Ein Mitglied aus meiner Familie hat vor Kurzem einen Handtaschendiebstahl beobachtet. Als es den mutmaßlichen Täter anschließend auf der zuständigen Polizeiwache beschrieb, schien der Polizist dafür Personen einer bestimmten Herkunft verantwortlich machen zu wollen. Er fragte mehrmals nach, ob der Mann ein entsprechendes Aussehen oder einen Akzent gehabt habe und fügte später hinzu: Er sei nicht rassistisch, aber es sei eben immer nur eine Gruppe, die stehle. Der Mann, den mein Familienmitglied beim Diebstahl beobachtet haben will, gehört jedoch nicht zu dieser Gruppe.
Zusammen mit dem kürzlich ans Licht gekommenen Fall von mutmaßlicher Polizeigewalt im Luxemburger Bahnhofsviertel – vier Beamte waren deswegen zuletzt in Untersuchungshaft – weckten die Worte des Polizisten in mir Unbehagen. Ähnlich geht es mir mit der scheinbar wachsenden Unterstützung rechtspopulistischer oder sogar rechtsextremer Personen in der Gesellschaft.
Wo Angst, Frust und Misstrauen schwelen; wo finanziell Schwache sich abgehängt und finanziell Starke sich in ihrem Status Quo bedroht fühlen, droht nicht nur ein tiefer Riss durch die Bevölkerung. Es kommt zur Politikverdrossenheit, zur Resignation, und später zur Wut auf das System. Zur Suche nach Lösungen bei jenen Gruppierungen, die einfache Antworten und vermeintliche Gerechtigkeit versprechen. Zur Suche nach Schuldigen bei denjenigen, die andere Geschichten haben als man selbst und Gerechtigkeit selbst nur vom Hörensagen kennen. Auf diese Suche kann sich jeder begeben – egal ob Lehrer, Ärztin oder eben Polizist. Nur: Bei wem endet sie?
Die Regierung muss nach den Nationalwahlen am 8. Oktober zahlreiche Herausforderungen bewältigen und viele Versprechen einlösen, um die Wählenden nicht zu verlieren.
Die Regierung muss nach den Nationalwahlen am 8. Oktober zahlreiche Herausforderungen bewältigen und viele Versprechen einlösen, um die Wählenden nicht zu verlieren. Weil dafür jeder Moment zählt, hat forum das ursprünglich geplante Thema dieses Dossiers über den Sommer angepasst. Wir fragen nun nicht mehr „Wie arbeitet der Staat?“, sondern „Was brauchen wir von der zukünftigen Regierung?“. Mehr dazu lesen Sie in wenigen Seiten von Michel Pauly, der an der Organisation dieses Dossiers maßgeblich beteiligt war.
Zum Schluss möchte ich Ihnen aber unsere neue Kolumne „A priori“ ans Herz legen. Die promovierte Philosophin Nora Schleich schreibt darin über ihre Alltagsbeobachtungen und deren Zusammenhang mit philosophischen Konzepten. In der ersten Folge geht es um Eliten und die Frage, wie diese überhaupt auserwählt werden. Schleich schreibt dazu knapp: „[Ein] Verbrechen an der individuellen Würde.“
Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit der neuen forum-Ausgabe und eine unaufgeregte Zeit vor den Wahlen.
Wir lesen uns!
Rebecca Baden
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