Vom Papier ins Internet und zurück

„Ich habe gehört, die woxx will nur noch als Internetzeitung erscheinen.“ So oder so ähnlich klingt eines jener hartnäckigen Gerüchte, wie sie in Luxemburg nicht selten sind: Man schnappt irgendeine Information auf, „brodéiert“ seine eigene Geschichte dazu und gibt das Ganze dann an die nächstbeste Kneipenbekanntschaft weiter. Wenn dann das Subjekt des Gerüchts selber von der Story Wind bekommt, ist es meist zu spät, um noch irgendwie dagegen vorzugehen…

Tatsächlich hatte sich das woxx-Team schon zu Zeiten, als die Zeitung fir eng ekologesch a sozial Alternativ noch den Titel GréngeSpoun trug, Gedanken darüber gemacht, wie sich das in den späten 1990er Jahren noch gar nicht so verbreitete Medium Internet von einer wöchentlich erscheinenden alternativen Zeitschrift sinnvoll nutzen ließe. Es ging dabei darum, bereits für das Papier produzierten Inhalt so aufzubereiten, dass er auch per Internetbrowser konsumiert werden kann. Insbesondere der umfangreiche Kultur- und Veranstaltungskalender sollte im world wide web praktischer zugänglich sein: Statt mit dem Finger an langen, streng chronologisch aufgebauten Zeitungsspalten entlangzufahren, sollte man sein Lieblingskonzert bequem per Suchfunktion am PC finden.

Als der GréngeSpoun im Jahre 2000 in woxx umgetauft wurde, begann auch die Präsenz der Zeitung im Internet. Die knappen Reserven wurden in eine professionell gestaltete Homepage investiert. Smartphones oder gar Tablets waren um die Jahrtausendwende allerdings noch unbekannt. Dafür gab es „wap“, ein heute kaum noch bekanntes Protokoll, das versprach, auch noch so lange Texte aus dem Internet so umzuformatieren, dass man sie auf den nur briefmarkengroßen Displays der Handys konsultieren könnte. Die Firma, die das Ganze zum Sonderpreis bereitstellte, ging zwar in der Folge der Internetblase pleite, doch die woxx hatte für lange Jahre einen brauchbaren, wenn auch nicht immer sehr praktischen, Internetauftritt.

Es folgten mehrere Anpassungen und zwei komplette Umgestaltungen, die es auch den weniger internetaffinen MitarbeiterInnen erlauben sollten, auf die hauseigene Homepage zuzugreifen und sie mitzugestalten. In diesem Prozess, der sich über gut anderthalb Jahrzehnte erstreckte, tauchte natürlich auch die Frage auf, ob es nicht besser wäre, sich prioritär auf das Internet zu konzentrieren. Umfragen bei und Diskussionsforen mit LeserInnen machten das Dilemma deutlich: Die angestammte Kundschaft der woxx bestand und besteht auf ihre wöchentlich erscheinende Druckausgabe, während die jüngere Klientel sich eine Smartphone-gerechte Präsentation per Internet wünscht.

Es mag diese teilweise offen geführte Diskussion sein, die das eingangs erwähnte Gerücht hat entstehen lassen. Dabei verfolgte die woxx von Anfang an eine Sowohl-als-auch-Strategie: Gerade die eher analytischen Formate ihrer Beiträge brauchen Platz und wollen gegebenenfalls in mehreren Etappen konsumiert werden – warum nicht an gemütlichen Orten, wo man garantiert in Ruhe gelassen sein will? François Biltgen, der eine Zeitlang Medienminister war, sprach anlässlich eines woxx-Streitgespräches von einer gewissen Haptik, die er beim Konsultieren der Presse nicht missen möchte.

Doch bietet das Internet für eine Wochenschrift die Chance, einige der Nachteile, die durch die spezifische Erscheinungsform entstehen, auszugleichen: In einer schnelllebigen Zeit ist Aktualität gefragt und manche Themen, die am Montag noch heiß diskutiert wurden, sind am Freitag schon kalter Kaffee. Solche Debatten haben in reinen Printmedien kaum Platz.

Doch auch die Zeit der starren Internetseiten war schnell passé: Wir müssen in die „neuen sozialen Medien“, hieß es vor einigen Jahren. Facebook und Twitter etc. sind zwar weder neu noch sehr sozial, sondern vor allem sehr kommerziell ausgelegt und machen dieser Tage Google mal wieder zum reichsten börsennotierten Unternehmen der Welt, aber ohne „likes“ und „re-tweets“ bleiben auch noch so kluge Artikel unbeachtet.

Dabei fehlt es nicht an Ideen, wie sich die journalistische Kernarbeit, die nun einmal vor allem in der Vorbereitung und der Gestaltung der Druckausgabe besteht, sinnvoll für das Internet nutzen ließe. Doch wie wir es auch drehen und wenden: Ohne einen verstärkten Zeit- und Arbeitsaufwand geht es nicht.

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld…

Das Problem, das sich dabei zeigt: Das derzeitige Geschäftsmodell der woxx, das sich – außer in der Größenordnung – nicht wesentlich von dem anderer Zeitungen in Luxemburg unterscheidet, sieht keine professionelle Betreuung des Internetauftrittes vor. Das Einnahme-Trio Abonnements/Anzeigen/Pressehilfe gedeiht allein mit dem, was sich beim Printmedium abspielt. Niemand abonniert eine Zeitung, weil die Internetseite so ansprechend aussieht und Anzeigen in der Druckausgabe werden in der Regel gemäß der verkauften Auflage vergütet. Entsprechendes gilt für die Pressehilfe, die sich am redaktionellen Umfang der gedruckten Zeitung bemisst.

Dagegen sind Investitionen ins Internet unrentabel: Pay-walls, bei denen LeserInnen für den Zugang bestimmter Inhalte zahlen müssen, sind eher eine Internet-Spaßbremse als ein Mittel, Einkünfte zu erzeugen, oder aber sie substituieren lediglich Bezahlabos der Druckzeitung. Die nicht minder verpönte Werbung auf den Internetseiten macht vor allem Google reich und lässt die Brotkrumen den Homepage-Betreibern, die sich auch noch mit den Reaktionen der User, die sich belästigt fühlen, plagen müssen.

Derweil droht der neue, von Premier Bettel versprochene Finanztopf für „online“-Zeitungen, die Medienvielfalt noch weiter einzuschränken. Da nur eigenständige online-Redaktionen mit wenigstens fünf JournalistInnen vom Geldsegen profitieren sollen, wird die Medienkonzentration, die in Luxemburg laut einer rezenten Studie der Universität Luxemburg auffallend ungewöhnlich ausgeprägt ist, noch verstärkt. Kleinere Medien, die sich mit geringeren aber umso gezielteren Zuschüssen zufrieden geben könnten, bleiben außen vor. Es war der Fehler vieler Printmedien, die Chancen, die das Internet bieten kann, nicht frühzeitig zu nutzen. Es wäre ein fataler Fehler der Politik, wenn durch ein falsches Finanzierungsmodell kleinen und innovativen Projekten die Integration mehrerer Medienformate unmöglich gemacht würde.

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