Nichts vorzuwerfen!
Ein aktuelles Beispiel, mit welchen Techniken man auf unangenehme Fragen reagieren und Leser und Zuhörer in Verwirrung bringen kann, liefert der neue CSV-Präsident Frank Engel.
Auf Radio 100komma7 wurde der CSV-Europaabgeordnete Frank Engel in seiner neuen Funktion als CSV-Parteipräsident zu seinen ökonomischen Interessen befragt, insbesondere zu seinem Engagement als Verwaltungsrat-Mitglied eines privaten Sicherheits- und Militärunternehmens namens Global Strategies SA. Dem vorausgegangen war ein Bericht der online-Zeitung reporter.lu, die diese seit 2005 bestehende Verbindung drei Tage nach Engels Wahl thematisierte. Genau einen Tag später bot das öffentlich-rechtliche Radio dem neuen CSV-Frontmann die Plattform, die er brauchte, um das Thema wieder zu entsorgen. Im Archiv von 100komma7.lu (30. Januar 2019) findet sich die Abschrift des kurzen Interviews und natürlich auch die Audio-Datei.1
Frage 1 zielt auf den Gemütszustand von Herrn Engel angesichts der Vorwürfe.
„Deet et Iech mettlerweil leed, datt Dir dese Poste jee ugeholl hutt?“ Darauf Frank Engel: „Ech hu kee Poste bei enger Sécherheetsfirma“. Diese Antwort ist kurz und knapp gehalten: Subjekt, Prädikat, Objekt. Das suggeriert Klarheit und Wahrheit. Aber, was hier klar und wahr klingt, ist Haarspalterei. Es handelt sich um keine Lüge im engeren Sinn und dennoch ist es nicht wahr.
Die Frage war emotional orientiert. Mit einer emotionalen Antwort (Tenor: Es tut mir leid, ich habe einen Fehler gemacht) wäre vieles erledigt gewesen. Man verzeiht in Luxemburg schnell und gern. Aber die Zeichen stehen auf Kampf. Die Kürze wird als Waffe gegen Journalisten und Zuhörer eingesetzt. Der Vorteil ist, man behält den Überblick über das Gesagte. Das wird in der zweiten Hälfte des Interviews anders.
Was ist dieser erste Satz? Ein scharfes Dementi. Was sagt dieser Satz? Frank Engel hat keinen Posten bei einer Sicherheitsfirma. Der Begriff „Sicherheitsfirma“ assoziiert das Bild eines schwarzgekleideten, bewaffneten Schutzwestenträgers, der ein Grundstück, einen Gebäudeeingang oder eine Person bewacht. Der Hörer wird je nach Erfahrung entsprechende Bilder vor seinem inneren Auge aufrufen… verbunden mit der Erkenntnis: ja, das kann ja nicht sein, das ist eindeutig falsch, der Mann hat keinen Posten bei einer Sicherheitsfirma! Die erwünschte Schlussfolgerung: Herr Engel sagt die Wahrheit und die Journalisten von reporter.lu „spinnen“. 1:0 für Herrn Engel.
Die Frage, ob es Herrn Engel leid tut, diesen Posten angenommen zu haben, bleibt unbeantwortet.
Zweiter Teil des Satzes: „(…) ech sëtzen an engem Verwaltungsrot vun enger Participatiounsgesellschaft.“ Gleich zwei Fachausdrücke werden dem Zuhörer aufgetischt: Verwaltungsrat und Partizipationsgesellschaft. Was ist dieser Satz? Aus Sicht von Herrn Engel eine Richtigstellung. Was bewirkt diese Aussage? Sie schafft Distanz und wehrt weitere Fragen ab; Fachbegriffe dieser Art fassen komplexe Sachverhalte zusammen; sind oftmals Teil des passiven Wortschatzes der Zuhörerschaft. Man hat es schon mal gehört, aber genau weiß man es nicht, traut sich nicht nachzufragen, weil man nicht dumm aussehen möchte. Das ist ein rhetorischer Trick, der so gut wie immer klappt. Herrn Engels Torbilanz an dieser Stelle 2:0.
