„Wéi maache mir eis Bëscher am Klimawandel fit fir d’Zukunft?“ So lautete hierzulande das diesjährige Motto des Internationalen Tages der Wälder. Ziel dieses seit 2012 weltweit begangenen Tages ist es, auf die Vielfalt und die Bedeutung unserer Wälder aufmerksam zu machen und Wege aufzuzeigen, wie diese für die kommenden Generationen erhalten werden können. Angesichts der rasanten, weltweiten Waldvernichtung und -degradierung stellte die Ernährungs-und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) dieses Jahr das Thema der Walderneuerung in den Vordergrund. In der globalen Gesundheits-, Wirtschafts-, Klima- und Biodiversitätskrise sollten Wege aufgezeigt werden, wie Walderneuerung zu einem sozialen, ökonomischen und ökologischen Aufschwung beitragen und unser Wohlbefinden und unseren Wohlstand fördern kann.

Dank des gesetzlich geregelten Gebotes der quantitativen Walderhaltung, das besagt, dass alles, was Wald ist auch Wald bleiben muss, haben wir hierzulande weniger mit Waldvernichtung zu kämpfen als mit den Folgen des früher propagierten Altersklassenwaldes. So haben in den vergangenen Jahren die großflächigen Kahlschläge von Nadelholzforsten mehrfach in der Öffentlichkeit für Aufregung gesorgt. Diese sind aber lediglich die Altlasten einer rein auf Holzproduktion ausgelegten Wirtschaftsweise, in deren Zug seit den 1950ern flächenhaft Fichtenreinbestände gepflanzt wurden, die jetzt, da sie hiebsreif sind, wie Getreidefelder abgeerntet werden, mit den bekannten Kahlschlagflächen als Folge. Diese Kahlschlagwirtschaft wurde jedoch mit Inkrafttreten des abgeänderten Naturschutzgesetzes von 2018 verboten. Erlaubt sind Kahlschläge seither bloß noch, wenn sie sich aus sanitären Gründen als notwendig erweisen, etwa um die Ausbreitung von Schädlingen einzudämmen. So tut nun die durch den Klimawandel katalysierte Massenvermehrung von Borkenkäfern ihr übriges, um die Fichten definitiv aus unserer Landschaft zu entfernen.

Doch nicht nur die ohnehin standortsfremden Fichten leiden unter den Folgen des Klimawandels. Auch unsere einheimischen Buchenwälder sind durch Hitze- und Dürreperioden bedroht; andere Baumarten wie Eschen, Erlen, Kiefern u. a., sind verstärkt durch sich ausbreitende Schadorganismen gefährdet.
Dabei macht uns, paradoxerweise, gerade der Klimawandel die Bedeutung des Waldes so bewusst wie nie zuvor, sei es als Kohlenstoffspeicher, um das klimaschädliche CO₂ zu neutralisieren, oder als Bodenschutz um Erosion und Hangrutschungen bei extremen Niederschlägen zu verhindern. Mehr als je zuvor brauchen wir jeden Quadratmeter Wald, und das nicht nur zur Holzproduktion.

Klima oder Käfer

Dass der Klimawandel längst angekommen ist, zeigt sich in unseren Wäldern mit erschreckender Deutlichkeit. Die sich häufenden Trockenphasen und Hitzewellen der letzten beiden Jahrzehnte haben viele Bäume nachhaltig geschwächt und anfälliger gemacht für Schädlinge. Gleichzeitig haben längere Vegetationsperioden bis in den November und milde Winter die Vermehrung und Ausbreitung dieser Schadorganismen begünstigt. Prominentestes Beispiel sind die Fichten-Borkenkäfer, die sich, begünstigt durch langanhaltende, hohe Temperaturen stärker vermehren konnten. Gleichzeitig führte der Wassermangel dazu, dass die befallenen Fichten kein Harz zur Abwehr produzieren konnten und so den Borkenkäfern mehr oder weniger hilflos ausgeliefert waren.

Auch bei anderen Baumarten führt die Herabsetzung der Abwehrkräfte infolge der Trockenheit zu einer stärkeren Anfälligkeit gegenüber einheimischen und neu eingewanderten Schädlingen, die ihrerseits vom veränderten Klima profitieren. So sind auch die durch Pilze verursachten Eschentrieb- und Erlensterben zumindest teilweise auf längere Flugzeiten für Käfer und milde Winter für die Sporenausbreitung zurückzuführen.

