„Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegrollen?“

Nach der Kreuzigung: Drei Frauen machen sich auf den Weg, um den toten Leib von Jesus zu salben. Was zu tun ist, wird getan, ihre Treue und Freundschaft zu Jesus ist größer als die Verzweiflung und Enttäuschung über seinen Tod. Sie machen sich Gedanken über den großen und schweren Grabstein, der den Zugang zu Jesus blockiert. Und dann ist alles anders.

„Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegrollen?“ (Markus 16,3) Diese Frage stelle ich mir öfters, wenn es um Frauen in der Kirche geht.

Im Grab eingeschlossen oder weggeschlossen: die Begabungen, Charismen und Berufungen der Frauen, welche in der Kirche nicht erlaubt oder geduldet sind. Und seit dem Schreiben von Papst Johannes Paul II. „Über nur Männern vorbehaltene Priesterweihe“ (1994) scheint die Frage in der römischen Institution vom Tisch zu sein.

Es gibt sie, Versuche, am Stein des Grabes zu kratzen oder ihn sogar ein wenig zu verrücken: Frauen prägen das Gesicht der Kirche in Luxemburg, was die Bereiche Katechese und Diakonie angeht. Sie sind engagiert als Lektorinnen und Kommunionhelferinnen, arbeiten hauptberuflich im pastoralen Dienst, sind im Bischofsrat vertreten.

Die diözesane Kommission Fra an der Kierch hat viel gearbeitet und bewegt, sich regelmäßig eingeschaltet, wenn in einer offiziellen Liturgie keine Frau als Lektorin dabei war. Ebenso hat die Kommission sich zu Wort gemeldet, damit auch Frauen als Referentinnen in der Ausbildung der Priesteramtskandidaten genannt wurden. Sie hat Frauen zugehört und sich für sie eingesetzt, wenn sie in Konflikten mit Pfarrern den Kürzeren gezogen haben, weil die Bistumsleitung den Priester unterstützt hat. Und sie hat Themen, wie das Diakonat der Frau, in Angriff genommen. Und dies nicht nur zum Wohl der Frauen, sondern vor allem zum Wohl der Kirche und der Verkündigung des Evangeliums. In dieser Kommission mitarbeiten zu dürfen, gehört zu den Sternstunden meines Lebens.

Und trotzdem, nach 34 Jahren Arbeit in der Kirche und mit der Kirche, erlebe ich persönlich die Frauenfrage als ein großes Scheitern. Ich kann und will mir die Realität nicht schönfärben, will nicht darüber hinwegsehen, dass es immer weniger junge Frauen gibt, die sich in der Kirche engagieren wollen, weil es für sie unverständlich ist, dass nicht Kompetenzen ausschlaggebend sind, sondern das Geschlecht. Und ich kann auch nicht ausblenden, dass das Totschlagargument „Ich aber bin geweiht“ immer noch benutzt wird, um eine Kultur des Dialogs im Keim zu ersticken. Ich kann auch nicht ausblenden, dass die Frauenfrage keine Priorität in unserer Kirche hat.

Wird das Scheitern das letzte Wort haben? Ich hoffe und bete, dass dem nicht so ist. Es gibt das Zeugnis von Maria von Magdala, Apostelin der Aposteln, die auch mir versichert: Ich habe den (auferstandenen) Herrn gesehen.

Ein Schritt gegen die Resignation

Was also tun? Mich ins innere Exil begeben, auf Distanz zu all dem gehen, weswegen ich mich mit der heutigen Form von Kirche nicht mehr identifizieren kann? Es gibt Tage und Situationen, in denen es für mich der einzige Ausweg zu sein scheint. Oder aber: Mit anderen Christinnen und Christen zusammen, beharrlich, das Ende der Diskriminierung der Frauen in der Kirche einfordern? Dies kostet Kraft und sehr, sehr viel Ausdauer, aber es ist ein Schritt gegen die Resignation. Und es ist Ausdruck der Verantwortung, die ich für die Gemeinschaft der Gläubigen trage.

Mein Leben wird getragen vom Glauben an den befreienden Gott, der sich in Jesus sichtbar macht. Gott hat den Menschen nach seinem Abbild geschaffen, als Mann und Frau hat er den Menschen geschaffen. So bleibt es für mich unverständlich, dass die Institution Kirche in Leitungsaufgaben auf die Fähigkeiten und Kompetenzen der Hälfte der Menschheit verzichtet, nur weil es Frauen sind. Wenn die Taufe grundlegend ist, so wie es der Autor des Briefs an die Galater schreibt, dann darf es keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geben: „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ (Galater 3,28)

Zurück zur Anfangsfrage: Wer wird uns den Stein wegrollen? Männer und Frauen, die zusammen mit den Bischöfen fordern, dass die jahrhundertalte Diskriminierungstheologie ans Licht gezogen und aufgearbeitet wird, eine Theologie, die aus einer Zeit stammt, in der Frauen als minderwertig und dem Manne untergeordnet behandelt wurden. Dies endlich aufzuarbeiten, ist dringend notwendig.

Gott handelt in den Menschen und mit ihnen. Er wird den Stein wegrollen.

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