Gleichzeitig wird die Antwort so stark verallgemeinert, wie es nur irgend geht. Herr Engel legt die größtmögliche Distanz zwischen sich und der „Sicherheitsfirma“, in dem er sich so unscharf wie irgend möglich ausdrückt: in einem Verwaltungsrat von einer Partizipationsgesellschaft. Global Strategies hat damit eigentlich gar nichts mehr zu tun, so die emotionale Logik, die aufgebaut wird. Bagatellisierung des Ganzen durch den höchstmöglichen, verbalen Verallgemeinerungsgrad: keine konkreten Namen, gleich zwei unbestimmte Artikel, zwei abstrakte Begriffe, die kaum ein Zuhörer näher definieren kann. Es klingt gleichzeitig so wichtig wie harmlos. Und ist genau das Gegenteil.
Hierzu ein paar Hintergrundinformationen:
Verwaltungsrat = ein juristischer Begriff, der länderspezifisch definiert wird.
a. Deutschland: Organ einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, entweder mit Kontrollfunktion oder mit Lenkungsaufgaben betrautes Organ einer Körperschaft
b. Europa: Nach § 39 Abs. 1 SE-Ausführungsgesetz (SEAG) leitet der Verwaltungsrat die Europäische Gesellschaft (SE), bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung. Damit erfüllt er die Aufgaben des Vorstands einer Aktiengesellschaft.
In beiden Fällen a. und b. handelt es sich um eine Aufgabenbeschreibung hoher qualitativer beruflicher Anforderungen: Kontrollfunktion oder Lenkungsaufgaben. Die Aufgaben haben also etwas mit Unternehmensführung, mit Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen und der daraus resultierenden Verantwortung zu tun.
Was aber bedeutet es, in Luxemburg in einem Verwaltungsrat zu sein? Welche konkreten Aufgaben hatte Herr Engel als konkretes Mitglied eines real existierenden Verwaltungsrates, der in Luxemburg ansässigen und steuerpflichtigen, weltweit agierenden Sicherheitsfirma Global Strategies? Das wird hinter dieser Phrase versteckt.
Dann Partizipationsgesellschaft = ein Begriff, der so nicht existiert in der Welt außerhalb Luxemburgs. Herr Engel sagt später im Interview dazu, er wisse nur vaguement, worum es inhaltlich ging. Wenn man um die Ecke denkt, vielleicht eine Teilhaber-Gesellschaft; das führt dann zu dem nächsten Begriff Holding, der später vom Journalisten verwendet wird. Diese sog. Partizipationsgesellschaft ist Teil eines weit verzweigten, international angelegten, ineinander verschachtelten Firmenkonglomerats. Die Firma, für welche die Partizipationsgesellschaft gegründet wurde, in der Herr Engel derzeit als Verwaltungsratsmitglied tätig ist, heißt heute Global Strategies Group. Die Global Strategies Group, früher Global Risk Strategies, ist ein privates Sicherheits- und Militärunternehmen, welches 1998 als Zwei-Mann-Unternehmen gegründet wurde und laut Wikipedia im Jahre 2004 bereits rund 2000 Mitarbeiter beschäftigte.
Die Webseite des Unternehmens www.globalgroup.com mit Untertitel: Defence and National Security präsentiert ein äußerst wandelbares Unternehmen, das sich beinah jährlich neu erfindet, zurzeit definiert es sich als Unternehmen, das auf Cyber-Sicherheit in den USA spezialisiert ist (cyber security, software and intelligence solutions provider to US government agencies). Dann erfolgt 2016 die Integration in das Unternehmen DAMAZEIN (siehe www.damazein.com) das sich als hochkomplexer Investmentfonds und Vermögensberater ausgibt.
Frank Engel dazu: „Dat sinn zwou ganz verschidde Saachen.“ Also ein Posten bei einer Sicherheitsfirma und ein Posten im Verwaltungsrat einer Partizipationsgesellschaft dieser Sicherheitsfirma sind zwei ganz verschiedene Sachen. Klar ist, dass Engel selbst nicht bei der Kernfirma fürs operative Geschäft verantwortlich war oder ist; kann er ja auch gar nicht. Er war und ist politischer Funktionär und sehr wahrscheinlich nicht ausgebildet, um in hochgefährlichen Krisengebieten als was auch immer herumzuturnen. Er bekräftigt seine erste Aussage, was nicht notwendig wäre, wenn sie wahr wäre.
