentan unterliegen 69% der landwirtschaftlichen Fläche Auflagen, hat die ASTA ausgerechnet. Aber Kritiker behaupten, dass auch die hiesige industrielle Landwirtschaft â?? ist der Markt einmal tatsächlich liberalisiert â?? unmöglich mit brasilianichen und US-amerikanichen Produzenten mithalten kann.
Für François Benoy sollte zudem ein Umdenken in Bezug auf die Produktionsschwerpunkte, Milch und Fleisch, stattfinden. Denn für die Milch- und Fleischproduktion muss massiv Futter aus Süd-
amerika importiert werden. â??Um den Import zu reduzieren, könnte der Viehbestand an die GröÃ?e des Betriebs angepasst werden,â?? meint Benoy. In Bezug auf den Sojaimport fragt sich seinerseits Jeff Boonen im Background-Gespräch, wie ernst die prominente Niederschrift des Nachhaltigkeits-Begriffs im Koalitionsvertrag der Regierung gemeint ist. Denn Anfang März rühmte Wirtschaftsminister Etienne Schneider die Standortverlegung des Firmensitzes eines weltführenden Sojahändlers nach Luxemburg. â??Wir wollen also gar nicht wirklich eine andere Landwirtschaft. Uns stört es nicht, dass in Brasilien der Wald abgeholzt wird?â??, fragt der Landwirt Boonen kritisch.
Als weitere ressourcenschonende MaÃ?nahmen nennt François Benoy die Förderung eines vielfältigen Gemüse- und Obstanbaus und eine klare Zielesetzung sowie Gesetzgebung für die Reduktion des Pestizideinsatzes, um den hiesigen Wasserschutz zu gewährleisten. Und schlieÃ?lich ist eine nachhaltige Landwirtschaft auch â??nur dann möglich, wenn die Landwirte besser beraten und Konsumenten über die luxemburgische Landwirtschaft aufgeklärt werdenâ??, betont Benoy. Auch Jeff Boonen wünscht sich mehr Berater und Experten, die den Landwirten helfen die Produktionsprozesse nachhaltiger zu gestalten.
Sinnvoll findet der Präsident der Jungbauern und Jungwinzer allerdings den zunehmenden Anbau von Leguminosen. Die Agrar-
ingenieurstudentin Fabienne Wrengler schrieb in forum 338, dass tatsächlich auch einheimische Leguminosen, wie die Ackerbohnen und Futtererbsen mit hohem EiweiÃ?gehalt punkten. Die Forschung zu eiweiÃ?haltigen Pflanzen, wie sie im IBLA (Institut fir Biologësch Landwirtschaft an Agrarkultur Lëtzebuerg) stattfindet, sind ihr zufolge wichtig, um den heimischen Selbstversorgungsgrad an Leguminosen zu fördern. Daneben müsste der Anbau eiweiÃ?haltiger Pflanzen verstärkt unterstützt werden.
In der RTL-Backgroundgesprächsrunde war auch der DP-Landwirtschaftsminister Fernand Etgen zugegen. Er stellte gleich zu Beginn der Sendung klar, dass er verstehe, dass die Landwirte Planungssicherheit wollen und erklärte dann sein Rollenverständnis: â??Meine Rolle als Landwirtschaftsminister ist es, die Bauern so gut wie möglich zu begleiten und den Einfluss auf ihre Produktionsmöglichkeiten so weit wie möglich zu minimieren.â?? Ã?berraschen darf es demnach also niemanden, wenn Minister Etgen in seiner Amtsperiode nicht für ein Umdenken in der Landwirtschaft mobilisiert. Und trotz der Kritik am PDR, lieÃ? Minister Etgen durchblicken, dass er das neue Agrargesetz in den nächsten Wochen auf den Instanzenweg bringen wird (Dani Schumacher im Luxemburger Wort am 31.3.).
Stephanie Majerus
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