„Wenn es dem Land gut geht, soll es den Leuten auch gut gehen!“

Analysen und Reaktionen zum zweiten Regierungsprogramm von Blau-Rot-Grün

Institutionen

Was die Blau-Rot-Grüne-Koalition in Sachen Institutionen vor hat, zeugt nicht gerade von überschwänglicher Innovationsfreude. Der am 6. Juni 2018 von den vier großen Parteien abgesegnete Verfassungsentwurf soll nach den Europawahlen in der Öffentlichkeit diskutiert werden, bevor die Abgeordnetenkammer darüber abstimmt. Erhält er dort zwei Drittel der Stimmen, wird er zeitnah dem Volk zum Referendum vorgelegt, in der Hoffnung, dass dann eine breite Mehrheit zustimmen wird. Da in dieser Sache die Koalition auf die Zustimmung der CSV angewiesen ist, versteht man, dass im Koalitionsvertrag keine weiterreichenden Neuerungen vorgesehen sind. Das gilt auch für die vorgesehene Reform des Wahlgesetzes, deren Stoßrichtung vorsichtshalber aber noch nicht einmal angedeutet wird. Dass sie sich im Rahmen der neuen Verfassung bewegen soll, dürfte ja wohl eine überflüssige Präzisierung sein. Der Verfassungstext sollte dann aber so offen formuliert sein, dass ernsthafte Änderungen am Wahlgesetz ohne Verfassungsänderung möglich bleiben.

Etwas deutlicher wird es beim beabsichtigen Kumulierungsverbot von lokalen und parlamentarischen politischen Mandaten, wo ein neu zu schaffendes « organe représentatif du secteur communal » erwähnt wird, das gesetzliche Neuerungen, von denen die Gemeinden betroffen sein können, begutachten soll. Eine punktuelle Revision der Gesetzgebung über den Staatsrat wird angesprochen, dem endlich mehr Mitglieder gewährt werden und dessen Mitglieder offenbar nur noch abwechselnd von der Kammer und der Regierung bestimmt werden sollen, also nicht mehr vom Großherzog.

Wie im Europaparlament – Claude Turmes lässt grüßen – soll die Einrichtung eines Lobby-Registers in Erwägung gezogen werden. Wozu eine Beratungsinstanz in Sachen Religion und Laizität gut sein soll, bleibt ein Rätsel.
m.p.

Medien

Die zweieinhalb Seiten, die im Koalitionsprogramm den Medien gewidmet sind, liefern keine große Analyse über die Entwicklungen auf diesem Gebiet. Das Kapitel behandelt stattdessen auf diplomatische Art und Weise ein paar beinharte Konflikte. Die schon vor fünf Jahren angekündigte Neuformulierung des Gesetzes zur Pressehilfe soll endlich abgeschlossen werden, neue Formate (online), ein neues Sprachenregime und neue Kategorien (Bürger- und Lokalmedien) sollen den alten Text ergänzen. Eine komplette Vereinheitlichung der Zugangsberechtigungen zur Pressehilfe (über die Formate, Sprachen und Unternehmensformen hinweg) wird noch einmal hinausgeschoben und soll eventuell „im Laufe der Legislaturperiode“ nachgereicht werden. Würde dies dann tatsächlich gelingen, könnte sich der Medienminister als Nächstes auch die Quadratur des Kreises vornehmen.
Den Journalisten wird versprochen, dass der seit 2017 garantierte Zugang zu öffentlichen Dokumenten effizient gestaltet werden soll, eine Sonderbehandlung und Bevorzugung der Journalisten gegenüber anderen Bürgern bleibt jedoch trotz der begründeten Forderungen von Seiten der Medienbranche verweigert. Was unter der angedrohten „Aufwertung“ des Journalistenberufes zu verstehen ist, wird nicht erläutert.