Die Eindeutigkeit der Aussagen ist damit nur vorgetäuscht. Um davon abzulenken, wird es jetzt kompliziert. Bei Satz 4 und 5 handelt es sich um zwei komplexe, verschwurbelte Sätze: „Et ass der Lëtzebuerger Press hire Choix, fir Saachen op déi eng oder op déi aner Manéier auszedrécken. Et kann een dat richteg duerstellen an et kann een et esou duerstellen, wéi reporter.lu geméngt huet et missten ze maachen, an een a Verbindung brénge mat deenen onméiglechste Saachen. Dat ass eppes wat ech net sonnerlech gutt fannen, ech kann awer näischt dogéint maachen.“
Er geht direkt zum Angriff auf die Presse über und stellt ihre Glaubwürdigkeit in Frage, inhaltlich aber auch formunterstützt, durch die Gegenüberstellung – die richtige Darstellung, also meine – oder eben die der Presse, also die falsche. Durch die verwickelte Grammatik … et kann een dat richtig duerstellen … an et kann een et esou duerstellen, wéi reporter.lu geméngt huet et missten ze maachen…, wird es dem Zuhörer unglaublich schwer gemacht, dem Gedankengang zu folgen. Es werden Zweifel gesät, durch dieses sprachliche Hin-und-Her. Was bleibt, ist ein ungutes Gefühl, was mit der Arbeit der Presse in Zusammenhang gebracht wird. Menschen können im Durchschnitt 14 Worte wortwörtlich behalten, danach fassen sie sinngemäß zusammen, interpretieren, fühlen: eine Eintrittskarte ins Unterbewusstsein des Zuhörers.
Hätte Frank Engel im Stil der ersten beiden Sätze fortgefahren, hätte das Ganze etwa so klingen müssen: „Die Presse hat ihre Arbeit schlecht gemacht. Die Presse hat hier was übersehen und zwar…“ Es gab keinen erkennbaren Grund, den Stil zu wechseln, außer um die Zuhörer zu verwirren und zu manipulieren. Inhaltlich greift Frank Engel die freie Presse als Feindin an, die es sinngemäß wagte, die Dinge in ihrer Manier darzustellen und unmöglichste Verbindungen herzustellen. Er suggeriert dadurch, die Aussagen sind unseriös und falsch. Der Begriff Lügenpresse fällt nicht, aber es fehlt nicht viel.
Aber in der Realität besteht die Verbindung: Herr Engel hat ein Mandat im Verwaltungsrat der Global Strategies S.A., die zum weltweit agierenden Unternehmen Global Strategies Group, Defence and National Security, jetzt DAMAZEIN gehört. Diese Verbindung hat die Presse nicht erfunden, sie besteht aus der Funktionskette des Firmenkonstrukts. Herr Engel müsste seine Aufgabe und Funktion in dieser Verbindung erklären, tut er aber nicht. Stattdessen stellt er sich als Opfer einer Intrige der Presse dar.
Dann wieder eine stilistische Kehrtwendung in Satz 6, klare Ansage fürs „einfache Volk“: „Dat (die Verbindung zu den unmöglichsten Sachen) ass eppes wat ech net sonnerlech gutt fannen, ech kann aber naischt dogéint maachen.“
Diese Wendung kennen wir von Jean-Claude Juncker (wie übrigens auch viele Satzstücke aus seiner Antrittsrede vor dem CSV-Kongress) Ein aktuelles Beispiel ist im Spiegel Nr. 5, 26.1.2019 nachzulesen, wo Juncker beinah wortgleich sagt: „Ich bin besorgt wegen der Stimmung… die manche aufbauen… aber ich kann es nicht ändern.“ Herr Engel ein Opfer der Presse: „ech kann awer naischt dogéint maachen…“. 3:0!
