Liebe Freund*innen!
Nun also Phase 3. Alain Rix, Präsident der Horesca, ist erleichtert, kann und will seine Drohung aber kaum verbergen: „Wir machen nicht wieder zu!“ Restaurants, Hotels, Cafés bleiben, geht es nach Rix, offen. Komme, was wolle. Der gastronomische Betrieb zwischen Digital-Speisekarte und Masken-Kellner*innen aber läuft – naturgemäß – auf Sparflamme, unter eingeschränkten Bedingungen. Wenn man dafür eine Überschrift finden wollte, so lautete sie sicherlich nicht: „Einfach nur genießen“, wie die belgische Tageszeitung Luxemburger Wort in der vergangenen Woche titelte. Der grenzenlose Genuss steht wohl eher am Ursprung, nicht am Ende einer Krise, die noch gar nicht zu Ende ist. Unser Konsum hat nicht nur die Klimakrise zur Folge und die damit verbundenen globalen sozialen Ungleichheiten zugespitzt, er steht auch am Anfang eines dramatischen Rückgangs der Artenvielfalt und damit auch der Zoonose – also dem Grund für die Entstehung des neuen Coronavirus, das uns in den Lockdown befördert hat. Einfach so weitermachen geht nicht.
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Es ist wie beim Fußball: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Nach der Krise ist vor der Krise. Will man in der Zukunft nicht um die verpassten Chancen unserer Gegenwart trauern, müssen wir jetzt handeln. Wie Andrej Platonow schreibt: „Nichts macht so hoffnungslos wie die Tatsache, dass es zu anderer Zeit Grund zur Hoffnung gegeben hat“. Es gibt sie, diese Hoffnung, besser vorbereitet auf kommende Krisen zu sein. Auf den Lippen aber dürfen wir dabei nicht ein herzhaftes „Einfach nur genießen“ haben, skandiert werden muss: „Wir brauchen Veränderung“. Und Resilienz.
Wie werden wir resilienter? Das ist die Leitfrage unseres Dossiers. Aufpassen müssen wir darauf, dass der Inhalt des Begriffs ernst genommen und nicht durch einen polit-ökonomischen Marketing-Fleischwolf gedreht wird, an dessen Ende mit Prämien für Neuwagenkäufe und noch flexibleren Arbeitsverträgen doch nur wieder ein Ergebnis steht: Bleibt alles beim Alten. Die Veränderung muss eine sein, die diesen Namen auch verdient. Und so finden Sie auf den kommenden Seiten zahlreiche Beiträge, die sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Weichenstellungen wir jetzt vornehmen müssen, um uns in allen Bereichen widerstandsfähiger aufzustellen.
Illustriert sind die Dossier-Artikel mit einer Auswahl an Fotografien, die im Rahmen einer vom Centre national de l’audiovisuel (CNA) ausgerufenen Foto-Aktion entstanden sind. Marguy Conzémius und Michèle Walerich erklären das Konzept auf Seite 43. Die Kraft der Kunst, die in Krisenzeiten nicht selten zu den finanziellen Verliererinnen zählt, wird einmal mehr offenbar, wenn man das Cover dieser Ausgabe betrachtet. Gilliane Warzée, belgische Künstlerin und selber grenzpendelnde Pflegekraft in den hiesigen Hopitâux Robert Schuman, hat uns ihre Corona-Heldin, die Hälfte eines Dyptichons, für dieses Heft zur Verfügung gestellt.
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