Weiter so!

Die Regierung gibt den Wàhlern, was sie wollen.

Eine der Lehren, die “déi gréng” aus 30 Jahren Wahlkämpfe im In- und Ausland gezogen haben, ist, dass die Wähler keineswegs die Wahrheit hören möchten. Das gilt heute insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, der von unserer Gesellschaft eigentlich einen kompletten Paradigmenwechsel verlangen müsste, es gilt aber auch für die Struktur unserer Steuereinnahmen, die mittlerweile so stark vom Finanzplatz abhängen, dass das Land bei der nächsten Finanzkrise vor einem Abgrund stehen dürfte. Auf beide Fragen, die eng mit der Wachstumsfrage verbunden sind, bietet das Regierungsprogramm keine Antwort.

Obwohl alle Parteien diese Wachstumsfrage im Vorfeld der Wahlen zum zentralen Thema der Kampagne erklärt hatten, ist das Wahlergebnis kaum als Auftrag zu interpretieren, dass sich irgendetwas ändern soll. Gerade die beiden Parteien, die die Wachstumsrisiken vorsichtig thematisiert hatten (CSV und ADR) sind beim Wähler abgeblitzt. Am Ende wurde auch nur um die aktuell sichtbaren Begleiterscheinungen gesprochen (Mobilität und Wohnungspreise), nicht jedoch über den langfristigen fiskalischen und ökologischen Fußabdruck des Landes und seiner Einwohner. Und die Grünen wurden kaum gewählt, weil sie eine glaubwürdige Alternative zum Wachstum angeboten hätten, sondern weil sie sich erfolgreich als Problemlösungspartei positioniert hatten und ihre Kandidaten sich paradoxerweise als fähige Wachstumsmanager darstellen.

Zurzeit gibt es in der Politik tatsächlich niemanden mehr, der Lösungen vorschlagen möchte für Probleme, die den Leuten noch gar nicht auf den Fingern brennen. Wenn wir heute in Luxemburg die Mobilitätsfrage, die Wohnungsnot oder eine tiefgreifende Schulreform in Angriff nehmen, ist das auch kein Zeichen für weise Vorausschau, sondern beweist nur, dass hier Wegsehen und Aufschieben beim besten Willen nicht mehr möglich sind. Bei vielen anderen wichtigen Problemen ist das öffentliche Bewusstsein noch nicht so weit, als dass die Politik handeln muss.

Statt sich also mit Problemen zu belasten, die noch nicht brandaktuell sind, hat sich die luxemburgische Gesellschaft mit diesen Wahlen auf ein optimistisches Projekt festgelegt. Der blau-rot-grünen Koalition wird es in den kommenden fünf Jahren mit Unterstützung der Piraten darum gehen, im Zentrum eines unruhigen Kontinents eine kleine Insel der Seligen zu festigen, die durch Sicherheit, weitreichenden Wohlstand und hohe Lebensqualität besticht. Dieses Versprechen beruht auf einer Strategie der Digitalisierung, auf hochwertigen Infrastrukturen und einer Justiz, die Privatpersonen und Unternehmen maximale Sicherheit bietet. Es basiert insbesondere auf dem ständigen Zufluss von Kapital und Menschen, die sich von der Attraktivität des „Angebots“ überzeugen lassen und für seinen Fortbestand sorgen. Diese Strategie ist mehr als riskant (schon mit Blick auf die drohenden Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, gefolgt von Wohnungsmangel und Überlastung des Straßennetzes), aber sie könnte aufgehen, wenn sich das Chaos in Europa weiter ausbreitet.

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