Die häufigste Baumart in unseren Wäldern, die Buchen, deren große Kronen viel Wasser verdunsten, kränkeln schon seit langem an Trockenstress, der kombiniert mit sekundären Pilzinfektionen und Insektenbefall zur Buchenkomplexkrankheit führt. Zusätzlich haben die Hitzewellen der vergangenen Sommer in vielen Waldgebieten ganze Kronen verdorren lassen. Bereits im Frühjahr 2020 zeigte sich mancherorts, dass ein großer Teil der alten Buchen die Dürre nicht überlebt hat. Die übrigen trugen zum wiederholten Mal in Folge Vollmast, d. h. sie steckten ihre ganze Energie in die Produktion von Nachkommen. Die Auswirkungen des letzten Sommers dürften in wenigen Wochen sichtbar werden, wenn sich das neue Laub entfaltet, oder nicht.

Totholz oder Kahlschlag

So gesehen sind die Borkenkäferkalamitäten nur ein kleiner Teil des Problems. Es steht zu befürchten, dass den Fichtenwäldern mittel- bis langfristig viele Buchen- und andere Laubwälder folgen werden. Deshalb macht es Sinn, die abgestorbenen Bäume zu entfernen und so die Walderneuerung zu beschleunigen. Auf der anderen Seite erfüllen jedoch auch diese Wälder immer noch, zumindest teilweise, ihre Boden-, Windschutz- und Habitatfunktion. Zudem bieten die verschiedenen Zerfallsstadien des Totholzes neuen Lebensraum für eine Vielzahl von Arten und gleichzeitig Nahrung und Schutz für den heranwachsenden Wald. Schließlich sprechen auch die mit der Räumung des wertlosen Käferholzes verbundenen Kosten eher dafür, die Natur gewähren zu lassen, auch wenn es so fünf bis zehn Jahre länger dauert, bis neuer Wald entsteht.

Diese Haltung erweist sich jedoch als problematisch angesichts der Tatsache, dass ein knappes Fünftel unserer Wälder aus Fichten besteht und davon mehr als die Hälfte bereits 2019 Borkenkäferschäden aufwiesen. Das entspricht einer Fläche von gut 8.000 Hektar, auf denen der Wald während einem Jahrzehnt „ausfällt“, d. h. weder Sauerstoff produziert noch die Luft reinigt, Temperaturextreme abmildert oder Kohlendioxyd fixiert, sondern, im Gegenteil, Kohlenstoff und Stickstoff abbaut.

Da es aber weder logistisch möglich noch gewollt ist, sämtliche Kalamitätsflächen zu roden und wieder aufzuforsten, werden in den nächsten Jahren ausreichend Möglichkeiten gegeben, die Vor- und Nachteile beider Vorgehensweisen zu untersuchen. Einen guten Kompromiss bildet sicher das Belassen einzelner Bäume oder Baumgruppen auf der Kahlschlagfläche. Diese werden z. B. als Ansitzwarte oder Quartier von Vögeln genutzt, welche eine wichtige Rolle bei der natürlichen Schädlingsbekämpfung im neu begründeten Bestand bilden.

Natürliche Sukzession oder Pflanzung

Gemäß einer naturnahen Waldwirtschaft, die sich die natürlichen Prozesse bei der Pflege und Bewirtschaftung der Wälder zunutze macht, erfolgt die Walderneuerung hauptsächlich auf dem Weg der Naturverjüngung oder natürlichen Sukzession. Die nächste Baumgeneration erwächst hier aus den herabgefallenen oder von Wind oder Tieren eingetragenen Samen und bildet so standortgerechte, resiliente Wälder.

