Am 24. September fand mit rund 3.000 Teilnehmer*innen in Luxemburg-Stadt der erste Klimastreik seit Beginn der Pandemie statt. Angesichts der 15.000 Menschen, die wir im März 2019 auf die Straße gebracht haben, könne Mensch annehmen, dass wir vom Ergebnis enttäuscht seien, und auch hämische Kommentare in den sozialen Medien ließen nicht lange auf sich warten.
Es mag einige nach den großen Mobilisierungen im Jahr 2019 überraschen, aber mit dem eigentlichen Verlauf sind wir ganz zufrieden: Wir wurden nicht von Querdenkern behelligt, die Stimmung war fröhlich und friedlich und mit 3.000 Schüler*innen ein kleiner Erfolg. Immerhin haben wir nach zwei Jahren Zwangspause wieder von vorne beginnen, eine neue Generation an Schüler*innen mobilisieren müssen.
Enttäuschend ist eher, dass sich von der gesamten erwachsenen Bevölkerung nur eine Handvoll dazu berufen fühlte, uns Jugendliche in unserem Anliegen zu unterstützen. Dies spiegelt die Einstellung unserer gesamten Gesellschaft: unserer Regierung, die sich einerseits damit rühmt, sehr klimafreundlich zu sein, deren Klimabilanz jedoch das Gegenteil zeigt. Unserer Medienlandschaft, die es nach den katastrophalen Überschwemmungen im Sommer 2021 nicht hinbekam, den Zusammenhang zwischen Klimakrise und Umweltkatastrophen wie besagten Überschwemmungen zu erklären. Unseres Bildungssystems, dessen Prioritäten eher auf der Fortsetzung der schier unaufhaltbaren Produktivität und der Vermittlung wirtschaftlich-nützlicher Fähigkeiten, als auf demokratischer Wertevermittlung und bürgerlicher Beteiligung liegen. Unseres Systems, was besonders Menschen aus prekären Lebensverhältnissen nicht die Möglichkeit gibt, sich zu bilden und aktiv in Bewegungen einzubringen, um ihre Gegenwart und Zukunft zu verändern.
Was sind unsere Ansichten, Forderungen, Hoffnungen? Unser Anspruch an die Gesellschaft und Politik ist klar und deutlich: die Abwendung der Klimakrise und die Begrenzung der menschengemachten Erderwärmung auf unter 1,5 °C. Laut dem Sixth Assessment Report (AR6), der im Sommer 2021 veröffentlicht wurde, wird das verfügbare Zeitfenster zum Erreichen dieser Ziele immer kleiner. Deshalb ist es für uns unerlässlich, dass Luxemburg bis 2030 klimaneutral wird, also nur so viel CO2 ausstößt, wie auch durch verschiedene Maßnahmen wieder aus der Atmosphäre entnommen werden kann.
Neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen nach ist die von der EU angestrebte Klimaneutralität bis 2050 nicht ausreichend, um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Jeder zusätzliche Grad bedeutet mehr Verlust; den Verlust von Arten, Land und Menschenleben, kurz: den Verlust einer lebenswerten Zukunft.
Klar ist jedoch, dass die Klimakrise nicht nur in unserer Zukunft, sondern auch in der Gegenwart und bereits in der Vergangenheit liegt. Die Atmosphäre hat sich bereits um rund 1,1 °C erhitzt, und bis jetzt haben wir Menschen noch keinen Weg gefunden, um die Erwärmung rückgängig zu machen. Es geht nicht mehr darum, die Klimakrise verhindern zu wollen, sondern ihre Konsequenzen für Mensch und Natur so stark wie möglich zu minimieren.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass sowohl auf globaler wie auch auf nationaler Ebene reiche Menschen überdurchschnittlich viel zur Klimakrise beitragen. Es sind jedoch tendenziell die Ärmsten, der Globale Süden und Menschen in prekären Lebensbedingungen, die am meisten unter den Konsequenzen leiden müssen.
Deshalb fordern wir eine progressive Besteuerung, die sich an dem Reichtum und Konsum der betroffenen Person orientiert. Wir finden es unfair, dass ein Mensch, der knapp den Mindestlohn verdient, die gleichen Steuern auf Benzin und Diesel bezahlen muss wie ein Anwalt. Auch die sozialen Ausgleichsmaßnahmen machen diese Ungerechtigkeit nicht nichtig. Ebenfalls fordern wir ein internationales Vorgehen gegen Steuerflucht. Besonders große Unternehmen, die maßgeblich für die Klimakrise verantwortlich sind, werden dieser Verantwortung nicht gerecht und stehlen weltweit jedes Jahr Unsummen durch Steuerflucht. Die Armen dürfen nicht für die Taten der Reichen zahlen müssen!
Besonders wichtig ist uns auch die internationale Solidarität. Luxemburg ist eines der Länder, das am meisten vom Raubbau an Umwelt und Klima profitiert und seinen Reichtum darauf aufgebaut hat. Die Länder des Globalen Südens sind es jedoch, die bereits heute mit den Konsequenzen der Klimakrise leben und leiden müssen. Luxemburg muss verantwortlich handeln und Menschen, die aufgrund der Klimakrise flüchten müssen, aufnehmen.
Auch wenn keine unserer Forderungen bisher erfüllt wurde, werden wir weiterkämpfen. Wir glauben an eine solidarische, gerechte und nachhaltige Welt, in der jeder Mensch ohne Ängste leben kann. Gemeinsam mit unseren Co-Aktivist*innen von Fridays for Future werden wir auch in Zukunft weiterhin für eine lebenswerte Zukunft demonstrieren. Nach dem Klimastreik ist vor dem Klimastreik!
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