Von Scheinvereinbarungen und zahnloser Überwachung 

Mediensplitter

Ein fairer Wahlkampf – damit schienen die Parteien bei dieser Kommunalwahl einverstanden gewesen zu sein. Sie versprachen, respektvoll miteinander umzugehen und keine Desinformationen zu verbreiten. Außerdem wollten sie die 100.000-Euro-Grenze für die Wahlkampagne nicht überschreiten. Alle sollten die gleichen Chancen haben, Wähler zu erreichen.

Acht Parteien unterschrieben zu Anfang des Jahres eine entsprechende Vereinbarung. Legal verbindlich ist sie jedoch nicht. Ein Gentleman’s Agreement, wie es im Buche steht. Bis jetzt scheinen sich unsere Politiker ihrer moralischen Verantwortung zwar nicht entzogen zu haben, zurück bleibt aber ein fader Beigeschmack: Die Wähler wollen, dass ihre Politiker moralisch handeln. Doch diese werden den Erwartungen nicht immer gerecht. 

Hier kommt die Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel (Alia) ins Spiel. Eine Kontrollbehörde für Medien, die sich auch für einen fairen Wahlkampf einsetzte und den Anschein machte, eine Absicherung zu sein. Klingt gut, würde sie nicht so handeln müssen, dass man in dieser Sache auf sie verzichten könnte.

Denn im Krieg, in der Liebe und in der Politik ist alles erlaubt – und auch die Alia ändert daran nicht viel. Als staatliche Einrichtung darf sie nur die Inhalte von RTL und dem Radiosender 100,7 – beide staatlich subventioniert – überwachen. Hier passte die Alia auf, allerdings nur, solange der Wahlkampf lief. Was die Parteien vor dem designierten Datum gemacht haben, fiel dabei weg. So musste der Wähler in dem Fall selbst entscheiden, welche Inhalte zum Wahlkampf zählten und welche nicht. Lokal- und Gemeindesender, ebenfalls von öffentlichen Geldern finanziert, standen nicht unter Kontrolle der Alia.

Und wenn eine Partei in diesem Zeitraum und in den „kontrollierten“ Medien doch aus dem Rahmen fiel? Dann kann Alia Folgendes tun: nichts. Sanktionen waren nicht vorgesehen, sie fielen nicht unter die Kompetenzen der Einrichtung. Die Wähler konnten nur hoffen, dass die anderen Parteien protestieren. Die Alia schien zufrieden, solange alle Parteien die gleiche Anzahl von Sendeminuten bekamen. Ein wohlverdienter Schulterklopfer.

Das Problem liegt für mich im Prinzip: Wenn eine Einrichtung behauptet, sich für einen fairen Wahlkampf einzusetzen, erwarte ich genau das. Die Alia wirkt allerdings wie ein zahnloser Tiger, von den limitierten Kompetenzen bis hin zu den fehlenden Sanktionen. Wer soll kontrollieren, wenn nicht die Alia?

Thierry Hoscheit, Präsident der Alia, ist sich dieser Problematik bewusst und bedauerte gegenüber RTL1 die Gesetzeslage. Was also fehlt, ist eine legale Rahmenbedingung für die Kontrollarbeit im Wahlkampf. Was für den einen gilt, sollte auch für die anderen gelten, denn auf die Vereinbarung der politischen Parteien kann man kaum setzen. Zu oft wurden die Bürger in die Irre geführt.

AM

1 https://www.rtl.lu/news/national/a/2061985.html (letzter Aufruf: 21. Juni 2023).

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