Angesichts der vielen, zum Teil mehrere Hektar großen Kalamitätsflächen und des schnell voranschreitenden Klimawandels sind aber die natürlichen Prozesse nicht immer ausreichend und ihr Ablauf oft zu langsam. Bis sich über natürliche Sukzession ein neuer Wald einstellt, vergehen, in Abhängigkeit von der Entfernung zu den nächsten Samenbäumen und verschiedener Standortfaktoren, wie Relief und Exposition, im besten Fall zwei bis drei Jahre, manchmal auch Jahrzehnte. Aber auch wenn sich eine Naturverjüngung einstellt, entspricht die Baumartenzusammensetzung nicht unbedingt den Anforderungen an einen standortgerechten, resilienten Wald, sondern ist das Resultat der in der Nachbarschaft vorhandenen Samenbäume und eventuell der Vorlieben der Wildtierpopulationen. So sorgen vielerorts benachbarte, ältere Fichtenbestände für eine dichte Naturverjüngung der wenig an das zukünftige Klima angepassten Baumart, während die trockenheitsresistente Traubeneiche sich nur so weit ausbreiten kann, wie ihre schweren Samen fallen oder getragen werden. Oft ist also die Pflanzung der einzige Weg, um – im Anschluss an einen Kalamitätshieb – einen an die Standortsbedingungen angepassten, zukunftsträchtigen Wald zu begründen. Nicht zuletzt spricht für eine Pflanzung auch die Tatsache, dass sich damit gegenüber der natürlichen Sukzession einige Jahre an Zeit einsparen lassen, bis wieder ein funktionsfähiger Waldbestand vorhanden ist. Ähnliches lässt sich auch mit einer Ergänzungspflanzung in einer bestehenden Sukzession erreichen. Das Einbringen zusätzlicher Baumarten des späteren Hauptbestandes erlaubt es, eine oder mehrere Baumgenerationen zu überspringen, was einen entscheidenden Vorteil beim Wettlauf gegen den Klimawandel bringen könnte.

Die Pflanzung erfolgt entweder in Gruppen oder Reihen, je nach Geländebeschaffenheit und gewünschter Mischung. Bei der Gruppenpflanzung werden etwa 100 Gruppen à 25 Bäume über einen Hektar Fläche verteilt, wobei jeder Gruppe ein Baum im Endbestand entspricht.

Buche oder Eiche

Doch welche Baumarten können die vielfältigen Anforderungen an einen resilienten Wald der Zukunft erfüllen? Sie müssen voraussichtlich mit geringeren Niederschlägen und wärmeren Temperaturen zurechtkommen und extremen Wetterereignissen trotzen. Sie müssen an die aktuellen Standortsbedingungen angepasst sein und flexibel auf Änderungen reagieren. Sie sollten in der Lage sein, nachhaltig die verschiedenen Leistungen des Waldes zu erfüllen. Und auch die Produktionsfunktion ist von großer Bedeutung: Während auf der einen Seite die Nachfrage nach Zellulose für Papier (z. B. als Plastikersatz) und nach Holz als ökologischem Baustoff steigt, führt der aktuelle Zusammenbruch der Fichtenbestände in absehbarer Zukunft zu einer Verknappung des Angebots. Da viele Baumarten auf die eine oder andere Weise unter dem Klimawandel leiden, ist allgemein der Holzmarkt unvorhersehbar geworden.

Ebenso unvorhersehbar wie die Entwicklung und Ausbreitung von Schadorganismen, die mit den veränderten klimatischen Bedingungen auftreten können. Da offensichtlich keine einzelne Baumart alle diese Anforderungen erfüllen kann, liegt die Lösung für den Wald der Zukunft in der Diversität. Je mehr verschiedene Arten und genetische Herkünfte vorhanden sind, umso größer ist die Chance, dass sich einige davon in dem veränderten Klima bewähren. Die genetische Vielfalt ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil Bäume sich über lange Zeiträume vermehren und sich deshalb nur langsam evolutiv an die geänderten Bedingungen anpassen können. Je größer das Genpotenzial einer Art ist, umso größer ist die Chance, dass eine resistente Variante vorhanden ist. Genauso steigt mit der Anzahl der Baumarten die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine oder mehrere Arten bewähren und als Samenbäume für zukünftige Wälder dienen können.

Werden die gewünschten Baumarten in Gruppen verteilt auf der Fläche eingebracht, bleibt genügend Platz, damit sich dazwischen eine Naturverjüngung oder natürliche Sukzession einstellen kann. So können Pionierbaumarten wie Birke, Espe und Eberesche mit schnellwachsenden Edellaubhölzern wie Ahorn, Linden, Ulmen und Vogelkirsche innerhalb weniger Jahre einen schützenden Vorwald bilden, in dem dann auch die eine oder andere Buche heranwachsen kann. Allgemein werden wir uns aber wohl von unseren gewohnten Buchenwäldern verabschieden müssen, da die Anforderungen der Rotbuche an die Wasserversorgung in Zukunft wohl nicht mehr gegeben sind. Ohne die stark schattenden Buchenkronen könnten unsere Wälder lichter, wärmer und artenreicher werden und Platz bieten für seltenere Arten wie Speierling, Elsbeere oder Edelkastanie. Das Einbringen exotischer Arten hingegen ist wenig sinnvoll, da diese nicht an das Ökosystem angepasst und somit anfälliger sind als einheimische Arten.

