Tierschutz und Tierrechte

Einige Grundbegriffe und Vertreter

Abolitionismus: Analog dem Abolitionismus in der Sklaverei. Bezeichnet die Ansicht, dass kein Lebewesen das Eigentum eines anderen Lebewesens sein darf und betrifft somit Nutz- wie Haustiere. Es gibt verschiedene Strategien, dies herbeizuführen: von friedlichen Protesten, Veganismus bis zum teilweise gewaltsamen Einschreiten.

Anthropozentrismus: Die Sichtweise, die den Menschen in den Mittelpunkt aller Betrachtungen stellt. Alle anderen Sichtweisen werden als minderwertig oder als nicht relevant eingestuft. Im Bereich des Tierschutzes und der Tierrechte führt dies laut Aktivisten und Theoretikern zu künstlichen Grenzziehungen zwischen Mensch- und Tierwelt, die dem Menschen zu Gute kommen und ihm ermöglichen, die Tierwelt auszubeuten und zu unterdrücken.

Ahimsa: Sanskritbegriff aus dem Jainismus, wortwörtlich „NichtGewalt” (a-himsa). Ethische Grundlage in vielen dharmischen Religionen (Jainismus, buddhistische und hinduistische Schulen). Im Jainismus werden Mensch- und Tierwelt als ein Kontinuum angesehen, das durch Tod und Wiedergeburt (samsara) bestimmt wird. Dennoch kommt dem Menschen in der Heilslehre eine zentrale Stellung zu. Um Befreiung zu erlangen, muss der Mensch schlechtes Karma abbauen und vermeiden. Durch Nicht-Gewalt gegenüber der Tierwelt und gegenüber anderen Menschen wird schlechtes Karma vermieden. Dies führt zu strikten vegetarischen Regeln und Verhaltensweisen, um etwa das Schlucken von Fliegen oder das Treten auf Insekten zu vermeiden. Der Begriff ahimsa findet sich teilweise in vegetarischen und veganen Diskursen wieder.

Biozentrismus: Ethische Einstellung, die allem Leben den gleichen Wert ohne Unterschiede zuschreibt. Dabei wird das Charakteristikum des Lebens, und nicht etwa kognitive Fähigkeiten oder Leid empfinden, als das bestimmende Merkmal angesehen. Wird oft von Veganern vertreten.

Francione, Gary: Amerikanischer Jurist und Professor. Autor von Rain Without Thunder: The Ideology of the Animal Rights Movement (1996) und Animals as Persons (2008). Francione sieht einen fundamentalen Unterschied zwischen Tierschutz und Tierrechten und kritisiert jene, die sich für Tierschutz einsetzen, aber nicht das rechtliche Verhältnis zwischen Mensch und Tier bestimmen wollen. Seiner Ansicht nach sind Tiere in Besitz von Rechten und dürfen daher nicht das Eigentum des Menschen sein. Er stellt sich auch gegen die anthropozentrische Sichtweise, dass Tieren nur dann Rechte zustehen, wenn sie menschenähnliche kognitive und emotionale Merkmale aufweisen. Er befürwortet den Veganismus als eine friedliche und graduelle Methode, Tiere zu befreien.

Joy, Melanie: Amerikanische Sozialpsychologin, die bekannt dafür ist, den Begriff „Karnismus“ geprägt zu haben. In Why We Love Dogs, Eat Pigs, and Wear Cows (2009) beschreibt sie Karnismus als ein unsichtbares System in sozialer, psychologischer und physischer Hinsicht. Laut Joy ist die Entscheidung, Fleisch zu essen, keineswegs natürlich, sondern ein Resultat der Sozialisierung. In Strategic Action for Animals (2008) schlägt sie Strategien vor, die die Tierrechtsbewegung stärker und effektiver machen sollen.

Karnismus: Bezeichnung für eine allgemein vorherrschende Ideologie, die es Menschen ermöglicht und sie dazu führt, Tiererzeugnisse zu konsumieren, insbesondere Fleisch. Menschen, die dieser Ideologie anhängen, sehen den Fleischkonsum als „normal“, „notwendig“, oder „gut“ an. Gegner des Karnismus behaupten, dass diese Ansichten auf unhinterfragten Voraussetzungen basieren, mit denen Menschen seit Kindesalter indoktriniert werden. Damit Tiere essbar werden, operiert Karnismus mit Abstraktionen und verdinglicht Lebewesen. Diesen Prozess sieht Melanie Joy, die Begründerin des Begriffes, als eine Art kognitive Dissonanz, die es den Menschen ermöglicht, Tiere zu essen, ohne Empathie zu empfinden.

Korsgaad, Christine: Amerikanische Philosophin, die sich hauptsächlich mit Fragen der Moral, der persönlichen Identität sowie der Handlungsfähigkeit auseinandersetzt. In ihrem Aufsatz Interacting with Animals: A Kantian Account nähert sie sich dem Verhältnis zwischen Mensch und Tier aus kantischer Sicht an. Ihrer Ansicht nach ist der Unterschied zwischen Mensch und Tier künstlich. Sie sieht Tiere, wie Kant die Menschen, als Selbstzweck an und spricht sich deswegen gegen ihre Nutzung aus.

