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Jede Zeitschrift und jedes publizistische Projekt braucht so etwas wie einen roten Faden, einen Antrieb, um die eigene Arbeit als relevant zu empfinden. Bei uns war das lange Zeit die Wachstumsfrage, aus deren Diskussion wir uns mittlerweile etwas vereinsamt zurückgezogen haben. Das Ende der Welt im Allgemeinen und der Lurche im Besonderen interessiert nun wirklich niemanden mehr da draußen. forum hatte jahrelang auch eine sehr produktive Fixierung auf die Person von Jean-Claude Juncker und veröffentlichte seine apokalyptischen Warnungen vor dem Juncker’schen Demokratieverständnis als eine Art monatlichen Fortsetzungsroman. Nachdem dieser Gegner unversehens abhanden gekommen war, könnte jetzt vielleicht ein alter Dämon wiederauferstehen und unserem Handeln Sinn und Zweck geben. Tatsächlich bezog diese Zeitschrift schon in ihrer Anfangszeit einen guten Teil ihrer Energie aus der Gegnerschaft zum Luxemburger Wort. Mitte der 1970er Jahre hatten sich die in einer Jugendpfarrei organisierten Gründer eine heroische Konfrontation mit der Direktion des Luxemburger Wort geliefert, als diese sich geweigert hatte, die linkslastigen, an der Befreiungstheologie inspirierten Texte dieser jugendlichen Eiferer abzudrucken. Dieser Streit gipfelte dann zwar nicht in der Exkommunikation von Michel Pauly und Serge Kollwelter, führte aber indirekt zur Gründung dieser Zeitschrift und nebenbei einer ganzen Reihe weiterer Ausländer-, DrittWelt-, Umwelt- und Medieninitiativen. Tempi passati. Irgendwo zwischen der humanistischen Öffnung unter Léon Zeches, der postmodernistischen Beliebigkeit unter Jean-Lou Siweck und dem Marsch durch die Institutionen der Nach-68er löste sich dieser Streit im Nichts auf. Das Luxemburger Wort versucht sich heute im Boulevard, treibt jeden Tag eine neue (regierungskritische) Sau durchs Dorf und verkauft wirre Stimmungsbilder als politische Analysen. Wer will sich damit ernsthaft auseinandersetzen?

Doch das könnte sich jetzt ändern, wenn unter Luc Frieden das Luxemburger Wort endlich wieder an neoliberalem Profil gewinnt! Hier kündigt sich eine politische Konstellation an, die das Zeug hat, die behäbige Zivilgesellschaft dieses Landes für Jahre zu polarisieren. Vielleicht könnte forum dann im Gegenzug Claude Wiseler den Vorsitz in seinem Aufsichtsrat anbieten?

 

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Das vorliegende Heft bietet u.a. ein in unseren Augen spektakuläres Interview mit dem ADR-Abgeordneten Fernand Kartheiser (Monarchie und Nation sind doch nicht ein und dasselbe!) und ein an Anregungen reiches kulturpolitisches Dossier zum Projekt Kulturhauptstadt Esch 2022. Das Editorial dieser Ausgabe beschäftigt sich dann noch mit dem Institut für Zeitgeschichte, dessen Etablierung im Rahmen der Universität Fragen aufwirft. Der Zufall will es, dass wir auf der letzten Seite die Stellenanzeige für die Position des Direktors abdrucken. Wer weiß, vielleicht findet sich ja unter den forum-Lesern und – Autoren eine geeignete Kandidatin oder ein geeigneter Kandidat

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