Spieglein, Spieglein an der Wand…

Die Zeitschrift forum hat bei ihren Lesern nachgefragt und staunt jetzt über die Antworten

Allen unseren Lesern, die an der Umfrage teilgenommen haben, erst einmal ein herzliches Dankeschön! Mit knapp 200 Antworten, was fast 20% der Abonnenten ausmacht, sind die Ergebnisse ziemlich belastbar und erlauben uns, konkrete Schlüsse zu ziehen. Trotzdem sind einige der Antworten mit Vorsicht zu genießen: Wenn etwa bald jeder der Teilnehmer forum für eine hochwertige Zeitschrift hält, liegt das vielleicht nicht nur an unserer großartigen Arbeit, sondern könnte auch darin begründet sein, dass hier die Engagiertesten (oder Neugierigsten) unter unseren Lesern geantwortet haben.

Die Umfrage war komplett anonym. Wir hatten über die Voreinstellung des digitalen Umfragebogens dafür gesorgt, dass wir über die Antworten hinaus keinerlei weitere Informationen von Ihnen erhalten, d. h. insbesondere auch keine IP-Adresse.

Beginnen wir mit einer herben Enttäuschung für unser doch ausgesprochen genderneutrales Redaktionskollektiv: Geantwortet haben mehrheitlich Männer. Das Verhältnis liegt bei genau einem Drittel Frauen zu zwei Drittel Männern. Dieses Ergebnis entspricht auch genau der Auswertung unserer Abonnentendatei, dort findet man ein Zahlenverhältnis von 32% Frauen zu 68% Männern. Bei den jüngeren Altersgruppen ist das Verhältnis weit ausgeglichener. Es gibt also Hoffnung!

Vielleicht ist einigen aufgefallen, dass wir auch die Option „keine Antwort“ bei der Frage nach dem Geschlecht angeboten hatten, ein Angebot, das einige Male angenommen wurde. Der Bedarf nach einer Überwindung der binären Geschlechtsverortung ist also ganz reell.

Das Profil der forum-Leser

Die Altersstruktur unserer Leser spiegelt die lange Geschichte der Zeitschrift und die Treue unserer Leser wider: 30% sind über 60 Jahre alt, 30% liegen zwischen 50 und 60 Jahren, 15% zwischen 40 und 50, 15% zwischen 30 und 40, und 10% sind zwischen 20 und 30 Jahre alt.

Eine klare Antwort gab es auf die Frage zur Muttersprache: Bei genau 80% unserer Leser ist Luxemburgisch die Muttersprache, bei 9% ist dies Deutsch, bei 6% Französisch und bei 5% andere Sprachen. Damit ist geklärt, dass auch forum nicht die Diversität der luxemburgischen Gesellschaft abbildet – worüber wir uns auch kaum wundern dürfen. forum-Leser müssen, um die Zeitschrift zu nutzen, die vier „üblichen“ Landesprachen beherrschen, eine Bedingung, die eigentlich nur Menschen erfüllen, die hier zur Schule gegangen sind. Ein „normaler“ Expat oder die frankophonen Mitarbeiter einer ONG werden über die Sprachenvielfalt der Zeitschrift (der Autor entscheidet, in welcher Sprache er schreibt) von vornherein ausgeschlossen sein. Wir haben jahrelang über diese Frage debattiert und sind zu keinem praktikablen Ergebnis gekommen…

Richtig spektakulär werden die 80% luxemburgische Muttersprachler jedoch in Verbindung mit einer weiteren Zahl: 80% unserer Leser verfügen über einen Universitätsabschluss und 14% über einen Sekundarschulabschluss. Wenn man bedenkt, dass vor 30 Jahren nur etwa 3% der luxemburgischen Bevölkerung überhaupt über einen akademischen Abschluss verfügten und das Abitur der eigentliche Maßstab war, ist dieses Ergebnis wirklich erstaunlich. Sind wir also eine (Bildungs-)Elitenzeitschrift? Wohl schon. Schade, dass wir nicht gleich auch die Referendumsfragen gestellt haben, um herauszufinden, ob sich unsere Leser zu den 80 oder zu den 20% rechnen, in die die Wahlbevölkerung im Juni 2014 gespalten war.

forum als Community-Media

Ein Punkt kommt in mehreren Fragen klar zum Vorschein: Der Gemeinschafts-Aspekt ist entscheidend für den Erfolg dieser Zeitschrift! Über 60% unserer Leser haben forum durch die Empfehlung von Freunden und Bekannten kennengelernt, weitere 6% sind als Autor und immerhin noch 4,5% durch eine Veranstaltung in Kontakt mit forum geraten. Insgesamt macht der direkte Kontakt in unserem Fall also 70% der ersten „Begegnung“ aus!

