Liebe Freund*innen!

In Krisenzeiten gibt es immer auch Profiteure. Neben der Digitalisierung könnte sich das Auto als einer der größten Gewinner der Coronakrise herausstellen. Zum Corona-Test ging es mit dem Auto. Kino und Konzert erlebte man – hinterm Steuer. Auch dem Gottesdienst wohnte man vom Fahrersitz aus bei. Nun, da wir uns wieder freier bewegen können, aber aus Respekt vor dem Virus noch immer Bus, Tram und Zug scheuen, entwickelt sich das Auto zum sicheren Refugium: zu einer Art mobilen Quarantäne auf vier Rädern.

Da ist es doch folgerichtig, werden sich die Leute von den hauptstädtischen Rotondes gesagt haben, wenn wir unsere Pressekonferenz zur Vorstellung des kommenden Saison-Programms dem Zeitgeist anpassen. Statt also zur Videokonferenz einzuladen, hat man die Journalist*innen gebeten, mit dem Auto vorzufahren, um sich in einer Art Drive-In von den Mitarbeiter*innen über das neue Programm informieren zu lassen. Lustig, fancy und originell sollte das wohl sein, war aber irgendwie komplett gegen das Bild der fortschrittlichen, alternativen und kritischen Rotondes konzipiert. Philippe Mersch, Vorsitzender des Händlerverbandes Fedamo (Féderation des distributeurs automobiles et de la mobilité), wird sich gefreut haben: Was für ein Einsatz für den PKW! Beklagte er doch neulich noch im Interview mit dem Luxemburger Wort mit Blick auf die staatliche Förderung der E-Mobilität: „Jedes neue Auto ist sauberer und damit klimafreundlicher als ein altes. Es ist schlicht unverständlich, dass die Regierung diese Tatsache ausblendet und nur Elektroautos bezuschusst. Damit allein verbessert man keine CO2-Bilanz.“ Aha.

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Wie man was und womit verbessert, hat sich die forum-Redaktion in der letzten Ausgabe gefragt und 31 Vorschläge zu einer Politik der Resilienz vorgelegt. Wir haben das Heft an alle Minister*innen und alle Deputierten geschickt. Bisher hat niemand darauf reagiert. Also, Phase 2: Wir werden unsere Vorschläge Menschen aus Politik und Zivilgesellschaft mit in den Sommerurlaub geben und hoffen, ab September 31 Antworten auf 31 Forderungen auf unserer Internetseite publizieren zu können.

Apropos Resilienz: Im Dossier des letzten Heftes haben wir ein Thema ausgespart, dem wir nun in unserer Sommerausgabe ein eigenes Dossier widmen. Es geht um unser Ernährungssystem mit all seinen Widersprüchen, Problemen und Potenzialen zur Verbesserung. Und eigentlich ist sie reif, die Zeit für eine ernährungspolitische Wende. Bleibt nur zu hoffen, dass nicht weiterhin die eine Krise gegen die andere ausgespielt wird: dass der Einbruch des Arbeitsmarktes in Folge der Coronakrise, der am 3. Juli im Mittelpunkt der ersten Tripartite nach zehn Jahren stand, nun nicht mit den notwendigen Reformen in der Klima- und Ernährungspolitik verrechnet wird. Alles hängt mit allem zusammen.

forum verabschiedet sich mit diesem Heft in eine kleine Pause. Wir kommen am 3. September mit einem Heft zum Thema Wasser zurück. Auch da gilt: Alles hängt mit allem zusammen.

Sommerliche Grüße von Ihrem
forum-Team

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