Als Folge auf die handfesten Skandale um die redaktionellen Standards beim konventionierten und öffentlich finanzierten Privatsender RTL soll die Situation jetzt analysiert werden. Das Parlament erhält von den Koalitionspartnern den Auftrag darüber nachzudenken, ob der gerade erst unterschriebene Konzessionsvertrag mit CLT-UFA (RTL) angepasst werden muss oder sogar ein alternatives, rein öffentlich-rechtliches Programm aufgebaut werden sollte. Dem in die Schlagzeilen geratenen öffentlichen Radio 100,7 wird versprochen, dass sich seine Gouvernance in Zukunft internationalen Standards anpassen wird. In beiden Dossiers (RTL und 100,7) ist es den roten und grünen Koalitionspartnern damit gelungen, dem zuständigen Minister Xavier Bettel einige Leitplanken vorzugeben.
JST

Culture

Comment juger un texte assez long (plus de 8 pages), dans lequel chacun – artiste, acteur culturel ou simple « consomm’acteur » – peut trouver les concepts et nombre d’idées qui l’intéressent, mais où les engagements fermes restent peu nombreux et où on parle à 11 reprises d’analyser, d’étudier, d’examiner et de réfléchir ?

Comment analyser une politique qui se veut « inclusive, participative et ouverte », visant à favoriser « l’émancipation culturelle (…), la justice sociale, l’affirmation des droits culturels, la démocratie culturelle et la cohésion sociale, le développement économique et la création de richesses et d’emplois dans les industries créatives » (rien que ça !), mais où nombre de concepts restent flous et donc peu opérationnels, tels que : un « ministère des publics culturels », une « médiation sociétale et culturelle », un « dispositif de gouvernance culturelle plus complet, fondé sur les droits fondamentaux et nos valeurs partagées », des « rallyes culturels » donnés comme seul exemple d’une meilleure intégration et cohésion sociale, la « création d’un endroit où se rassemblent ateliers, centres de documentation, lieux pour des manifestations et des activités, (qui pourrait devenir) l’épicentre de l’évolution de la société et des arts », le projet d’une « Galerie nationale d’art luxembourgeois », qualifié une fois de « moderne », puis de « contemporain », et dont on attend toujours le moindre contenu conceptuel, une Villa Louvigny, où il est prévu de créer « un site de création pour les artistes » ?

Comment comprendre qu’on veut un « développement du débat démocratique », en impliquant dans les processus décisionnels tous les acteurs concernés, alors que le résultat – certes imparfait et incomplet, mais qui a le mérite d’exister – d’une telle démarche, à savoir le Plan de Développement « KEP 1.0 », se trouve réduit à « une base de discussion essentielle » (pour qui ?) et que, à part des « Assises » qui gagneraient à développer, au-delà d’une fonction de caisse de résonance pour le ministère, un vrai dialogue entre les pouvoirs publics et la société civile, rien n’est prévu pour une meilleure gouvernance du secteur, ni Conseil Supérieur, ni Comité interministériel, ni Observatoire ?

Quelques conclusions… et questions :
Ce texte constitue une approche ambitieuse et une vision politique plutôt sympathique, mais où manquent les liens avec la mise en œuvre concrète ;

il ne suffit pas de mentionner les « droits culturels », si l’on continue par ailleurs à préconiser une politique de l’offre culturelle et une démarche encore largement top down et sans réelle démocratie culturelle ;

enfin, quels sont les indicateurs que le Gouvernement se donne pour évaluer, avec la Chambre des Députés p.ex., cette politique ?

Les attentes vis-à-vis de la nouvelle ministre de la Culture sont au moins aussi élevées que les déceptions causées par l’équipe précédente étaient nombreuses. Ce que les milieux artistiques et culturels attendent prioritairement de Mme Sam Tanson, c’est que les artistes et la création (re)viennent au centre de la politique culturelle, qui, trop souvent encore, se concentre sur des infrastructures, des institutions et des administrations culturelles.
r.w.

