Seit einigen Jahren bin ich in verschiedenen Umweltorganisationen (move., Youth for Climate Luxembourg) und auch in der feministischen und der Friedensbewegung in Luxemburg aktiv. Was mich motiviert, mich zu engagieren, ist die erschreckende Untätigkeit der Regierungen des Globalen Nordens, Lösungen für die Klimakrise und die wachsenden sozialen Ungleichheiten zu finden. Sie beuten den Globalen Süden systematisch aus, stellen das immer schamlosere wirtschaftliche Wachstum und die Aufrechterhaltung von Macht in den Händen weniger über das Leben von Millionen Menschen. Die Klimakrise ist nicht nur ein wissenschaftliches Problem, sondern auch eins, das die Weltgemeinschaft betrifft.

Schon vor dem 15. März 2019 richtete die Presse ihre Aufmerksamkeit auf die Fridays for Future-Bewegung und Greta Thunberg, jedoch schien das Ganze in Luxemburg zunächst nur wie ein fernes Echo. Als jedoch am zweiten Freitag im März gegen zehn Uhr morgens 15.000 Schüler*innen aus allen Schulen Luxemburgs aus ihren Klassenzimmern in Richtung Luxemburg-Stadt strömten, wurde klar, dass die Protestbewegung auch hier in Luxemburg Fuß fassen könnte und würde. Die Forderungen von Youth for Climate Luxembourg (YFCL) waren simpel: Haltet die Erhöhung der globalen Temperatur unter 1,5°C, sorgt für Klimagerechtigkeit und hört der Wissenschaft zu.

Nach dem 15. März organisierte YFCL weitere Streiks (Red Bridge Occupy, SOS Amazonia, United for Climate Justice) und traf sich mit Politiker*innen. Unseren nächsten Streik hatten wir für April 2020 geplant, wir wollten wieder groß mobilisieren. Doch dann kam der Lockdown, unsere Meetings mussten plötzlich online stattfinden und der geplante Streik abgesagt werden.

Demonstrieren illegal?

Eine Frage kristallisierte sich in unseren virtuellen Meetings heraus: Was macht eine Protestbewegung, wenn Demonstrieren illegal ist? Natürlich gibt es Alternativen zu Demos: Aktionen mit wenig Menschen, Online-Streiks, Social Media Kampagnen, etc. Nichtsdestotrotz sind Straßenproteste einzigartig: Sie sind in einer repräsentativen Demokratie, so wie wir sie (fast allerorts) hier in Europa leben, eine der wenigen effizienten Möglichkeiten, die Bürger*innen haben, um sich politisch Gehör zu verschaffen. Protest zeigt der Politik, dass die Bevölkerung unzufrieden ist und erhöht so auf längere Dauer gesehen den politischen Druck. Auch können Straßenproteste mit hohen Teilnehmendenzahlen politisch noch Unentschlossene dazu motivieren, selbst politisch Stellung zu beziehen und aktiv zu werden. Alle Streiks, die wir bisher organisiert haben, wurden von der Presse begleitet, so bekamen unsere Forderungen mehr Aufmerksamkeit, was wiederum mehr politischen Druck erzeugte.

Eine unserer Alternativen zum Straßenprotest war ein Online-Streik, zu dem wir Sprecher*innen und engagierte Musiker*innen eingeladen hatten. Für uns war dieser Online-Streik wichtig, letztlich auch, um zu zeigen, dass wir auch während der Coronakrise aktiv und engagiert sind. Die Presse interessierte dieser Streik jedoch leider kaum.

Zwei Krisen gegeneinander ausgespielt?

Was mir und uns von YFCL in der Phase des Lockdowns klar wurde, ist, dass Politiker*innen sehr wohl schnell und entschlossen handeln können, wenn sie es wollen. Gemeinsam haben Corona- und Klimakrise, dass beide viele Menschenleben fordern, wenn die Politik ihnen nicht stark entgegenwirkt. Die Konsequenzen der Coronakrise sind allerdings unmittelbar, während die schlimmsten und blutigsten Konsequenzen der Klimakrise noch einige Jahre, für uns im Globalen Norden vielleicht sogar noch einige Jahrzehnte in der Zukunft liegen. Die Exit-Strategie der Politik in Luxemburg und weltweit scheint nach dem Motto zu funktionieren‚ „so schnell wie möglich zurück zur Normalität“, also zurück zum klimaschädlichen und in sozialer Hinsicht rücksichtslosen kapitalistischen Wirtschaftswachstum.

Die Politik stellt Rettungspakete in Millionenhöhe für klimaschädliche Firmen zur Verfügung, während das EU-Klimabudget aufgrund der wirtschaftlichen Konsequenzen der Coronakrise gekürzt wird. Wenn die ohnehin von den Politiker*innen lau angegangene Klimakrise auf der Prioritätenliste weiter nach unten rutscht, können die notwendigen Klimaziele unmöglich erreicht werden.

Genau jetzt müsste sich die Politik für ein ökologisches und zugleich soziales Krisenmanagement entscheiden und die ersten Schritte, die sie in Richtung Klima-Neutralität gemacht hat (PNEC), trotz der Coronakrise mutig und noch wesentlich konsequenter weiterführen, statt erstere als Ausrede zu benutzen, um Kosten zu senken.

Jeden Tag werden neue Forschungsresultate vorgelegt, die die Klimakrise wissenschaftlich belegen, und die uns in unseren Forderungen bestärken: Nach Corona ist der Einsatz für das Klima umso notwendiger und dringender.

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