Trotzdem haben immerhin noch 18% der Teilnehmer forum über die Berichterstattung in anderen Medien kennengelernt. Insbesondere woxx aber auch RTL-Télé und Quotidien haben immer wieder prominent auf unsere Arbeit hingewiesen, während das Luxemburger Wort und das Lëtzebuerger Journal mit Hinweisen auf die forum-Neuerscheinungen leider schon vor Jahren aufgehört haben. Warum eigentlich? Wahrscheinlich haben sie uns einfach vergessen. Eine andere Zahl ist auch bezeichnend: Nur 1,7% der Teilnehmer der Umfrage geben an, forum durch die sozialen Medien bzw. das Internet kennengelernt zu haben. Schließen wir jetzt daraus, dass die ganze Mühe, die man sich auf den sozialen Medien macht, für die Katz ist, unsere Leser dafür zu alt sind, oder heißt dieses Ergebnis im Gegenteil, dass wir nicht genug in diesem Bereich unternehmen?

Der Charakter von forum als Gemeinschaftsprojekt, als Autorenzeitschrift und Diskussionsplattform wird auch an anderen Zahlen deutlich. Von den Lesern, die an der Umfrage teilgenommen haben, haben zwar „nur“ 6% die Zeitschrift dadurch kennengelernt, dass sie eingeladen wurden, einen Artikel beizusteuern. Doch darüber hinaus geben insgesamt über 30% der Teilnehmer an, dass sie schon einmal als Autor zum Erscheinen der Zeitschrift beigetragen haben, der Rollenwechsel vom Leser zum Autor findet also ohne weiteres statt. Daneben haben 35% der Antwortenden schon eine unserer Veranstaltungen besucht, an denen neben der Auswahl der Themen insbesondere die offene Atmosphäre geschätzt wird. Unsere Versuche, die Leser mit in die Gestaltung und ins Leben der Zeitschrift einzubinden, scheinen also recht erfolgreich zu sein.

Die forum-Internetseite wird (trotz ihrer Qualität) nicht so häufig besucht, wie wir uns das vorgestellt haben (immerhin 3% nutzen sie nicht und 60% nutzen sie nur selten). forum_C, unser wöchentliches Angebot an Film- und Kinokritiken auf www.forum.lu kennen nur 24% der Antwortenden. Unsere Newsletter erhält nur die Hälfte der Abonnenten. Deswegen noch einmal die Bitte: Schreiben Sie uns eine kurze Mail an office@www.forum.lu, damit wir Sie in die Liste aufnehmen können. Der Ausbau unseres digitalen Angebots macht nur Sinn, wenn wir Sie darüber auch informieren können.

Im Hinblick auf die sozialen Medien Twitter, Instagram und Facebook sind unsere Leser in etwa so skeptisch, wie Alter und Bildungsstand das erwarten lassen: 10% sind der Meinung, dass wir nicht zusätzlich in die Präsenz dort investieren sollen, 63% ist das ziemlich egal und 26% meinen hingegen, wir sollten auf diesen Plattformen noch einen Gang zulegen.

Insgesamt halten 38% der Teilnehmer die Zeitschrift für gut und 59% sogar für sehr gut. Dieses Ergebnis ist natürlich eine tolle Ermutigung für uns und macht große Freude, doch irgendwie hat dieses Ergebnis auch etwas Tautologisches. Denn warum sollten die Leute forum lesen, wenn sie die Zeitschrift nicht gut fänden, und wenn man sie dann fragt, sagen sie natürlich, dass sie das Produkt gut finden, sonst würden sie es ja nicht lesen usw. usf. Einzelne Teilnehmer fanden jedoch, dass die Zeitschrift verbesserungswürdig ist. Und im Grunde sind wir mit dieser Einschätzung ganz einverstanden. Bestätigt wird der Verdacht, dass wir besser sein könnten, in den Antworten auf die Frage, wo konkret Handlungsbedarf bestehen könnte. Hier die Reihenfolge der Verbesserungswünsche: Präsenz in den Medien (21%), Vielfalt der Themen (19,5%), Illustrationen (16,5%), Layout (15%), Mehrsprachigkeit (11%), farbiges Heft (8%), Qualität der Texte (8%). Dass der letzte Punkt (Qualität der Texte) am Ende der Liste steht, ist eine Erleichterung, denn die Texte stehen ganz klar im Zentrum unserer Bemühungen. Dass die Vielfalt der Themen jedoch ziemlich am Anfang der Wunschliste steht, zeigt uns, dass unsere Leser hier mehr von uns erwarten.

Fast 30 % sind gegen mehr Werbung im Heft. Doch in diesem Punkt bitten wir schon jetzt um Verständnis: Wenn irgend möglich möchten wir den Anteil an Werbung trotzdem leicht ausbauen. Denn wenn wir weitermachen wollen, wird das nicht ohne zusätzliche Ressourcen gehen…

Wichtig im Hinblick auf die weitere Entwicklung unseres Angebots war die Frage nach den Lesepräferenzen: Print bevorzugen 60%, digital nur kümmerliche 5,2%. Eine Kombination wünschen sich jedoch knapp 35%. Hier steckt die eigentliche Herausforderung für uns: Wir lieben Print und glauben an seine Zukunft (insbesondere für das Magazin-format), aber wir müssen näher an unsere Leser ran und uns auch zwischen den monatlichen Erscheinungsterminen in Erinnerung rufen.