Klimapolitik

Zwar findet das Koalitionsabkommen schöne Worte, um Luxemburg auf dem Pfad zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels der Klimaerwärmung zu halten, die Regierung jedoch scheitert schon heute an zukunftsträchtigen Entscheidungen, die das Leben der nächsten Generation betreffen. Eine davon: den sogenannten Tanktourismus rigoros einzuschränken. Die ersten Ankündigungen verheißen eine Business-as-usual-Taktik. Luxemburg baut weiterhin auf Steueraufkommen, das es durch geringere Mineralölsteuersätze als in seinen Nachbarländern von dort abzieht. Es wird nicht mal in Ansätzen bedacht, inwieweit die Minderung der Steuereinnahmen es den Nachbarländern erschwert, ihre Steuersätze klima- und umweltgerechter zu gestalten. Besonders in Frankreich und Belgien hat jedoch die Debatte um die Luftqualität dazu geführt, die Akzisen insbesondere auf Diesel kräftig zu erhöhen, sodass die Preisunterschiede zu Luxemburg auch ohne die durch die Protestaktionen der „Gilets Jaunes“ erreichte Rücknahme der geplanten Preiserhöhung derzeit um 35 c/l (Frankreich) und 43 c/l (Belgien) betragen. Auf den bereits gestiegenen Tanktourismus möchte nun, unter Obhut des liberalen Finanzministers, der grüne Kollege im Energieministerium mit einer homöopathischen Akzisenanhebung von 1 bis 3 c/l reagieren. Vorher hatte sich bereits der ohne ökologische Komponente auskommende Wirtschafts- und Sozialrat von der Notwendigkeit einer Anpassung dieser lukrativen Steuernische losgesagt. Die angekündigten Maßnahmen werden es voraussichtlich nicht einmal schaffen, auf die seit letztem Jahr erneut gestiegenen Mineralölsteuereinnahmen Einfluss zu nehmen, geschweige denn diese zu reduzieren. Dies wirft leider ein schlechtes Licht auf die Glaubwürdigkeit, mit welcher die Regierung für ein Umdenken in Energie- und Klimafragen plädiert.
MC

Politique de sécurité
« Renforcer l’engagement contre le nucléaire », c’est ce qui est promis à la page 173. Hélas, la combativité du nouveau gouvernement ne vaut que pour le nucléaire civil – notamment les dangereuses centrales françaises et belges. Les dangers du nucléaire militaire ne sont malheureusement pas abordés. Ce n’est pas une surprise, car le Luxembourg a boycotté les efforts pour mettre en place le traité d’interdiction des armes nucléaires, solidaire avec les États-Unis et l’OTAN. L’alliance est d’ailleurs qualifiée de « principal garant militaire de notre sécurité », et le gouvernement s’engage à un « effort raisonnable » en matière d’augmentation des dépenses (p. 227).

Heureusement que le chapitre sur la politique internationale souligne l’importance de la diplomatie et du développement dans la prévention des conflits (p. 211). L’approche – astucieuse plutôt que belliqueuse – d’Étienne Schneider sera poursuivie : chercher des synergies entre politique militaire et économique. Cela malheureusement sans tenir compte des risques d’implication indirecte dans des crimes contre l’humanité que notamment l’usage de nos satellites peut comporter. On peut regretter que les engagements en matière de politique de prévention de conflit soient peu concrets, mais au moins le gouvernement est-il conscient des dangers d’une dérive militariste au niveau européen : « Le Luxembourg s’inquiète quant aux moyens très importants prévus dans la proposition sur le cadre financier multi-annuel de l’UE pour le secteur militaire qui diminueront d’autant plus les moyens de prévention des conflits, de stabilisation et de gestion civile de crises… » (p. 227).
RK

Justice
A la lecture du nouveau programme gouvernemental, il s’avère que la rubrique « justice », nécessairement née sous la plume du ministre Braz, s’inscrit majoritairement dans la continuité de diverses mesures progressistes d’ores et déjà formulées dans l’accord de coalition de 2013 ou entamées lors de la dernière période législative, qui dessinent l’image d’une société moderne et traduisent les valeurs des trois partis au gouvernement.

Le nouveau gouvernement promeut l’indépendance de la justice par la création du Conseil national de la Justice, mais semble entre-temps avoir oublié le projet d’une réorganisation judiciaire par la création d’une Cour Suprême, qui figurait encore au programme gouvernemental en 2013.

Dans l’intention de rendre la justice plus efficace et rapide, la modernisation, la digitalisation de la justice et la simplification des procédures judiciaires sont au centre des intérêts du gouvernement et se traduisent par la mise en place de la « paperless justice », par la digitalisation du notariat, d’enregistrements audiovisuels des audiences, des procédures simplifiées et accélérées en matière civile et commerciale, et encore par la promotion de divers modes alternatifs de résolution des conflits.

Au niveau pénal, le nouveau gouvernement sous-entend également vouloir introduire une procédure accélérée à l’image de la « comparution immédiate » française, souvent critiquée par les pénalistes et défenseurs des droits de l’Homme pour notamment porter atteinte aux droits de la défense.

Il est d’autant plus louable que le gouvernement prenne finalement l’initiative de revoir les critères relatifs à l’octroi de l’assistance judiciaire afin d’améliorer l’accès à la justice, sachant qu’actuellement seuls les bénéficiaires du REVIS n’ont pas besoin de craindre le refus de l’assistance judiciaire.

