Eigentlich kann niemand mehr das C-Wort hören. Alle haben die Schnauze voll davon. Von den Verrückten, die es für die Erfindung einer abgehobenen Elite halten, über die Gastronom*innen, deren Existenzen in Gefahr sind, bis hin zu den vielen Bürger*innen, die die Hygieneregeln nachvollziehen können und sich daran halten, diese aber zunehmend nervig finden. Fast schon routiniert gelangweilt von den täglich in den Nachrichten verbreiteten neuen Fallzahlen, hat man sich in Luxemburg beinahe gefreut, als plötzlich ein Thema da war, dass noch wilder diskutiert werden konnte als das C-Phänomen, ja, die S-Affäre. Und als alles geschrieben war, was über Monica Semedo gesagt werden konnte, schrieb man darüber, dass man nur sehr wenig über den Fall Semedo sagen könne, schlicht und einfach, weil der Bericht, auf dessen Basis die ganze Affäre losgetreten wurde, der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Jenseits der Beurteilung, was, wann und wie die Europaabgeordnete falsch gemacht haben mag, ist diese Affäre auch und vorderhand Ausdruck eines großen Bedürfnisses nach Normalität, wie jüngst Tom Haas im Tageblatt argumentierte. Ein schöner Skandal ohne Corona im Namen.

A propos: Auch die Rockhal versucht sich dieser Tage an einer Simulation von Normalität. Ab Mitte Februar öffnet die größte Konzerthalle des Landes wieder ihre Türen, bei den Konzerten aber muss man sitzen, Maske tragen, darf nichts essen oder trinken und muss mehrere Tests vor und nach dem Konzert absolvieren. Hygienepolitisch verständlich, wird das dem Erlebnis „Live-Konzert“ aber nur bedingt gerecht, klingt irgendwie nach dem Gegenteil von Sex und Drugs in der Avenue du Rock’n’Roll. Andere Veranstaltungsformate haben es da einfacher: die gute alte Podiumsdiskussion etwa, in der nicht nur geredet (wie bei der Affäre Semedo), sondern auch etwas gesagt wird. forum hat im vergangenen Jahr seinen Veranstaltungsbetrieb eingestellt. Das hat weh getan, weil unser public forum eine zentrale Achse dessen ist, was wir unter einem forum für Politik, Gesellschaft und Kultur verstehen.

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Debatten lassen sich zwar wunderbar auch in Zeitschriften führen, aber besonders lebendig stellen sie sich im direkten Austausch dar. Deshalb machen auch wir nun weiter. Das erste public forum nach 14 Monaten Pause wird am 29. März in den hauptstädtischen Rotondes zu unserem aktuellen Dossierthema stattfinden: China – Menschenrechte – Luxemburg. Im Dossier selbst, sie werden es sehen, präsentieren wir eine Vielfalt an Positionen, aber erst auf der Bühne wird der Streit als direkter Kampf ums bessere Argument mit Leben gefüllt. Zentrale Frage wird sein: Wie soll man angesichts zahlreicher chinesischer Verstöße gegen das, was wir universale Menschenrechte nennen, in Luxemburg und in der EU mit unserem Handelspartner China weiter umgehen? Setzen wir immer noch auf Wandel durch Handel? Oder gilt es, hier einen grundlegenden Paradigmenwechsel einzuläuten? Reservieren können Sie ab Mitte Februar über die Seite der Rotondes, einen Live-Stream gibt es auch, der Eintritt ist frei, die Gedanken sind es sowieso.

Auf den Streit und die Gedankenfreiheit!
Ihr forum-Team

Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.

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