Zu den Sprachpräferenzen gibt es eine klare Rangfolge (aber auch da stellt sich die Frage nach Huhn oder Ei…): Deutsch (36%), Französisch (28%), Luxemburgisch (21%), Englisch (15%). Mehrfachnennungen waren möglich. 25% würden sich daran stören, wenn wir mehr Englisch im Heft hätten, 75% haben nichts dagegen.

Wort, Tageblatt, Lëtzebuerger Land, woxx und 100komma7

Zum Abschluss noch ein paar Antworten, die unsere Leser (und damit auch ein bestimmtes Milieu in Luxemburg) weiter verorten: forum-Leser informieren sich überwiegend über das Luxemburger Wort (22%), Lëtzebuerger Land (17%), Tageblatt (12,5%) und woxx (10%). Alle anderen Titel sind im niedrigen einstelligen Bereich. Als online-Medien führen rtl.lu und wort.lu mit jeweils 17%, gefolgt von spiegel.de (14%), zeit.de (10%), tageblatt.lu (9%) sowie lemonde.fr (8%). Alle anderen Seiten sind nur sehr gering vertreten. Leider hatten wir vergessen nach der Nutzung der Internetseite des soziokulturellen Radios zu fragen.

100komma7 erscheint nämlich ganz oben bei der Frage nach der Quelle aktueller Nachrichten. Glaubt man der Umfrage, beziehen forum-Leser immer noch zu überwiegenden Teilen ihre News aus der Tageszeitung (alle Titel zusammen machen hier 32% aus, was jedoch zeigt, dass jedes einzelne Blatt alleine kaum mehr eine große Bedeutung hat). Gefolgt wird der Block der Tageszeitungen von den Nachrichten auf 100komma7, die bei bemerkenswerten 27% liegen. Danach kommt RTL-Radio Lëtzebuerg mit 19,5% und RTL-Télé mit 11%. Der Paperjam-Newsletter kommt immerhin noch auf 8%.

Zum Abschluss noch die spannende Frage nach der politischen Ausrichtung unserer Leserschaft. Immerhin haben 93% der Teilnehmer auf diese Frage geantwortet. Den 20 Mitgliedern des innersten Redaktionskreises hatten wir übrigens die Umfrage zum Test und für Feedback vorabgeschickt, aber genauso anonym. Die zwölf, die sofort geantwortet haben, von denen wir also wissen, dass sie zu den forum-Machern gehören, haben alle auf die Frage „Welcher politischen Partei fühlen Sie sich am ehesten zugehörig“ die Antwort „keiner“ gegeben. Damit dürfte die politische Unabhängigkeit dieser Zeitschrift hinreichend belegt sein!

Diese politische Ungebundenheit findet sich auch bei einem Viertel unserer Leser wieder. Die übrigen verteilen sich folgendermaßen: 29% stehen den Grünen nahe, 16,5% der LSAP, 15,5% déi Lénk, 9% der CSV, 3,3 % der DP, 1,1% der Piratenpartei sowie 0,6% dem ADR. Auffallend ist der niedrige Stellenwert der CSV, einer Partei, der wir ansonsten in den letzten 10 Jahren ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Analysen gewidmet haben. Offenbar haben wir damit kaum CSV-Anhänger überzeugen können.

Was lässt sich daraus schließen? Der durchschnittliche forum-Leser liest Wort, Lëtzebuerger Land, woxx und Tageblatt, hört die Nachrichten bei 100komma7, ist politisch ungebunden oder grün-alternativ-links orientiert. Seine Zeitschrift will er weiterhin auf Papier, aber sie soll doch ein bisschen eleganter aussehen, und vieles andere könnte digital ablaufen. Der offene Charakter des Projektes und die verschiedenen Möglichkeiten sich mit einzubringen oder Unterstützung zu geben, werden von unseren Lesern genutzt und geschätzt. Aus den frei eingesandten Kommentaren geht hervor, dass die Leser nicht ganz verstehen, wie wir die Zeitschrift überhaupt mit den vorhandenen Mitteln realisieren. Das ist eine Frage, die wir uns auch immer wieder stellen…

Und jetzt?

Der Bedarf nach einem offenen Medium, das diskursiv die Entwicklung der luxemburgischen Politik, Gesellschaft und Kultur begleitet, scheint weiterhin zu bestehen. Doch wenn eine solche Zeitschrift im luxemburgischen Kontext Bestand haben möchte, muss sie sich beweglich zeigen. Wir sollten unsere Stärken und Eigenheiten weiter ausbauen (Veranstaltungen, Workshops und Begegnungen), inhaltlich kreativer und überraschender sein (lange Artikel mit kürzeren Textformaten abwechseln), in das Erscheinungsbild investieren und das Layout insgesamt modernisieren (Farbdruck, Graphiken, Fotos), gezielt Kooperationen suchen, über Luxemburg hinaus ins Ausland ausstrahlen, das digitale Angebot ausbauen und bei all dem darauf achten, dass die Arbeit allen Beteiligten Spaß macht. Ob diese Ziele für ein chronisch unterfinanziertes Projekt wie forum realistisch sind, wird sich hingegen noch zeigen müssen.

380_Stoldt_Leserumfrage

Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.

Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!

Spenden QR Code