L’image de la société se définit entre autres par le droit de la famille que le gouvernement envisage de moderniser compte tenu des défis du temps et de l’intérêt supérieur de l’enfant, en créant un cadre légal clair pour l’établissement de la filiation des enfants issus d’une procréation médicalement assistée (PMA) avec ou sans tiers donneur, en clarifiant l’état civil d’enfants nés de gestations pour autrui réalisées à l’étranger, en légiférant en matière de transsexualité et d’intersexualité ou en réformant la loi du 10 août 1992 relative à la protection de la jeunesse, loi controversée à de multiples niveaux et plus particulièrement en ce qui concernait le placement d’un mineur au centre pénitentiaire.
Quelques années après le procès LUXLEAKS, le gouvernement annonce finalement vouloir protéger les lanceurs d’alerte, en transposant rapidement la directive européenne en la matière ainsi qu’en tenant compte du champ d’application défini par la jurisprudence nationale et de la Cour Européenne des Droits de l’Homme.

In fine, force est de constater que ce programme ambitieux relatif à la justice reflète une modernisation sociétale qui aurait connu plus de contraintes et de barrières dans le cadre d’une coalition avec le CSV.
JW

Bildung, Kindheit und Jugend

Keine Überraschung auf strukturellem Niveau: das Bildungsministerium bleibt seiner Linie der vergangenen fünf Jahre treu. Die Abteilungen formale Bildung (bis 2013 reines Schulministerium) sowie non-formale Bildung und sozialpädagogische Handlungsfelder um Kindheit und Jugend (bis dahin im Familienministerium) bleiben in einem gemeinsamen Ministerium für Bildung, Kindheit und Jugend zusammengezogen.

Konsequent: wenn in der Schule gar nichts mehr geht, werden Schüler zukünftig in Institutionen außerhalb der Schule betreut, in sozio-therapeutischen Zentren (CST). Eine Idee, die Anfang 2018 entwickelt und bereits seit der Rentrée scolaire 2018/19 – mit heißer Nadel gestrickt – schrittweise realisiert wird. Es gibt noch immer viel Diskussionen um die Schaffung dieser CST. Sie dokumentieren das punktuelle Scheitern des Systems und es ist momentan nicht erkennbar, wie der Weg der Schüler zurück zu ihren Herkunftsschulen gestaltet werden soll. Andererseits: die Entwicklung von adäquaten und professionellen Alternativen außerhalb des Schulsystems ermöglicht, individuell schwierige Situationen von Schülern auffangen und begleiten zu können. Die sozio-therapeutischen Zentren sollen in den kommenden Jahren verstärkt ausgebaut werden.

Mutig: außerschulische Bildungsangebote werden durch eine Reform des Systems „Chèque-Service-Accueil“ zu weiten Teilen zu einem kostenlosen Angebot. Das reduziert Zugangsbarrieren für Familien mit niedrigem Einkommen und kann hoffentlich dazu beitragen, die starke Abhängigkeit zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft der Kinder in Luxemburg mittel- und langfristig abzubauen.

Formale und non-formale Bildung sollen mittelfristig mehr Personal auf dem Arbeitsmarkt finden. Beide Sektoren leiden seit Jahren unter einem dramatischen Mangel an qualifiziertem Personal, dem durch eine neue DAP-Ausbildung für non-formale Bildung, sowie durch eine Ausweitung der Ausbildungsgänge an der Uni Luxemburg begegnet werden soll (Sonderpädagogik, Schulleitung, Digitale Bildung).

Langfristig und nachhaltig: der neue Minister ist der alte Minister. Veränderungen im Bildungssystem entfalten ihre messbare Wirkung – das liegt in der Natur der Sache – ausschließlich langfristig. In dem Sinn ist es eine sehr gute Nachricht, dass Claude Meisch seine Arbeit der letzten Jahre weiterführen kann.
TK

