Tiny houses – eine echte Wohnalternative?

Wohnen ist ein Grundbedürfnis aller Menschen. Die Anforderungen an Wohnformen und an Wohnangebote sind allerdings so vielfältig wie die Menschen selbst. Ein allgemeingültiges Wohnmodell, welches sämtlichen Anforderungen gerecht wird, gibt es daher nicht. Lebensstil, Lebenssituation und finanzielle Möglichkeiten bestimmen maßgeblich unsere Ansprüche an die Größe und Ausstattung einer Wohnung sowie an das gewünschte Wohnumfeld. In Westeuropa sowie in Nordamerika waren die letzten Jahrzehnte durch eine stetige Expansion der Wohnflächen gekennzeichnet, die aber an kollektive (Landverbrauch) und individuelle (Kosten) Grenzen stößt. Immer wieder werden deshalb alternative, raumsparende Wohnangebote entwickelt, die es den Menschen erlauben sollen, die erhoffte Lebensqualität mit den allgemein steigenden Miet- und Kaufkosten optimal in Einklang zu bringen.

Downsizing als Lebensstil: das Tiny House-Konzept

Einfaches Wohnen auf kleinem Raum lautet auch die Devise der ursprünglich aus den USA stammenden Tiny House-Bewegung, die seit geraumer Zeit immer mehr Anhänger in Europa findet. Sogar in Luxemburg gibt es seit knapp einem Jahr eine kleine aktive Facebook-Gruppe, die sich der Thematik widmet. Die Bewegung zielt darauf ab, mittels kompakter, minimalistischer und somit preisgünstiger Bauweise vor allem in den urbanen und suburbanen Räumen kleine, voll funktionsfähige Häuser zu schaffen. Sie sind in der Regel zwischen 10 und 60 Quadratmeter groß und bestehen hauptsächlich aus erneuerbaren Rohstoffen. In Bezug auf die Architektur reichen die Minihäuser von konventionellen Holzeinheiten mit klassischem Satteldach, Gauben und kleinen Fenstern bis hin zu futuristisch anmutenden Glas- und Metallkonstruktionen. Ausgeklügelte Raumkonzepte bieten einen recht hohen Komfort, der durchaus mit dem herkömmlicher Häuser vergleichbar ist. Die preiswerten Tiny Houses sind neben einem Wohnbereich meist auch mit Schlafzimmer, Küche und Bad ausgestattet. Je nach Gebäudestandard und Maß an Eigenbauleistung belaufen sich die Baukosten zwischen 20000 € und 100000 €.

Die wohl wichtigste Grundlage für ein minimalistisches Leben im Minihaus ist das sog. Downsizing-Prinzip, bei dem es darum geht, sich auf seine wesentlichen (Wohn-)Bedürfnisse zu konzentrieren und den Konsum zu limitieren. Der beschränkte Wohnraum bietet ganz einfach keinen Platz für unnötige Dinge. Deshalb müssen sie entweder aussortiert oder kreative Lösungen für deren Aufbewahren gefunden werden. „Auf diese Weise wird eine den Tiny Houses sehr eigene räumliche Authentizität geschaffen, die bei herkömmlichen Wohnstrukturen nur selten zu finden sind. Es sind vor allem diese Authentizität und deren Bedeutung für den Erbauer, welche die Online-Gemeinde in ihrer Berichterstattung vermittelt und die die Mitglieder ansprechen.“1

Durchschlagskraft und Herausforderungen

Obgleich die Tiny House-Bewegung online äußerst erfolgreich ist und viel Potenzial aufweist, ist die Ausbreitung der Tiny Houses in der Praxis eher unbedeutend. Auch in Luxemburg wurde bislang noch kein Minihausprojekt genehmigt. Hauptgründe dafür sind komplizierte kommunale Bauvorschriften, wie bspw. festgelegte Mindestgrößen und -anforderungen für Wohnraum, sowie rigide Straßenverkehrsverordnungen. Sie erlaubenm keine feststehenden Minihäuser für dauerhafte Wohnzwecke, weshalb die wenigen, bislang umgesetzten Bauvorhaben dann meist auf Anhänger gebaut werden. Diese unklare Rechtssituation führt ebenfalls dazu, dass die meisten Kreditinstitute Darlehen zur Finanzierung solcher Häuser verweigern. Interessierten Bauherren bleibt meist nichts anderes übrig, als sich Eigenkapital anzusparen und ihr Projekt in Eigenregie umzusetzen. Dadurch können jedoch nur Minimalisten oder Aussteiger davon profitieren, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügen und das Risiko, in der Illegalität zu leben, auf sich nehmen wollen und können. Geringverdiener und sozial benachteiligte Nutzergruppen bleiben somit weitestgehend von diesem neuen Trend ausgeschlossen.

Tiny houses: ein zukunftsfähiges Wohnmodell?

An und für sich sind die Ideen der noch recht jungen Tiny House-Bewegung weder sehr innovativ noch revolutionär. Einfaches und platzsparendes Wohnen war immer schon ein Thema, sowohl in der Architektur als auch in der Planung. Auch ihre Bilanz in Bezug auf die Anzahl bereits errichteter Minihäuser und die Vielfalt möglicher Nutzergruppen ist bislang eher bescheiden. Indem die Tiny House-Bewegung uns allerdings erfolgreich räumliche Authentizität vermittelt und uns vor Augen führt, wie diese Authentizität von unten her (bottom-up) Anforderungen an Wohnstandards und -modelle verändern kann, erkennen wir, wie wichtig die Verschmelzung von Wohnbedürfnissen und -praktiken einerseits und von Design andererseits sind. Diese Erkenntnis könnte sich in Bezug auf die aktuelle Diskussion zur zukünftigen Wohn- und Siedlungspolitik in Luxemburg durchaus als nützlich erweisen.

 

1 Ford, Jasmine & Gomez-Lanier, Lilia (2017). „Are Tiny Homes Here to Stay? A Review of Literature on the Tiny House Movement.“ Family and Consumer Sciences Research Journal, 45(4), 394-405.

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