Seit 30 Jahren weiß die Weltgemeinschaft um die Existenz und die Auswirkungen des Klimawandels. Langsam ahnen die heute Lebenden, dass sie selbst betroffen sind.

Seit über 100 Jahren ist die Erwärmung der Atmosphäre in Folge der Verbrennung von Erdölprodukten wissenschaftlich beschrieben und darf unter Physikern und Chemikern als bekannt vorausgesetzt werden. In den 1970er Jahren wurde das Phänomen auch von anderen Disziplinen wissenschaftlich so weit aufgearbeitet, dass erste Vorhersagen über das Tempo und das Ausmaß der Klimaveränderungen gemacht werden konnten. 1992 auf dem UN-Erd-Gipfel in Rio de Janeiro wurde der menschengemachte Klimawandel als potenzielle Bedrohung für die Biosphäre anerkannt. 1997 in Kyoto folgte die erste, gemeinsame Antwort der Weltgemeinschaft. Danach verfeinerten die Naturwissenschaften die Modelle und stiegen weiter in die Komplexität des Weltklimas ein. Heute lässt die von 195 Staaten im Rahmen des IPCC gemeinsam getragene Klimawissenschaft keinen Zweifel mehr: Die Zukunft wird heiß, und jedes Jahr ‚business as usual‘ macht das Weltklima für die kommenden Generationen unwirtlicher – auch wenn wir alle noch so tun, als ob das Ganze ein schlechter Traum wäre.

Der Sommer 2019, weltweit der heißeste seit dem Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert, wird weitere Menschen auch bei uns überzeugt haben, dass wir es uns nicht mehr leisten können, abzuwarten und den Klimschutz „pragmatisch“ anzugehen. Sinkende Grundwasserspiegel, sterbende Nadelbäume, monsunartige Regen und Überschwemmungen, aufeinanderfolgende Hitzewellen mit Temperaturen um die 40 Grad, dazu ein paar neue Insektenarten und ein kleiner Tornado – der Klimawandel scheint doch nicht nur die Menschen in Bangladesh zu treffen, sondern auch Luxemburg mit ersten Anzeichen zu erreichen.

Währenddessen brennen der Amazonas und die sibirische Tundra, und es werden ununterbrochen weiter Kohlekraftwerke gebaut. Die magische Zahl von 400 ppm der CO2-Konzentration in der Erd­atmosphäre, die vor zehn Jahren noch als absolute rote Linie galt, wurde 2016 überschritten. 2018 lag der Wert schon bei 411 ppm. Mehr als die Hälfte der menschengemachten Greenhousegas-Emissionen ist so innerhalb der letzten 30 Jahren in die Erdatmosphäre entlassen worden. Durch Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, globalisierten Konsum und Vereinheitlichung der Lebensstile nehmen die weltweiten Emissionen jedes Jahr zu. Trotzdem hofft die Weltgemeinschaft, die Steigerung der Temperaturen noch auf anderthalb bis zwei Grad in diesem Jahrhundert begrenzen zu können. Alles andere möchte man diesem Planeten und seinen Bewohnern nicht wünschen.

Die Chancen stehen jedoch nicht gut, dass wir das Ruder schnell genug herumreißen. Zurzeit sieht es noch nicht einmal so aus, als ob die Staaten die auf dem Klimagipfel in Paris Ende 2015 gemachten (ungenügenden) Versprechen einhalten würden. Ohne eine radikale Abkehr von der fossilen Energie kann Ende dieses Jahrhunderts die Temperatur im Erdmittel ohne weiteres um 3,5 Grad über den vorindus­triellen Werten liegen und weltweit große Landflächen unbewohnbar machen. Doch nach dem Jahr 2100 hört die Zeitrechnung nicht einfach auf, die Temperaturen werden weiter steigen.

Auch die luxemburgische Regierung hat sich zwar ausgesprochen ehrgeizige Ziele gesetzt, aber wenig konkrete Angaben gemacht, wie sie diese Ziele erreichen möchte. Die Antwort aus Brüssel auf den Klimaplan der Regierung war vor diesem Hintergrund vernichtend und der verantwortliche Minister Claude Turmes muss bis Ende des Jahres nachliefern. Doch man sollte den Klimaminister und die Grünen in diesem Dossier sowieso nicht mehr allein lassen.

Die Klimaziele sollten stattdessen die Arbeit aller Ministerien strukturieren und als Prüfstein für alle politischen Weichenstellungen dienen. Über eine TNS-Ilres Studie könnte die Regierung die „Schmerzbereitschaft“ ihrer Wähler in Erfahrung bringen und dementsprechend das Tempo der Veränderungen erhöhen. Noch im Herbst sollte die Regierung zu einem nationalen Klimagipfel einladen. Und ähnlich wie in Frankreich könnten sich auch in Luxemburg Unternehmerverbände und Gewerkschaften zusammen tun, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln.

Der Druck muss jedoch von unten kommen. Die Jugend hat erkannt (bei aller Widersprüchlichkeit ihrer Lebenswirklichkeit), dass es ganz konkret um ihre Zukunft geht. Bezeichnend dafür ist der offene Brief einer Gruppe junger LSAP-Mitglieder an den ehemaligen LSAP-„Beton“-Minister Robert Goebbels (8. August, online im Archiv des Tageblatt einzusehen). Goebbels beglückt im Verein mit einer Handvoll anderer alter Herren die Leser der luxemburgischen Tageszeitungen immer noch mit Meinungsartikeln, die direkt aus der Vorstellungswelt des 20. Jahrhunderts stammen. Dem „Weiter so“ von Herrn Goebbels setzten die jungen Menschen ein höfliches aber entschiedenes: „Jetzt ist Schluss, Opa“ entgegen.

Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.

Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!

Spenden QR Code