Wenn freche Frösche Kinderreste fressen!

„Sprache wandelt sich halt!“ Diese als Naturgesetz formulierte Einsicht in den Sprachwandel hört man immer wieder. Und sie ist auch nicht ganz falsch. Ob aber wirklich jeder Sprachwandel einfach so hinzunehmen ist, halte ich allein aus Gründen der zwischenmenschlichen Verständigung, für überaus fraglich.

Nun verhält es sich mit unserer luxemburgischen Sprache so, dass wir kein Pendant zum „BBC-­English, ZDF-Deutsch oder TF1-Französisch“ haben und unsere Sprache somit in den gesprochenen Medien von den Sprechern, je nach deren lokaler Herkunft, die schlimmsten Verkrümmungen erlebt. Sprache ist allerdings das Kommunikationsmittel schlechthin. Sie soll Unklarheiten, Verwechslungen, Ambiguitäten usw. möglichst vermeiden und nicht zulassen oder gar fördern, da sich ansonsten jeder seine eigene Sprache schafft und das Chaos perfekt wäre.

Dass in den Medien verbreitete Informationen einem Minimum an Klarheit – u. a. im Aufbau, in der Aussprache, in der Intonation, Artikulation und vom Inhalt her – gerecht werden sollten, müsste selbstverständlich sein. Genau das ist es aber nicht, wenn man sich die hier unten aufgeführten Aussagen auf der Zunge zergehen lässt, die sich so oder ähnlich tagtäglich auf den luxemburgischen Sendern mit der Stimme offizieller Sprecher hören lassen. Wir beschränken uns hier hauptsächlich auf den ominösen Laut „ch“, der sich immer mehr an das „sch“ anlehnt und somit Verwechslungen und Unklarheiten provoziert.

Für Klarheit sorgen

Wie können sich Nicht-Luxemburger, die die luxemburgische Sprache lernen, einen Reim auf bestimmte Entgleisungen machen, die mit Sicherheit (hoffentlich) nicht in den Lernzentren vermittelt werden? „Entgleisungen“, ja, weil wir es hier meines Erachtens nicht mit einem von der Universität Luxemburg getragenen sogenannten „Wandel“ zu tun haben, sondern mit einem Fehler, der eine der Funktionen von Sprache, nämlich die der Klarheit, nicht erfüllt. Wir sollten unsere Sprache aktiv pflegen und sie nicht dem Trend der Faulheit überlassen. Wir sollten darauf pochen, dass alle, vor allem Lehrer, Professoren und die Medienvertreter zumindest die elementarsten Fehler bei der Aussprache vermeiden, um Klarheit in der Sprache zu bewahren.

Da kann man nur sagen: „Ësch muss et riischt eraussoen: ësch fannen et net rischtesch, datt e Speaker/in e. a. d’Aussprooch vum Lëtzebuergeschen net ordentlech beherrscht an esouguer massakréiert.“ Diese Phonetik ist einfach haarsträubend und darf nicht zum Standard werden, wobei auf dem Zettel (oder im Prompter) doch sicherlich klar ein „ch“ steht, das laut dem Zenter fir d’Lëtzebuerger Sprooch alveolo-palatal ausgesprochen werden sollte.

Ein offizieller Sprecher hat eine Verantwortung gegenüber seinen Zuhörern, was die Aussprache, Intonation, Artikulation und Klarheit seiner Aussagen anbelangt. Dies gilt insbesondere für die Zuhörer (und es sind deren immer mehr), die sich das Luxemburgische mit viel Mühe erarbeiten. Der Multiplikationsfaktor durch die Medien ist riesig, und gerade darum sollten Medienleute ein besonderes Vorbild sein, was die Aussprache angeht.

Fundierte Sprachkenntnisse

Fernsehmoderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland, Frankreich oder England müssen, soviel ich weiß, fundierte Sprachkenntnisse erworben haben, bevor sie auf die Zuhörer oder Zuschauer losgelassen werden. Ein Kölner Nachrichtensprecher, um nur ein Beispiel zu nennen, spricht, während der auf Sendung ist, ja auch kein Kölsch. Unlängst meinte ein Zuhörer, ob „Mënschen-, Fraen- oder Kanner­reschter“ was mit „Geschnetzeltem“ zu tun hätten. Treffender kann man diese Gräuel wohl kaum ausdrücken!

Es folgen hier nun ein paar Beispiele, die einige Nuancen des Problems beleuchten und zeigen sollen, wie durch falsche Aussprache der Sinn eines Satzes verfälscht werden kann:

  • een, deen eppes mécht (machen), dee mëscht (misten) net onbedéngt,
  • een, dee biicht (zielen), dee biischt (kehren) bestëmmt net ëmmer,
  • een, dee kräicht (kriechen), dee kräischt (weinen) net ëmmer,
  • een, deen echt (echt) ass, huet net onbedéngt Äscht (Äste),
  • een, deen ewech (weg) ass, ass net ewäsch,
  • een, deen an d’Kierch (Kirche) geet, geet net an d’Kiersch,
  • vu Frae-, Kanner-, Zivilre(s)chter guer net ze schwätzen,
  • wann et viicht (feucht) ass, ass dat net ëmmer bei der viischter Dir (Vordertür),
  • e freche (frech) Bouf ass och kee Fräsch (Frosch),
  • eng kleng Händche (kleine Hand) vun engem Bouf ass keng Händsch (Handschuh),
  • een, dee séilech (seelig) ass, huet keng séilesch (seelisch) Problemer méi …,
  • eng Fläch (Fläche) esou grouss wéi Lëtzebuerg geet net an eng Fläsch (Flasche),
  • et ass wichteg, datt et richteg ausgeschwat gëtt, well et soss rischtesch falsch ass,
  • déi, déi d’Nuescht duerschman, hate meeschtens vill Duuscht,
  • wann d’Wieder de Mëttesch änlesch gëtt, verfuussen ëschsch op Lëtzebuersch

Die Ausblendung der Nuancen zwischen „ch“ und „sch“ in der Aussprache provoziert offensichtlich ein Wirrwarr an Bedeutungen und ist überhaupt nicht förderlich für das Verstehen des Gesagten. Grund genug, dem entgegen zu steuern.

Idiome einer Sprache sind normal und in ihrer Vielfalt im Alltag auch sehr spannend. Sie verleihen der Sprache ein Lokalkolorit, das auf jeden Fall erhalten bleiben sollte. Das steht hier nicht zur Debatte. Es geht hier nur um die Tatsache, dass in den öffentlichen Formaten in Radio und TV auf eine klare Aussprache, aber auch auf korrekte Intonation und Artikulation geachtet werden sollte.

Fazit: Eine saubere Aussprache und Intonation gehören u. a. immer noch zum elementaren Rüstzeug jedes Sprechers. Von den Kindern verlangt das am Ministère de l’Education nationale (MEN) angesiedelte Centre de logopédie: „La maîtrise du langage est un élément fondamental du développement de la personnalité de l’enfant, de sa réussite scolaire, de son intégration sociale et de sa future insertion professionnelle“.

Bei verschiedenen Institutionen, Betrieben und Mediensprechern aber scheint das wohl nicht von Bedeutung zu sein. Meines Erachtens sind wir hier von einem (gesunden) Sprachwandel weit entfernt. Die oben beschriebenen phonetischen Fehler sind und bleiben für mich eher eine Entgleisung, und es wäre ein Fehler, dem nicht entgegenzuwirken.

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