1 Frage, 6 Sätze und schon entsteht das Bild von der ungerechten, willkürlichen Presse, die gegen einen mutigen, beherzt antretenden Politiker aufwiegelt. Das ist starker Tabak. Niemand hat Herrn Engel in diesen Posten dieses Verwaltungsrates dieser Sicherheitsfirma gezwungen. Es war seine Entscheidung, es ist seine Verantwortung.
Frage 2 zielt auf die Tätigkeit des Unternehmens Global Strategies SA.
Antwort: „Ech weess jo vaguement wat déi so mécht…“ Das klingt so schön weit weg; was DIE so machen, hat mit MIR nichts zu tun. Und dieser Eindruck wird im nächsten Halbsatz noch vertieft, ohne jede Ummantelung, wo das vaguement begründet wird – „well et eng vun de Responsabilitéite vun engem Member vun engem Verwaltungsrot ass, fir d’Konten an d’Bilane guttzeheeschen.“ Die Formulierungen sind eigenwillig und wie schon zuvor sehr allgemein gehalten; unbestimmte Artikel, keine Namen, keine Präzision. Damit wird weiter die Unbestimmtheit, gar Unwichtigkeit seiner Tätigkeit betont; das dritte Mal in diesem kurzen Interview. Es ist also kein sprachliches Versehen. Die Wiederholung soll den Eindruck beim Zuhörer vertiefen, dass es sich hier um Bagatellen handelt, welche völlig überbewertet würden. Und ja, natürlich, lernt man diese Art von Rhetorik und Manipulation der Zuhörer in entsprechenden Kursen.
Zusammengefasst: Herr Engel sitzt in einem Verwaltungsrat, bekommt dafür nicht näher zu beziffernde Tantiemen und weiß weder genau, was das Unternehmen, das ihn angestellt hat, macht, noch lässt er uns wissen, wofür er genau zuständig war. Er deutet an, es könnte etwas mit Konten und Bilanzen zu tun haben… „eng vun de Responsabilitéiten vun engem Member vun engem Verwaltungsrot“. Ob das allerdings seine Verantwortung war, lässt er offen.
Wir können davon ausgehen, dass „guttzuheeschen“ heißt, auf Ordnungsmäßigkeit prüfen, auf Stimmigkeit kontrollieren und für die Vorlage beim Finanzamt vorbereiten. Gewöhnlich haftet man damit für die Wahrheit der gemachten Angaben und allem, was damit in Verbindung steht.
Dann im zweiten Anlauf seiner Antwort erklärt er dann doch: (Aufgrund der Konten- und Bilanzprüfung) „weiß ich, was sie gemacht haben.“ Und gleich darauf: „Das bin aber nicht ich, der das gemacht hat, sondern die Gesellschaften, die weltweit operieren“ (...also weess ech wat déi gemaach hunn, mee dat si jo net ech, deen dat mécht, dat si Gesellschaften, déi weltwäit operéieren.) Man beachte: Gesellschaften im Plural, weltweite Operationen. Jetzt weiß er doch, auf welchen Geschäftsfeldern das Unternehmen tätig ist. Im gleichen Atemzug distanziert er sich von jedweder Verantwortung dafür. Das ist historisch erprobt, darum gefahrlos anzuwenden: Man wusste davon, hat es aber nicht selbst getan. Also war man nicht verantwortlich. Aber ist es deshalb auch richtig und gut? Sind das die Art von Tätigkeit und die Qualität von Antwort, die einem CSV-Leader gut zu Gesicht stehen?