Economie et Compétitivité

La vision du gouvernement pour l’économie luxembourgeoise des cinq prochaines années est une série d’équations qu’il ne sera pas simple de résoudre : continuer à croître mais sans croissance de la main d’œuvre tout en attirant les meilleurs talents, renforcer l’attractivité du pays pour les entreprises et investisseurs mais de manière sélective et si possible durable, miser à fond sur les données et l’open data tout en comptant sur la confiance aveugle des usagers… Depuis des décennies maintenant, les gouvernements successifs ont prôné et encouragé la diversification de l’économie. Ce gouvernement affirme vouloir « réduire la dépendance de l’économie nationale au secteur financier » qui représente plus de 30% du PIB. Mais en cela, il est en contradiction flagrante avec le chapitre précédent « Finances publiques, Fiscalité et Développement de la place financière » qui affiche clairement le soutien du gouvernement à cette place financière et les moyens renforcés dont Luxembourg for Finance, agence de développement de la place, va bénéficier pour la faire croître. La séparation du secteur financier du reste de l’économie et son rattachement au ministère des finances est d’ailleurs une spécificité bien luxembourgeoise. Pourtant, que font les banques et les fonds étrangers installés sur le territoire du Grand-Duché d’autre que de vendre des produits et services, au même titre que le reste des acteurs économiques ? Et comment justifier que la gestion du budget de l’Etat, fonction régalienne, soit compatible avec la promotion d’un secteur spécifique de l’économie dont les intérêts ne sont pas forcément toujours en ligne avec les intérêts de l’Etat ? Tant que les différents secteurs de l’économie seront soutenus et supervisés par des ministères distincts, ils auront des intérêts divergents. Voire concurrents : les PME, l’artisanat, l’industrie et le commerce ne peuvent pas rivaliser auprès des salariés avec les conditions offertes par le secteur financier. Ils ne jouent pas dans la même cour et ne font pas face aux mêmes réalités. Le gouvernement aimerait bien faire du pays une nation de start-up et d’entrepreneurs. Il va falloir sacrément les soutenir pour qu’ils arrivent à survivre dans ce contexte totalement déséquilibré. On en reparle dans 5 ans…
F.L-B

Hochschule und Forschung

Die akademische Gemeinschaft in Luxemburg hat erleichtert aufgeatmet, als im Hochschul- und Forschungsministerium der Sportjournalist Marc Hansen durch den Bankfachmann Claude Meisch ersetzt wurde. Sie wartet nun gespannt darauf, welches Gespür Claude Meisch für diesen Bereich entwickeln wird. Im Koalitionsvertrag heißt es zumindest, die Regierung sei sich der Wichtigkeit bewusst, die der Forschung, insbesondere in den Sozial- und Humanwissenschaften zukomme, um die Herausforderungen verstehen und lösen zu können, mit denen die Gesellschaft konfrontiert ist. Des Weiteren erwartet sie von der Uni eine Erweiterung des Studienangebots. Beides steht im diametralen Gegensatz zur Betonung der alleinigen Zeitgeschichte und zu der von der Uni beschlossenen Abschaffung des Lehrstuhls für epochenübergreifende transnationale Luxemburger Geschichte sowie der Infragestellung des Lehrstuhls für Soziolinguistik. Die angekündigte Aktualisierung der öffentlichen nationalen Forschungsprioritäten müsste insofern um eine Achse ergänzt werden, die der Gefahr eines zunehmenden nationalistischen Diskurses klare wissenschaftliche Erkenntnisse entgegensetzt. Die diesbezüglich z.Z. vom Nationalen Forschungsfond definierten Prioritäten lassen für geisteswissenschaftliche und gesellschaftspolitisch relevante Forschungsfelder zurzeit wenig Raum. Da der Koalitionsvertrag auch vorsieht, dass die Staatsverwaltungen, die Forschung betreiben dürfen, dies auch verstärkt tun sollen, bietet sich den humanwissenschaftlichen Instituten der Uni über eine Zusammenarbeit mit ihnen vielleicht wieder die Möglichkeit, indirekt an Forschungsgelder zu kommen.
Positiv hervorzuheben ist auch die Absicht der Regierung, der Prekarisierung junger Forscher entgegenzuwirken. Fragwürdiger ist die Absicht, die Rechts- und Wirtschaftsfakultät, deren Bachelorstudenten erst vor kurzem nach Belval umgezogen sind, wieder auf Kirchberg zu konzentrieren.
m.p.