Pathozentrismus: Einstellung, die die Empfindungsfähigkeit von Leid als wichtigste Richtlinie des ethischen Handelns definiert. Die Herangehensweise wird von manchen Tierrechtlern kritisiert, da sie eine Hierarchie zwischen den Arten einführt, indem sie„höheren“ Tieren diese Fähigkeit alleine zuschreibt. Im Englischen auch als „Painism“ bekannt.

Persönlichkeit oder Personalität (Personhood): Philosophischer und juristischer Begriff. Einem Lebewesen kann je nach Auffassung Personalität zugeschrieben werden, wenn es z. B. über Selbstbewusstsein, Zukunftsplanung und Handlungsfähigkeit verfügt. Die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu besitzen, kann als Grundlage oder als Resultat des Person-Seins angesehen werden.

Regan, Tom: Amerikanischer Philosoph und Autor von The Case for Animal Rights (1983), einer der Grundlagenwerke der Tierrechtsbewegung. Er argumentiert aus einer deontologischen Perspektive. Tiere sind, wie Menschen, „Subjekte eines Lebens“ und dürfen aus diesem Grund nicht dem Menschen unterstellt werden. Seine Ansichten stehen dem Abolitionismus nahe.

Ryder, Richard. Britischer Psychologe und Tierrechtler. Begründete den Begriff „Speziesismus“ im Kontext einer Protestbewegung gegen Tierversuche an der Universität Oxford. Vertritt die Ansicht, dass ein gänzlich informierter, moralischer Akteur Tierversuche und Karnismus als unlogisch empfinden muss. Erfand auch den Begriff „Painism“, der beinhaltet, dass allen schmerzempfindlichen Lebewesen Rechte zustehen.

Singer, Peter: Australischer Philosoph. Sein Werk Animal Liberation (1975) gilt als Grundlagenwerk der Tierrechtsbewegung. Er argumentiert aus utilitaristischer und pathozentrischer Perspektive. Er spricht sich dafür aus, das Wohlergehen durch Leidensvermeidung zu sichern, da alle Tiere diese für sich beanspruchen. Später führt er noch den Unterschied zwischen Arten ein, die nur schmerzempfindlich sind, und denjenigen, die auch über Selbstbewusstsein und Zukunftsbewusstsein verfügen.

Speziesismus: Der Prozess, nach dem der Mensch willkürlich ein Lebewesen diskriminiert aufgrund dessen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Art. Der Begriff wurde von dem Psy- chologen Richard Ryder im Jahr 1970 geprägt und von dem Philosophen Peter Singer popularisiert. Singer sieht den Begriff parallel zu Rassismus und Sexismus. Tierrechtler sehen sich oft als Antispeziesisten an. Der Begriff ist vor allem bei Veganern sehr geläufig.

Tierbefreiungsbewegung: Politische Bewegung, die sich für die Befreiung der Tiere aus menschlicher Herrschaft einsetzt. Gegenüber Tierrechtlern erkennen sie die Klassifizierung von Tieren als Nutz- und Haustiere nicht an. Tierbefreiungsbewegungen, wie die Animal Liberation Front, greifen auf unterschiedliche, teils militante, Methoden zurück. Oftmals besteht eine Verbindung zu anderen linken Bewegungen.

Veganismus: Die Lebenseinstellung, die gänzlich auf Tierprodukte, inklusive Milch und Eier verzichtet. Dies kann sich auch auf andere Produkte, wie Kleider, ausweiten. Veganismus ist eng verbunden mit Tier- und Umweltschutz und hat meistens politische Hintergründe. Viele Veganer sehen sich als Antispeziesisten und argumentieren pathozentrisch oder biozentrisch. Konsum von Tiererzeugnissen wird nicht als natürlich, sondern als gesellschaftlich konstruiert und indoktriniert empfunden.

Vegetarismus: Eine Lebensweise und -einstellung, die nur auf den Konsum pflanzlicher Produkte und Produkte von lebenden Tieren basiert. Vegetarier, die auf Milch verzichten, aber nicht auf Eier, sind Ovo-Vegetarier. Umgekehrt werden Vegetarier, die auf Eier, aber nicht auf Milch verzichten, als Lacto-Vegetarier bezeichnet. Der Vegetarismus kann kulturell, gesundheitlich und politisch motiviert sein.

Wise, Steven: Amerikanischer Jurist und Autor von Rattling the Cage (2000) und Drawing the Line (2002). Gilt als einer der Hauptdenker der Tierrechtsbewegung. Vertritt die Ansicht, dass einigen höheren Primaten gewisse Grundrechte zustehen. Er argumentiert, dass die Intelligenzunterschiede zwischen Menschen und höheren Affen relativ gering sind. Weiterhin kann einigen Primaten sowie Walen und Delfinen „Persönlichkeit“ (Personhood) zugeschrieben werden. Er ist Begründer und Präsident des Nonhuman Rights Project.

 

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