Dann greift Frank Engel noch einmal den Journalisten an: Er (der Journalist) würde ja auch keinen Aufsichtsrat von Arcelor-Mittal fragen (meint er Jeannot Krecké?), ob er genau wüsste, was in einem Stahlwerk in Südindien geschehen würde. Und wie das mit Vergleichen ist, hinkt auch dieser. In einem Stahlwerk wird für gewöhnlich Stahl verarbeitet, verkauft, verpackt, versendet, nehmen wir zumindest an und kontrollieren das auch. Wir beurteilen hin und wieder sogar die Arbeitsbedingungen vor Ort, beispielsweise in der Bekleidungsindustrie und fordern unsere europäischen Maßstäbe ein. Die einfachen Menschen (wahltechnisch in der Zielgruppe der CSV), werden derzeit moralisch bearbeitet, sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen, den Sicherheits-, Versicherungs- und Lohnbedingungen in Indien und Bangladesch zu beschäftigen. Sie sollen durch ein verbraucherkritisches Denken und Handeln sowie dem Kaufen von zertifizierten Fair-Trade-T-Shirts, das unternehmerische Handeln der Firmenleitungen zum Guten hin beeinflussen. Das schlechte Gewissen der einzelnen Bürger wird erfolgreich politisch genutzt. Also warum nicht auch „eng Member von engem Verwaltungsrot“ eines weltweit operierenden Unternehmens aus der Sicherheitsbranche dasselbe zumuten? Die Frage war berechtigt; die Antwort unseriös.
Frage 3 prüft die politische Überzeugung vor dem Hintergrund der Tätigkeiten des Unternehmens
„Déi Firma huet zum Beispill hiert Geld domat verdéngt, datt se am Irak no enger Geldreform – et war net wierklech eng Wärungsreform, mee eng Geldreform – d’Ausliwwerung vun neie Geldschäiner landeswäit organiséiert huet, am Optrag vun de Washingtoner globale Finanzinstitutiounen.“ Herr Engel weiß, dass wir googeln können. Seinen Hinweis, dass die Firma mit der Auslieferung neuer Geldscheine betraut war, finden wir auf der Webseite von Global Strategies an oberster Stelle. Optisch sehr schön präsentiert, in großen bunten, völlig inhaltsleeren Bildern und Kurztexten. Und die Botschaft: Alles völlig harmlos, wichtig und gut. Kompetenz suggeriert Herr Engel dieses Mal darüber, dass er den Unterschied zwischen einer Währungs- und einer Geldreform hervorhebt. Für die Frage völlig unwichtig, aber es klingt fachmännisch. Dann wiederum der Verweis auf übergeordnete Stellen und damit Verantwortlichkeiten: Im Auftrag der globalen Finanzinstitutionen in Washington. Frank Engel meint, damit sei alles geklärt. Es gibt nichts, wofür man sich entschuldigen müsste. „Ech mengen net, datt dat eppes ass, fir dat ee sech muss entschellegen.“ Vielleicht doch, denn üblicherweise wird in Europa auf politischer Bühne das Vorgehen Amerikas im Irak (und in Afghanistan) sehr kritisch gesehen, auch die Auslagerung von Sicherheitsaufträgen an private Söldner ist schon oft kritisch kommentiert worden. Herr Engel ist Abgeordneter des Europäischen Parlaments, von Kritik keine Spur.
Frage 4 beschäftigt sich mir der Beteiligung der Firma an Kriegshandlungen.
Die Antwort: „Déi huet sech jo net u Krichshandlunge bedeelegt, déi huet d’Sécherheet garantéiert vu Leit déi do geschafft hunn, haut nach do schaffen, vu Leit déi do op Visitt waren. Souguer Europadeputéierter reese jo heiansdo och op méi geféierlech Plazen. A wann een dat mécht – Kommissären, Regierungsmemberen, Staatspresidenten, wien och ëmmer – dee gëtt och vu private Sécherheetsfirme beschützt.“
Hier ist sich Herr Engel seiner Sache also wieder sicher, nicht etwa vaguement. Nein, die Firma hat sich nicht an Kriegshandlungen beteiligt: „déi huet d’Sécherheet garantéiert vu Leit…“ Ein wunderbares Gefühl wird transportiert, von Sicherheit für Menschen. Und jetzt bietet sich endlich die Gelegenheit, den Bogen zu Europa und damit zu Luxemburg zu schlagen: Ausländer, Reisende (z.B. EU-Kommissare, Regierungsmitglieder, Staatspräsidenten und wien och emmer) werden von privaten Sicherheitsfirmen beschützt.
