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Creative Commons Luxemburg
Die Geschichte beginnt durch eine zufällige Begegnung während der Auftaktveranstaltung von Creative Commons Frankreich im November 2004 in Paris. Die Leiterin der ehemaligen europäischen Zweigstelle von Creative Commons meinte, dass da noch jemand aus Luxemburg wäre, nämlich Laurent Kratz, Gründer des luxemburgischen Startups Jamendo.
Flugs wurde die Non-Profit Organisation Luxcommons gegründet, um die sechs Creative Commons Lizenzen zu übersetzen und an das Luxemburger Recht anzupassen. Mithilfe einer Subvention des Fonds Culturel National konnten schlussendlich Juristen bezahlt werden, denn gratis wollte es keiner tun, und während des Kulturjahres 2007 wurden die Luxemburger Lizenzen in ihrer Version 3.0 verfügbar.
Die frühe Identifikation von Luxcommons mit dem damals, insbesondere von Musik-Verwertungsgesellschaften verunglimpften Jamendo und neuen Creative Commons Modell hat sicherlich dazu beigetragen, dass es viele Vorbehalte gegenüber den Lizenzen in Luxemburg gab. Jamendo legte trotzdem einen fulminaten Aufstieg hin und ist immer noch die weltweit größte Creative Commons Musikplattform. Höhepunkt dieser frühen Jahre war der Vorwurf, dass Luxcommons einer, womöglich von Google fern-gesteuerten Sekte der Gratiskultur zum Opfer gefallen sei.
Doch der Lauf der Zeit erlaubte auch in Luxemburg die Differenzierung zwischen plumpem Lobbyismus und dem facettenreichen Potential digitaler Kultur. SACEM Luxemburg erlaubt heute, völlig selbstverständlich und undogmatisch, seinen Mitgliedern die Verwendung von Creative Commons Lizenzen. Selbst in Brüssel erkennt man, dass geltendes, aus vor-digitalen Zeiten stammendes Urheberrecht ungeeignet ist, um den gesamten gesellschaftlichen Mehrwert des Digitalen zu abzudecken: Das gemeinsame Erschaffen von Werken (Wikipedia), der Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen (Open Access) und Bildungsinhalten (Open Educational Resources), das Zugreifen auf immense Bestände von offen lizenzierten Photos und Texten und, nicht zu vergessen, die Wiederverwertung von Daten (Open Data) sind heute ohne Creative Commons undenkbar. Insbesondere Open Data wird meist mit einem zusätzlichen Instrument von Creative Commons angeboten, der Lizenz CC Zero, die alle Rechte abgibt und die Inhalte faktisch gemeinfrei werden lässt. Die Situation hat sich dergestalt verändert, dass heute von den gleichen Lobbyisten die Notwendigkeit einer Urheberrechtsreform bestritten wird, weil es doch Creative Commons gäbe.
Jedoch sind die Creative Commons Lizenzen nichts weiter als ein Instrument des privaten Vertragsrechts, vergleichbar mit Standard-Verträgen, um eine Wohnung oder ein Auto zu verkaufen. Sie erlauben Rechtssicherheit und internationale Interoperabilität. Praktisch beruhen die Lizenzen auf dem geltenden Urheberrecht und erlauben dem Rechteinhaber, und nur dem Rechteinhaber, seine Werke nach mehreren Kriterien zu „sharen“: Kopieren ist immer erlaubt, Nennung des Urhebers immer erfordert, kommerzielle Nutzung sowie Weiterverarbeitung sind wahlweise entweder erlaubt oder verboten.
Über eine Milliarde Werke werden 2015 mittels CC online angeboten, siehe den State of the Commons Report 2015. Dieser Erfolg negiert keinesfalls den Ruf nach einer umfassenden Urheberrechts Reform, eher belegt er das Potential einer Reform, die weit über das rein privatrechtliche Instrument der Creative Commons hinausgehen muss.
An der aktuellen Version 4.0 der Lizenzen wurde mehrere Jahre getüftelt, um den Schritt der juristischen Anpassung an nationales Recht überflüssig zu machen. Die neuen Lizenzen sind weltweit identisch und müssen nur sprachlich übersetzt werden. Anfang 2016 werden auch hier die französischen Versionen vorliegen, eine Zusammenarbeit von Dutzenden Creative Commons Partnern aus französischsprachigen Ländern.
Was bleibt also zu tun? Nach wie vor fehlt es an kompetenten Analysen und Erklärungen des Potentials der Creative Commons Lizenzen in Luxemburg, sei es im Schulwesen, der Wissenschaft, den Verwaltungen und ganz besonders in der breiten Öffentlichkeit. Alle, die Inhalte und Daten produzieren, sollten genau abwägen, ob eine offene Lizenzierung mittels eines internationalen Standards vorteilhaft sein könnte. Eine akademische Begleitung oder gar Forschung zu diesem Thema fehlt in Luxemburg gänzlich. Selbst der Verein Luxcommons ist tief entschlafen und wartet auf neue Tatkraft. Melden Sie sich: Sekte, günstig abzugeben! u
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