Meine Forschung bezieht sich hauptsächlich auf Geschlechterstereotype und Sexismus, insbesondere im Kontext sozialer Medien. Zu Sexismus gehört nicht nur die „herkömmliche“ hostile Art des Sexismus (z. B. „eine Frau gehört an den Herd!“), sondern ebenfalls die weniger bekannte Form des benevolenten Sexismus. Hierbei handelt es sich um eine viel subtilere, aber nicht weniger problematische Form des Sexismus. Sagt jemand beispielsweise „Du bist aber schlau für ein Mädchen“, mag das auf den ersten Blick positiv wirken und möglicherweise als Kompliment gemeint sein. Es suggeriert jedoch auch, dass Mädchen weniger schlau sind. Es erfolgt also eine Abwertung aufgrund des Geschlechts. Da diese Form des Sexismus häufig positiv wirkt und sogar aus einer positiven Motivation heraus entstehen kann, ist sie oft schwieriger zu erkennen als die bekanntere hostile Form, die längst nicht mehr sozial akzeptiert ist. Das erschwert es natürlich, hierfür ein Bewusstsein zu schaffen und das Denken der Menschen zu ändern.

Studien, die ich als Teil meiner Doktorarbeit durchgeführt habe, zeigen, dass diese unterschwelligere Form des Sexismus weit weniger häufig als Sexismus erkannt wird – ebenfalls in Online-Kontexten. Es ist wichtig, geschlechterbezogene Stereotype und benevolenten Sexismus zu erkennen, da Forschungsergebnisse zeigen, dass diese erhebliche Folgen haben können. Berufs- und Studienwahl, Selbstwert, Körperbild, gender bias bei der Bewertung der job performance sowie die Stigmatisierung und Prävalenz sexueller Übergriffe sind einige der betroffenen Lebensbereiche.

In einer aktuellen Studie fanden wir Hinweise darauf, dass Humor hinderlich sein kann, wenn es darum geht, sexistische Inhalte (hostile sowie benevolente) zu erkennen.1 So stuften Versuchsteilnehmer*innen Instagram-Posts, die sie witzig fanden, im Durchschnitt als deutlich weniger sexistisch ein als solche, die sie nicht witzig fanden. Macht man sich bewusst, wie häufig Humor bei solchen Inhalten online verwendet wird – beispielsweise in Form „lustiger“ Memes –, gibt das natürlich Grund zu Bedenken. 

In einem weiteren Projekt nehmen wir eine Reihe von für junge Menschen relevante YouTube-Videos unter die Lupe, um zu sehen, inwiefern sexistische Inhalte hier eine Rolle spielen. Im Rahmen einer Studie, die wir 2018 mit dem Ministerium für Gleichstellung von Frauen und Männern (MEGA) durchgeführt haben (#Lëtzstereotype182), gaben junge Luxemburger*innen an, YouTube weit häufiger als viele andere Plattformen zu nutzen. Studien, wie die jährliche JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest (mpfs)3 zeigen, dass soziale Medien für Kinder und Jugendliche immer wichtiger werden und sie täglich viel Zeit damit verbringen. Deswegen ist es von großer Bedeutung, dass wir uns als Forschende diesen noch relativ neuen Kontext genauer vornehmen und prüfen, welche Inhalte hier konsumiert werden und welche Folgen dies online wie offline mit sich bringen kann. 

Genau darauf ist auch der starke medienpsychologische Fokus meiner Forschungsarbeit zurückzuführen. In vielen Studien, die es zu solchen Medieneffekten gibt, wird zurzeit sehr stark auf nur ein Medium bzw. eine Plattform fokussiert (entweder Twitter oder Facebook). So lässt sich aber nicht feststellen, welche Effekte plattformspezifisch (also z. B. nur für Instagram gelten) und welche plattformübergreifend sind. Solche Forschung gibt es noch kaum. Deswegen haben wir mit einer Studienreihe begonnen, die die Wirkung von Sexismus über drei verschiedene beliebte Plattformen untersucht: Instagram, YouTube und Twitter.

Meine Promotion wird vom MEGA gefördert. Die Zusammenarbeit mit dem MEGA bietet mir die Möglichkeit, meine Forschung aus der üblichen akademischen „Forschungsblase“ heraus an die breite Öffentlichkeit zu kommunizieren. Gemeinsame outreach-Projekte wie etwa Workshops für Schüler*innen4, eine webtalk-Reihe zu Geschlechterstereotypen und Pressekonferenzen geben mir als Forscherin die Möglichkeit, meine Forschung und Expertise einzubringen, um in unserer Gesellschaft nachhaltige Änderungen anstoßen zu können. Gerade bei gesellschaftlich relevanten Themen wie Sexismus und Stereotypen finde ich interdisziplinäre Zusammenarbeit und Wissenschaftskommunikation über die akademische Welt hinaus besonders wichtig. Denn Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, insbesondere im Kontext sozialer Medien, der ja gerade für die jüngeren Generationen zum Lebensalltag geworden ist, ist der erste Schritt in Richtung einer Veränderung.  

  1. https://tinyurl.com/s54azvj8 (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 19. Oktober 2021 aufgerufen).
  2. https://orbilu.uni.lu/handle/10993/38642
  3. https://www.mpfs.de/studien/jim-studie/2020
  4. https://www.rockmega.lu/rock-de-rack-2021

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