Das kennt man ja aus dem Fernsehen, ist ja nichts dabei. Die Guten müssen vor den Bösen beschützt werden. Nur normalerweise machen das die Staatsorgane, die aber in besagten Ländern nicht funktionsfähig sind, das wiederum den Einsatz privater Firmen notwendig macht, die soviel daran verdienen, dass sie es in einem beinah steuerfreien Land versteuern müssen, wo dann Herr Engel in der dafür gegründeten Gesellschaft, zum Zweck der Steueroptimierung, als Verwaltungsratsmitglied arbeitet.
Dann geschieht etwas überraschendes: „Dat ass an Afghanistan an an der Zentralafrikanescher Republik esou.“ Wieso jetzt Zentralafrikanische Republik? Die wird auf der Webseite von Global Strategies gar nicht erwähnt. Was will Herr Engel uns damit sagen? Vielleicht wollte er auch gar nichts sagen, vielleicht ist es ihm nur so rausgerutscht, wie das manchmal der Fall ist, wenn das Unterbewusstsein mitmischt, unter Stress. Ist ja alles so gut gelaufen bisher.
Gewusst ist, dass Herr Engel ab und an dorthin reiste; warum und für wen, wissen wir nicht. Man könnte spekulieren, was eben manchmal so passiert, wenn unverhofft und ungebeten, plötzlich von der Zentralafrikanischen Republik die Rede ist.
Danach wird Herr Engel ungeduldig: „Dat ass dat Geschäft wat déi Leit maachen, well soss keen et méchts, soss hätte se jo kee Geschäftsmodell. Déi sinn net do fir Krich ze féieren, mee fir Schutz ze liwweren.“
Das führt uns zum Geschäftsmodell zurück von den in Luxemburg ansässigen Holdings, die Menschen wie Herrn Engel beschäftigen, um Konten und Bilanzen zu prüfen, bevor sie beim Finanzamt eingereicht werden. Ist ja auch nur ein Geschäftsmodell, well soss keen et mécht, sonst wäre es ja kein Geschäftsmodell. Es geht ums Geschäft und ums Geld verdienen im ganz großen Stil, so steuerfrei wie möglich. Aber ist es deshalb auch gut und richtig? Entspricht es den Wertevorstellungen der CSV und ihrer MitgliederInnen und WählerInnnen? jenen coolen jungen Menschen, die als Wahl-Zielgruppe auserkoren wurden…
Frage 5 versucht noch einmal nachzuhaken: „Dir hutt Iech also absolutt naischt virzewerfen?
Das ist eine wirklich wichtige Frage. Und die Antwort ist unglaublich – frech: „Ech hu mir héchstens virzewerfen, datt ech net viru Jore schonn – well ech hätt missten anticipéieren, datt iergendwéini eng Kéier, e sougenannt Presseorgan dat do fënnt – hätt demissionéiere sollen a kucken datt dat kengem opfält.(laacht) Well virzewerfen hunn ech mir näischt.“
Kein Zeichen von Verantwortung, sondern nur der Hinweis, dass er sich hätte schlauer anstellen können. Dann folgt die dritte Attacke auf die Presse. Das zeugt von einem kerngesunden Selbstbewusstsein, aber eben auch von einem nicht vorhandenen Unrechtsbewusstsein. Und die Presse, ja die Presse hat er gar nicht gern. Mag ja nicht jedem gefallen, was die so schreiben, aber Presse ist Presse und keine sogenannte Presse. Wir haben ein Gesetz über die Freiheit der Presse und damit verbundene Regeln. Wenn die eingehalten werden, ist es Presse. Nichts weiter.
