2013 sind die Gambini mit dem Vorsatz angetreten, die Fenster im politischen und gesellschaftlichen Leben weit aufzustoßen, um frischen Wind hereinzulassen. Der Wille zur Reform wurde zum neuen Regierungsmantra. Bislang hat sich diese Anstrengung vornehmlich auf Bereiche beschränkt, die manchen Machthabern persönlich oder ideologisch am Herzen lagen. Ein Bereich, der besonders verstaubt ist und dennoch bislang gänzlich von strukturellen Veränderungen verschont blieb, ist die Medienpolitik. Das liegt zum einen daran, dass die Parteien seit den 1980er Jahren keine entsprechenden Fachpolitiker mehr aufzubieten haben. Zum anderen verweist die RTL Group erfolgreich auf ihre Systemrelevanz für das fröhliche Fortgedeihen des Medienstandorts.

Während die Lage für die klassischen Medien unübersichtlich bis lebensbedrohlich ist, seit die disruptive Kraft der medialen Angebote des Internets voll durchschlägt, scheint das die Medienpolitiker hierzulande allenfalls peripher zu tangieren. Daran wird weder das geplante Gesetz zur Journalismusförderung (der außerdem der Ruch der parteipolitischen Begünstigung anhängt) noch die Novelle des Gesetzes über die elektronischen Medien vom 27. Juli 1991 spürbar etwas ändern. Während es bei letzterem noch um die Liberalisierung der Radiolandschaft ging (die die RTL Group inzwischen mit der Übernahme von Eldoradio und der Beteiligung an L‘essentiel-Radio weitestgehend kassiert hat), wurde das Gesetz in der Folge nur an die jeweiligen Änderungen in den diversen EU-Richtlinien zu den sogenannten audiovisuellen Mediendiensten angepasst (von der Gründung der Aufsichtsbehörde Alia im Jahr 2013 unter dem Impuls der CSV-LSAP-Koalition einmal abgesehen – allerdings war auch dies eine Vorgabe aus Brüssel).

Durchlüften à la luxembourgeoise

Die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1808 vom 14. November 2018, deren Innovation darin besteht, die sogenannten Video-Sharing-Plattformen zu mehr Sorgfalt bei der Verbreitung ihrer Inhalte zu verpflichten, hätte die Gelegenheit zu einer Generalüberholung des medienpolitischen Rahmens werden können. Statt eines zeitgemäßen Mediengesetzes hat der zuständige Minister sich darauf beschränkt, die Minimalstandards der einzelnen Neuerungen Wort für Wort in seinen Vorschlag hineinzukopieren. Angeblich fehlte die Zeit, um weiter auszuholen (die Umsetzungsfrist lief tatsächlich im September 2020 aus). Allerdings ging es verdächtig schnell, als die RTL Group darum bat, die neuen Werberegelungen, die den Sendern mehr zeitliche Flexibilität bei der Reklameberieselung zugestehen, in nationales Recht zu überführen – dank der Verordnung vom 8. November 2019.

Und doch: in einem winzigen, aber keineswegs unwesentlichen Punkt folgt der Gesetzentwurf der Richtlinie nicht. In Artikel 30(2) nennt der europäische Text als eines der übergeordneten Ziele der Reform den „Medienpluralismus“. Und was steht in der nationalen Fassung? „La sauvegarde […] du pluralisme de la presse écrite.“ Mit anderen Worten: Die Regierung belässt es ausdrücklich beim Monopol eines einzigen, zudem kommerziellen Fernsehsenders in Luxemburg. Nicht nur in Corona-Zeiten ein merkwürdiges Verständnis von Durchlüften.

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