Wild oder Wald

Ein wichtiger Aspekt bei der Planung und Pflanzung zukünftiger Wälder ist der Einfluss der Schalenwildpopulationen, also der Rehe, Hirsche, Wildschweine und (ausgewilderten) Muffel, die in unseren Wäldern leben und sich von den Samen, Sämlingen und Knospen vieler Baumarten ernähren und so die Artenzusammensetzung der Wälder beeinflussen. Sollen artenreiche Wälder heranwachsen können, müssen entweder die Tierbestände auf ein für den Wald verträgliches Maß reduziert werden oder die jungen Bäume vor dem Wild geschützt werden. In der Regel ist eher letzteres der Fall. Besonders Eichen, aber auch die meisten Edellaubhölzer, müssen bei der Pflanzung (und der Naturverjüngung) vor Wildverbiss geschützt werden. Dazu werden in den letzten Jahren vermehrt sogenannte Hordengatter aus Holz eingesetzt, die den Vorteil haben, dass sie, wenn die Jungbäume keinen Schutz mehr brauchen, auf der Fläche bleiben können und dort verrotten. Problematischer gestaltet sich der Verbissschutz bei Reihenpflanzung. Hier werden meist noch Plastikhüllen verwendet, die bestenfalls recyclingfähig sind. Vielerorts stellen sie aber dennoch die einzige Lösung dar, um angesichts der überhöhten Wilddichten einen Wald heranzuziehen. Fast überall ist der Wilddruck so hoch, dass die alternativen Maßnahmen im Zuge einer naturnahen Waldbewirtschaftung versagen, so z. B. das Belassen der Hiebsreste auf der Fläche als mechanischer Schutz oder auch die Förderung der Begleitvegetation als Ablenkfütterung.

Staatliche Beihilfen

Maßnahmen zum Verbissschutz werden, wie auch alle anderen Maßnahmen zur Walderneuerung, in großem Maße staatlich gefördert. In dem Bestreben, die privaten Waldbesitzer für ihren Verlust zu entschädigen und bei der Wiederaufforstung und nachfolgenden Pflege ihrer Kalamitätsflächen zu unterstützen, gewährt das Umweltministerium umfangreiche finanzielle Beihilfen. Diese sind an Bedingungen geknüpft, die sicherstellen sollen, dass die Walderneuerung umweltschonend erfolgt und auch wirklich resiliente Wälder hervorbringt. So sollen die Hiebsreste auf der Fläche verbleiben und einheimische, standortgerechte Laubbaumarten gepflanzt werden.

In Anerkennung der Ökosystemleistungen, die ein gesunder Wald für die Allgemeinheit erbringt, und des oft erheblichen finanziellen Aufwandes für die Bewirtschaftung sollen Waldbesitzer in Zukunft auch von einem Klima-Bonus profitieren können.

Wälder der Zukunft

Die Maßnahmen, mit denen Kalamitätsflächen in resiliente Wälder der Zukunft umgewandelt werden sollen, befinden sich derzeit in vielen Walderneuerungsprojekten landesweit in Umsetzung. Neben den Projekten der Natur- und Forstverwaltung in den Gemeinde- und Staatswäldern hat vor allem die Fondation Hëllef fir d’Natur von natur&ëmwelt eine große Walderneuerungskampagne gestartet. Auf über das ganze Land verteilten Kalamitätsflächen von derzeit insgesamt knapp 40 Hektar pflanzt die Naturschutzstiftung an den Standort angepasste artenreiche Laubmischwälder. Dabei werden vorrangig solche Flächen erworben und umgewandelt, deren Schutz- und Lebensraumfunktionen von besonderer Bedeutung für benachbarte Naturschutzreservate sind.

 

Weitere Informationen zur Walderneuerung in Luxemburg finden sich in der Publikation zum Internationalen Tag der Wälder. Sie ist gratis erhältlich bei den beiden Organisatoren, der Natur- und Forstverwaltung und der Fondation Hëllef fir d’Natur von natur&ëmwelt, sowie bei allen Partnern: Lëtzebuerger Privatbësch, Lycée technique agricole, PEFC, FSC und Luxembourg Wood Cluster, oder online auf www.naturemwelt.lu.

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