In Frage 6 glaubt der Journalist einen Widerspruch zu erkenen: „Mee firwat den Posten néierleeen, wann Dir Iech naischt virzewerfen hutt?“
Frank Engel dazu: „Majo wéinst deem wat elo lass ass. Et besteet jo keng verstänneg Chance – fir mech oder fir een Aneren deen an esou eng Situatioun kënnt – fir elo ze erklären, datt dat do e ganz normale Verwaltungsrot ass. A sou Verwaltungsréit sëtzen zu Lëtzebuerg honnerte vu Leit an déi verwalten do am Wesentleche Konten an heeschen heiansdo eng global Strategie gutt. Méi maache mir net.“
Der Kreis schließt sich. Er sieht sich in der Opferrolle und tut sich selber leid. Dann eröffnet er schnell die beliebte TheyToo-Debatte: „es gibt noch Hunderte wie mich“ und erteilt der im Raum stehenden Verantwortung einmal mehr eine Absage: „wir machen gar nichts, außer Konten verwalten. Und ab und zu eine globale Strategie gutheißen“. Na, wenn das kein Zufall ist: globale Strategie – ist das nicht der Name seines Arbeitsgebers? Ja, so etwas passiert hin und wieder und psychologisch bedeutet das ganz einfach: Herr Engel findet das schon ganz gut so mit seinem Arbeitgeber, warum auch nicht, er hat sich ja nichts vorzuwerfen. Außerdem macht er ja im Grunde gar nichts. Wofür wird er dann bezahlt? Naja.
Danach folgt der vierte Angriff auf die Presse: Diese Fakten sind nicht absolut notwendig, und Herr Engel erneut als Opfer: „Dat huet jo just domat ze dinn, datt een engem wëll schueden“. Diese Fakten sind einmal mehr alternativ; es geht nur darum einem zu schaden… sprich das Geschäft zu vermasseln. Wo’s doch gerade so gut lief, echt unfair…
Doch niemand von der Presse hat ihn in diesen Verwaltungsrat gebracht, niemand von der Presse hat ihm das Amt des Parteipräsidenten der CSV aufgezwungen. Der Schaden entsteht ja nicht, weil die Presse das so will. Sondern weil die selbstgewählten Rollen von Herrn Engel und die damit verbundenen Aufgaben sich diametral widersprechen. Der christliche und der pekuniäre Wertekanon stehen im Widerstreit und werfen Fragen auf, die beantwortet werden müssen.
Wäre Herr Engel Mitglied des Verwaltungsrates beispielsweise von Human Rights Watch, ebenfalls global operierend, dann würde dieses Engagement sicher gänzlich anders bewertet. Das wäre ja vielleicht auch eine Option gewesen, wenn man den Parteivorsitz der CSV in Luxemburg im Auge hat und möglicherweise noch höher klettern will. Aber dem war nicht so. Die Entscheidung fiel zugunsten von Global Strategies S.A.
Zum Schluß die Frage 7, ob Frank Engel aus dem Verwaltungsrat zurücktreten wird.
Zurück ins Ungefähre: „Souwäit ech weess… gett souwisou dee Verwaltungsrot mat der ganzer Gesellschaft opgeléist.“ Aber genau kann Herr Engel das natürlich nicht wissen, als (kleng) Member vun engem Verwaltungsrot vun enger Participaciounsgesellschaft… so die Suggestion. Auch hier werden wieder viel zu viele Worte gemacht, als dass man es noch glauben könnte. Es wurde eine einfache, geschlossene Frage gestellt, die man klar mit Ja oder Nein beantworten kann. Herr Engel tut dies nicht.
Er erklärt uns, ungefragt, dass diese Firma, für die er seit Jahren arbeitet, die er aber nur vaguement kennt, nun in Auflösung begriffen ist und sich in – oh Wunder – eine Investmentfondgesellschaft umgewandelt hat. Seiner Meinung nach. Das ist aber nicht sicher. Und dann will er schauen, mit wachen Augen also, „ob d’Gesellschaft fir d’eischt ofgewéckelt gett, oder ob ech fir d’eischt demissionéieren… Ech hunn d’Impressioun, datt et éischter dat Lecht ass.“
Er kann es nicht entscheiden. Er hat nur den Eindruck… Worum geht es in Wirklichkeit? Das hat Herr Engel nun wirklich nicht verraten. Eins steht jedoch fest: Er hat nicht vor, die Verantwortung für sein berufliches Engagement anzuerkennen. Das sind keine guten Voraussetzungen für jemanden, der eine christlich-soziale Volkspartei leiten möchte und Regierungsverantwortung anstrebt.
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