Wohnungsbau
Einige positive Ansätze sind im Kapitel „Logement“ hervorzuheben. Erfreulich ist, dass Sozialwohnungen künftig nur noch in Ausnahmefällen verkauft werden dürfen. Staatlich geförderte Wohnungen sollten in öffentlicher (bzw. gemeinnütziger) Hand bleiben und an Bedürftige vermietet werden. Es ist nicht Aufgabe des Staates und der Gemeinden, einigen Auserwählten eine mit Steuergeld finanzierte Immobilie billig zu verkaufen, damit diese sie an ihre Kinder vererben können.

Zu begrüßen ist auch, dass das Wohnhilfegesetz von 1979 komplett erneuert werden soll. Dass es in den letzten 40 Jahren seinen Zweck grandios verfehlt hat, kann wohl kaum bestritten werden. Schade nur, dass die Einsicht erst jetzt Eingang in ein Regierungsprogramm findet. Immerhin wird das gleichermaßen fruchtlose Pacte-Logement-Gesetz nach etwas kürzerer Bewährungszeit gleich mit erneuert. Hier wurde erkannt, dass man die Gemeinden nicht nur finanziell, sondern auch logistisch unterstützen muss, wenn man sie für den sozialen Wohnungsbau gewinnen will. Fraglich ist allerdings, ob die zukünftigen „Wunnengsbauberoder“ als Beamte im Wohnungsbauministerium sitzen sollten. Eine landesweit aktive NGO könnte da sicher dynamischer agieren.
Besonders erfreulich ist, dass die Regierung die von der Agence Immobilière Sociale (AIS) propagierte Idee der temporären Anmietung von Bauland in ihr Programm aufgenommen hat. Schon bald werden auf diesen Baulücken moderne Modulhäuser stehen, welche das Angebot an sozialem Wohnraum erweitern.
GH

Integration
Das Koalitionsabkommen sieht vor, die Erstaufnahme von Geflüchteten und Antragsstellern auf internationalen Schutz (Accueil) dem Immigrationsministerium unter Jean Asselborn (LSAP) zu unterstellen, womit das Integrationsministerium von Corinne Cahen (DP) um seinen größten und arbeitsintensivsten Aufgabenbereich entlastet wird. Dementsprechend mager fällt denn auch das Kapitel „Integration“ im Koalitionsvertrag aus. Das gerade einmal halbseitige Kapitel lässt erahnen, dass das Thema keine der zukünftigen Prioritäten der Regierung sein wird.

Zur Förderung des gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalts setzt man weiterhin auf Instrumente wie den nationalen Aktionsplan für Integration (PAN), dessen Vorgänger 2014 ausgelaufen war und erst drei Monate vor den Oktoberwahlen 2018 erneuert wurde. Instrumente wie der begleitete Integrationsprozess (PIA) und der fakultative Aufnahme- und Eingliederungsvertrag (CAI) sollen fortgeführt werden. Darüber hinaus soll ein ausreichendes, landesweites Angebot an Sprachkursen bereitstehen.

Abgesehen davon liest sich das kurze Kapitel eher als eine Aufzählung halbgarer Vorsätze, zu deren Umsetzung noch die konkreten Maßnahmen fehlen. Ihre Ausarbeitung erhofft man sich nach Rücksprache mit unterschiedlichen Akteuren, die es überwiegend noch zu konsultieren gilt. Die kommunalen Beratungskommissionen für Integration sollen aufgewertet und die Gemeinden in ihrer Integrationsarbeit durch die Einsetzung von Integrationsverantwortlichen unterstützt werden. Wodurch erstere aufgewertet werden sollen (mehr Mitspracherecht, exekutive Funktionen…?) und ob für letztere, wie in der Konsultationsdebatte gefordert, Stellen konventioniert werden sollen, geht aus dem Kapitel nicht hervor. Die Ehre der Valorisierung soll auch dem Conseil national pour étrangers (CNE) nach einer hausinternen Prüfung und einer anschließenden Reform zuteil werden.

Auch im Kampf gegen Diskriminierung will man sich mit kompetenten Akteuren kurzschließen – inhaltliche Angaben diesbezüglich darf man sich wohl erst nach dem Austausch erwarten, genauso wie zum durchaus löblichen Vorhaben, Weiterbildungen zur interkulturellen Mediation für Unternehmen, Freiwillige und Fachleute anbieten zu wollen. Integration in Luxemburg wird unter diesen Vorzeichen vorerst noch work in progress sein – und wohl auch in der kommenden Legislaturperiode hauptsächlich eine Leistung der Zivilgesellschaft bleiben.
S.C

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