D’Kasseroll

Chantier de Luxembourg

Vive le Kirchberg! In seinem Schatten dreht
tagein tagaus ein wachsender Bestand
an gelben Kränen; alles für ein Land,
das lange zögert, eh es sich bewegt.
Die Menschen kaufen Autos wie noch nie,
und viele haben Angst in ihren Mienen;
ein blasser roter Löwe fährt mit ihnen
und dann und wann ein schwarzer SUV.

Sogar ein Fuchs ist da, ganz wie im Buch,
nur dass er einen Anzug trägt: eis Sprooch,
die auf ihm lastet wie ein rotes Tuch.

Und auf dem Löwen reitet Melusina,
mit Gold im Mund, und das verbindet sie;
der Löwe zeigt nie Zähne – er ist Staatsdiener.

Und dann und wann ein Arsch im SUV.

Und ihre Autos zahlen sie mit Skonto,
auch Expats, viele, diesem Paradies
nur zugeteilt; sie alle scheffeln Kies,
sie schauen weg, nirgendwohin, aufs Konto.

Und waschen ihren schwarzen SUV.

Das Land will bleiben, was es ist; es endet,
kreist und dreht sich nur um sich. Kein Ziel.
Ein Rot, ein Weiß, ein Blau regiert, verblendet
kaum das schwarz verhohlene Profil.
Es bleibt – let’s make it happen grell gebrandet –
in Kniddelfett gewendet. Und RTL?
Sendet live von diesem Vaubanquespiel…

 

Man hörte von Pit Panther,
er sei in dem Betrieb,
von dem er solches schrieb,
kein gänzlich Unbekannter
(womit er maßlos übertrieb).

 

Das Karussell
Jardin du Luxembourg

(von Rainer Maria Rilke)

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur daß er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber –.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, daß es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil –.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel…

 

Rainer Maria Rilke, Die Gedichte,
Frankfurt a. M./Leipzig,
Insel Verlag, 2006, S. 463.

 

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